Tarzans Sohn. Edgar Rice Burroughs

Читать онлайн.
Название Tarzans Sohn
Автор произведения Edgar Rice Burroughs
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753161587



Скачать книгу

Strähnen geblieben, seine Glieder waren krumm und verwachsen; schwerfällig und schwankend schleppte er sich mit vorgeneigtem Oberkörper dahin. Von Zähnen war nichts mehr zu sehen; die hatten ihm seine wilden Peiniger einfach herausgeschlagen. Und selbst das, was er an geistigen Kräften sein eigen genannt hatte, war jetzt nur noch ein Zerrbild von dem, was es einst gewesen.

      Sie hatten ihn also mit an Bord der »Marjorie W.« genommen und dort für Nahrung und gute Pflege gesorgt. Gewiß, er kräftigte sich ein wenig, aber ihm war fast nichts davon anzusehen. Als das Wrack eines Menschen, zerschlagen und halbzerborsten, hatten sie ihn gefunden – und das Wrack eines Menschen, zerschlagen und halbzerborsten, würde er auch bleiben, bis der Tod ihn einmal zu sich rief. Alexei Pawlowitsch war noch in den vierziger Jahren, und doch hätte man ihn leicht für einen Achtziger gehalten. Die unergründliche Natur hatte dem bloßen Helfershelfer schwerere Strafen auferlegt, als der Führer und Anstifter auf sich nehmen mußte.

      Keinerlei Rachegedanken durchwühlten das Hirn dieses Alexei Pawlowitsch mehr, aber er grollte doch dem Manne, den er und Rokoff nicht hatten zerschmettern können. Groll empfand er auch, wenn er an Rokoff dachte, denn Rokoff hatte ihn mit sich in dieses Schreckensreich hineingerissen, dessen Qualen er nun bis zur Neige ausgekostet hatte. Er grollte auch der Polizei einiger Städte, aus denen er hatte fliehen müssen, er haßte die Gesetze, die Ordnung, er haßte alles. So lange er wach war, wogten krankhafte Haßgedanken durch sein Inneres, sie ließen ihn kaum eine Sekunde los; es war, als habe sich sein abschreckendes Äußere mit diesem seinem Inneren zu einer Verkörperung blinden Hasses vereint.

      Den Matrosen, die ihn vor dem völligen Untergang gerettet hatten, trat er kaum näher. Zum Arbeiten war er zu schwach, er war auch viel zu griesgrämig, um ein guter Gesellschafter zu sein. Man ließ ihn bald allein; er mochte sich mit sich selbst beschäftigen.

      Die »Marjorie W.« war seinerzeit von einer Vereinigung wohlhabender Fabrikanten gechartert worden; man hatte auf ihr ein Laboratorium eingerichtet und ihr einen Stab von Gelehrten mitgegeben, die nach einem Rohstoff suchen sollten, den die Unternehmer der Expedition bisher unter ungeheurem Kostenaufwand aus Südamerika einführen mußten. Um was für einen Rohstoff es sich handelte, war allein den Gelehrten an Bord der »Marjorie W.« bekannt. Für uns hat dies nur insofern Bedeutung, als der weitere Verlauf der Forschungsreise das Schiff, nachdem man Pawlowitsch an Bord genommen, nach einer Insel in der Nähe der afrikanischen Küste führte.

      Das Schiff lag einige Wochen unweit des Inselufers vor Anker. Kein Wunder, daß das ewige Einerlei für die Mannschaft mit der Zeit recht langweilig wurde. Man ging also öfters an Land, und schließlich hatte auch Pawlowitsch das eintönige Leben an Bord gründlich satt und fragte, ob er sich den Matrosen anschließen dürfe.

      Die Insel war dicht bewaldet, üppiges Dschungelgestrüpp wucherte bis zum Strande herab. Die Gelehrten waren weit ins Innere vorgedrungen und suchten nach den wertvollen Schätzen der unberührten Natur, die – wie die Eingeborenen des Festlandes ihnen versichert hatten – dort in erstaunlicher Fülle zu finden sein sollten. Die Matrosen fischten, gingen auf die Jagd oder streiften planlos in den Wäldern herum, während Pawlowitsch am Strande auf und ab hinkte oder im Schatten der großen Bäume am Waldessaum vor sich hindämmerte.

      Eines Tages schlief er wieder unter einem solchen Baumriesen. Die Matrosen standen in einiger Entfernung um einen Leoparden, dem die Kugel eines ihrer Kameraden im Innern der Insel den Garaus gemacht hatte. Mit einem Male erwachte Pawlowitsch. Es kam ihm vor, als habe sich eine Hand auf seine Schulter gelegt, er richtete sich entsetzt auf: Neben ihm hockte ein riesiger Menschenaffe und starrte ihm fest in die Augen.

      Der Russe war zu Tode erschrocken, seine Blicke schweiften hinüber zu den Matrosen ..., doch die waren einige hundert Meter weit weg. Wiederum zupfte der Affe an seiner Schulter und stieß dabei ein paar klägliche Jammerlaute hervor. Pawlowitsch erkannte, daß in dem forschenden, bittenden Blick des Tieres und in dessen ganzer Haltung im Augenblick nichts Bedrohliches lag. Als er sich dann langsam erhob, stand der Affe neben ihm auch sofort auf.

      Halbgebückt wankte Pawlowitsch vorsichtig davon; er mußte versuchen, mit heiler Haut zu den Matrosen hinüberzukommen. Doch der Affe ging ruhig mit und faßte ihn sogar an seinem Arm. So gelangten sie unbemerkt ziemlich nahe an die Matrosen heran; Pawlowitsch hatte inzwischen die Überzeugung gewonnen, daß das Tier nichts Böses im Schilde führte; es schien an menschliche Gesellschaft gewöhnt zu sein. Sofort schoß ihm der Gedanke durch den Kopf, daß dieser Affe eigentlich einen riesigen Wert hatte. Und den wollte er sich zunutze machen, sich ganz allein. Bevor er noch zu den Matrosen stieß, war die Idee bei ihm abgemachte Sache.

      Die Matrosen waren aufs höchste bestürzt, als sie mit einem Male das seltsame Paar aus dem Dickicht heranhumpeln sahen, und sogleich reckte sich den Ankömmlingen ein Gewehrlauf verderbendrohend entgegen. Doch der Affe zeigte nicht die geringste Furcht. Er packte sofort einen Matrosen nach dem anderen an den Schultern und musterte jeden lange mit einem forschenden Blick. Dann wandte er sich wieder zu Pawlowitsch zurück. In seinen Zügen und in seiner ganzen Haltung war bittere Enttäuschung zu lesen.

      Den Matrosen machte der Affe jetzt Spaß. Sie drängten sich heran, suchten den Russen auszufragen und musterten seinen Begleiter von allen Seiten. Der Russe sagte nur soviel, daß der Affe ihm gehöre. Im übrigen rückte er nicht weiter heraus, betonte aber immer wieder: Der Affe gehört mir, der Affe gehört mir. Allmählich konnte man diese alberne Erklärung Pawlowitschs schon gar nicht mehr anhören. Einer der Matrosen versuchte sich mit einer kleinen Neckerei. Er schlich sich um den Affen herum und stach ihm mit einer Nadel in den Rücken. Doch der Affe stürzte sich blitzartig auf seinen Peiniger. In dem Augenblick, in dem es sich umdrehte, hatte sich auch das erst so harmlose friedliche Tier in eine wutschnaubende Bestie verwandelt. Das breite Lachen, das um die Lippen des Matrosen spielte, als er sich den kühnen Scherz erlaubte, wich augenblicklich wildem Entsetzen. Er suchte den langen Armen, die sich nach ihm ausstreckten, durch einen raschen Seitensprung zu entgehen, doch vergeblich. Und als er sein langes Messer aus dem Leibgurt zog, schlug der Affe es ihm mit einem Ruck aus der Faust zu Boden. Dann gruben sich die gelben Fangzähne des Ungeheuers in die Schultern des Matrosen ...

      Mit Knütteln und Messern fielen die anderen Matrosen über das Tier her, während Pawlowitsch um den fluchenden und brüllenden Knäuel der Kämpfenden herumschlich und seiner Wut mit mehr oder weniger lauten Bitten und Drohungen Luft machte; denn all seine schönen Träume von Wohlstand und Reichtum sah er schon unter den Dolchen und Knütteln der Matrosen ins Nichts zerfließen ...

      Allein der Affe war nicht gewillt, sich ohne weiteres der Übermacht zu fügen, wenn es auch schien, als müsse er unterliegen. Er riß sich jetzt von dem Matrosen los, der den Frieden gebrochen hatte, zwei andere, die sich an seinen Rücken festgeklammert hatten, schüttelte er einfach ab und stürzte dann auf die Angreifer, daß einer nach dem anderen zu Boden flog. Bald sprang er hierhin, bald dahin ..., er war behend wie ein Meerkätzchen.

      Der Kapitän und der Steuermann waren vom Strande aus Zeugen dieses Kampfes gewesen und kamen jetzt mit schußbereiten Revolvern herangeeilt. Zwei Matrosen, die das Boot der »Marjorie W.« herübergerudert hatten, folgten ihnen auf dem Fuße.

      Der Affe stand jetzt ruhig da und schien zu betrachten, was er angerichtet hatte. Pawlowitsch vermochte indessen nicht zu erraten, was er nun tun würde. Ob der Affe einen neuen Angriff erwartete oder ob er überlegte, welchen seiner Gegner er zuerst ins Jenseits befördern sollte? Er wußte nur soviel, daß die beiden Offiziere mit dem Tiere kurzen Prozeß machen würden, sowie sie auf Schußweite heranwaren. Irgend etwas mußte also getan werden, und zwar schnell, wenn er das verhindern wollte. Keine Bewegung des Affen deutete darauf hin, daß er auch den Russen angreifen würde; immerhin war Pawlowitsch nicht sicher, was passierte, sowie er sich mit diesem wilden Tiere weiter einließe. Ob nicht trotzdem die Bestie sich zu wütendem Angriff auch gegen ihn erhöbe, nachdem ihr eben erst frisches Blut in die Nase gestiegen war? Er zögerte einen Augenblick, doch dann schwebten vor seinen Augen wieder die Traumbilder von Reichtum und Überfluß, die dieser große Menschenaffe zweifellos zur Wirklichkeit machen konnte, wenn Pawlowitsch erst einmal wohlbehalten mit ihm in irgend einer Metropole der zivilisierten Welt – vielleicht in London? – gelandet wäre.

      Der Kapitän rief Pawlowitsch laut entgegen,