Название | Winken im Nebel |
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Автор произведения | Georg Christian Braun |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783752956795 |
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
WINKEN IM NEBEL
GEORG BRAUN
Band 3 der WADE - Krimis
WINKEN IM NEBEL
von
GEORG BRAUN
1. Edition, 2020
ISBN:
© 2020 All rights reserved.
Kapitel 1
Stuttgart – Bad Cannstatt, Am Gesundbrunnen 24, Hochhaus, 78 Wohnungen, 16 Stockwerke. Es war der 28. Oktober 2019, morgens 6 Uhr 45. In einer der Wohnungen hörte man Schreie, Hilferufe. Der Geist der Anonymität drückte die müden Menschen in ihre Betten und überließ den anderen Bewohnern die Hilfe, welche anscheinend dringend benötigt wurde. Hiiilfe, hört mich denn keiner?
Eine Türe öffnet sich, zwei müde Augen schauen scheu nach draußen, ob nicht wer auf dem Flur wäre. Niemand, also weiterschlafen, es wird schon jemand helfen.
Der automatische Rauchmelder alarmierte die Feuerwehr in Bad Cannstatt, die eine Minute danach die Polizei verständigte. Das Blaulicht versuchte vor dem Hochhaus den Kampf gegen die vorherrschende Dunkelheit zu gewinnen. Eigentlich sollten doch einige Bewohner den Weg zur Arbeit, wo auch immer, angetreten haben. Heute nicht, es war alles anders. Keine müde Seele hatte den Tritt vor die Haustür gewagt. Nichts, nicht eine miauende Katze, auf der Suche nach einer verirrten und verwirrten Maus, die sich einfach fangen und fressen ließe. Selbst die besoffenen Quartalssäufer zeigten sich nicht, auch keine Taxis, welche die Mitarbeiter der Global Player aufsaugten und zum Flughafen chauffierten. Das wunderte Hauptkommissar Jochen Waldschütz, der in der Nachbarschaft wohnte und das Getöse und Treiben vor seinem Küchenfenster beobachtete und sich keinen Reim auf die sich ihm bietende Lage machte.
Vor ziemlich genau zehn Jahren zog er in den Stadtteil, wo das Leben pulsierte und die Leute trotzdem anständig miteinander wohnten, arbeiteten und feierten. Man kannte einige und doch wieder nicht, die Nähe war eng genug, und nicht zu eng. Man hatte ausreichend Luft für die eigenen vier Wände, die die Anonymität garantierten.
Der Blick der Fenstergalerie entlang. Die Rollläden blieben unten, die Normalität musste ums Verrecken gewahrt bleiben. Im wahrsten Sinne. Ein Fenster unterschied sich von den anderen. Das erkannte Waldschütz. Der Blick erfasste einen Hauch von Glas, verdeckt von einer Blumengirlande, welche die ungeliebten Voyeure auf Distanz halten sollte. Da war doch noch etwas Komisches, aber was?
Waldschütz lief es abwechselnd kalt und warm den Rücken hinunter, er spürte Schaudern, ein fremdes Gefühl für ihn, der auch bei einem Bombenangriff die Ruhe selbst blieb. Er spürte diesmal Angst hochkommen, die er am liebsten unterdrückte.
„Damit löse ich keine Probleme“, sagte er sich, wenn er Angst wahrnahm. Eigentlich war es Zeit, sich für den Dienst zu richten. Aber war er nicht schon bei seiner Aufgabe?
„Ich glaube, ich betreibe heute Homeoffice“, lächelte er sarkastisch und bemerkte, dass er wieder der alte war. Der Jochen Waldschütz, wie er leibt und lebt und zu sein wünschte.
„Karin“, klingelte er Frau Kommissarin Degelmann aus dem Bett, „ich bleibe heute zu Hause, eine Art Homeoffice.“
„Warum das denn?“
„Hier habe ich unerwartet Arbeit bekommen. Wenn du möchtest, kannst du mich herzlich gern unterstützen.“
„Bitte, was, sag das nochmal“, wunderte sich Karin Degelmann.
„Du weißt, wie ich es meine, ich arbeite subtil und intellektuell, du verrichtest die Drecksarbeit.“
„Und der Polizeipräsident, weiß er Bescheid?“
„Woher? Hatte noch keine Zeit. Sag du dem May, dass ich heute daheim beschäftigt sein werde.“
Nach dem kurzen Intermezzo am Handy zog sich Waldschütz die Kleider an und ging auf die Straße, wo sich mittlerweile eine Menschenmenge gebildet hatte. Schaulustige am Leid mindestens eines Menschen, das war der Volkssport des 21. Jahrhunderts. Bevor ein junger Mann das Smartphone zücken konnte und das Geschehen aufnahm, packte ihn Waldschütz am Arm und sprach ein paar verbindliche Worte: „Junge steck das Ding ein, sonst gibt‘ eine Anzeige.“
„Wer bist du denn?“, maulte der Jugendliche.
„Hier riech mal“, zeigte der Hauptkommissar den Dienstausweis, worauf sich der Junge trollte.
Die Aktion brachte Waldschütz auf einen Gedanken: „Vielleicht war das Filmen gar keine schlechte Idee“, und zückte selbst sein Gerät, das Dienst - Smartphone und machte die nötigen Aufnahmen. Unbemerkt und nur für kurze Zeit, dann musste er sie löschen, sollte er diese nicht für dienstliche Zwecke weiterhin benötigen.
Der Morgennebel, verstärkt durch die orange leuchteten Straßenlaternen, verdeckte den Blick auf die Fenster. Waldschütz ließ sich nicht abbringen, er starrte mit dem Fernglas auf die unbedeckte Glasfläche. Ein leichtes Hin und Her einer kaum sichtbaren Hand, die sich nach oben streckte, konnte er erkennen. Das war aber nicht alles, irgendwas war da außerdem. Da! Ganz kurz und schon wieder weg. Doch die Adleraugen des Hauptkommissars täuschten sich nicht. Die Hand war nicht alleine, sie gehörte nicht zu der unsichtbaren Person. Es gab noch eine weitere, die offensichtlich die andere Person auf den Boden drückte.
Eindeutig.
„Kollegen“, sprach Waldschütz die Streifenbeamten unvermittelt an, „wir müssen da rein, so schnell es geht.“
„Wieso?“, wollte der Zugführer wissen.
„Lebensgefahr, genügt das?“
„Den Rauch müssen die Feuerwehrleute in den Griff bekommen.“
„Und den Straftäter wir.“
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