Oliver Hell - Dämonen (Oliver Hells elfter Fall). Michael Wagner J.

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Название Oliver Hell - Dämonen (Oliver Hells elfter Fall)
Автор произведения Michael Wagner J.
Жанр Языкознание
Серия Oliver Hell
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742742049



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einen Stuhl an, doch seine Körpersprache blieb unentspannt.

      „Mein Name ist Brigitta Hansen, Oberstaatsanwältin. Wir haben bereits telefoniert. Ich dachte, Sie sind hergekommen, um uns Informationen über die Bonner Salafisten-Szene zu geben. Also, warum dann diese Feindseligkeit?“ Sie erinnerte sich an den Namen des Kollegen, mit dem sie gesprochen hatte. „Mit wem habe ich überhaupt die Ehre?“

      Einer der Männer strich sich verlegen mit dem Finger über den Nasenrücken. „Verzeihung, Frau Oberstaatsanwältin, mein Name ist Bacak, das ist mein Kollege Lanev.“

      Sie reichten einander die Hände und nahmen dann Platz. Bacak konnte seine türkische Abstammung nicht leugnen. Schwarzes kurzes Haar, kluge Augen funkelten ihr aus einem runden offenen Gesicht entgegen. Lanev war dem Namen nach gebürtiger Osteuropäer, blond und ein wenig pummelig. Seine Augen waren wasserblau wie das Meer an der polnischen Ostsee.

      „Es war nicht unsere Intention, Oliver Hells Schicksal in Abrede zu stellen“, fing Lanev an, nachdem auch die anderen Teammitglieder Platz genommen hatten. „Es tut auch mir leid“, fügte Bacak hinzu. Wendt zog die Augenbrauen hoch. Diese Entschuldigung war ihm eindeutig zu dünn.

      „In Ordnung, meine Herren. Kommen wir jetzt bitte zu den angekündigten Informationen?“, bat Hansen.

      Bacak atmete tief durch, dann stand er auf und nahm ein paar Akten aus der Tasche, die er neben sich abgestellt hatte. Er ging zu einer der fahrbaren Glastafel hinüber. „Darf ich?“, fragte er über die Schulter hinweg.

      „Natürlich“, antwortete Klauk nickend. Bacak heftete ein paar Blätter an die Tafel, drehte sich um. Alle Augen waren auf ihn gerichtet.

      „Also, diese Zahlen, die wir ihnen jetzt nennen, sind aktuell, aber sie schwanken ständig. 320 mutmaßliche Salafisten sind den Sicherheitsbehörden im Bereich des Bonner Staats-, und Verfassungsschutzes bekannt. Etwas mehr als 10 Prozent der Gesamtzahl in NRW, die bei 2900 liegt. 90 Personen sind aktuell aus Deutschland ausgereist – vermutlich, um sich im Nahen Osten dschihadistischen Gruppen anzuschließen. Davon sind bislang schon wieder 30 zurückgekehrt. Alarmierend ist aber eine ganz andere Zahl. Nach unseren Ermittlungen leben circa 20 Gefährder im Bonner Stadtgebiet. 40 sind es, wenn man das erweiterte Umland bis zur Eifel mit hinzunimmt. Gefährder sind militante Islamisten, denen jederzeit ein Anschlag zuzutrauen ist. Viele unter ihnen sind kampferprobte Dschihadisten, denen ein Terroranschlag wie auf dem Boulevard in Nizza zuzutrauen ist.“

      „Und Sie vermuten jetzt, dass einer von ihnen jetzt zugeschlagen hat?“, fragte Meinhold. „Das können wir noch nicht sagen. Wir stehen in Kontakt mit den Kollegen vom Staatsschutz hier in Bonn“, antwortete Lanev vom Tisch aus.

      „Wir waren heute Nachmittag in Bonn an der Anschlagsstelle, um uns ein Bild zu machen. Ihre Düsseldorfer Kollegen vom Staatsschutz haben uns als Dilettanten und Trottel beschimpft und uns weggeschickt wie kleine Dorfköter“, antwortete ihm Wendt. In seinen Worten schwang noch immer die Verärgerung mit, das war deutlich zu hören.

      „Staatsschutz Bonn. Staatsschutz Düsseldorf. Ist das nicht alles dem Landeskriminalamt unterstellt?“, wollte Rosin jetzt wissen, lehnte sich neben Lanev auf den Tisch und sah ihn durchdringend an.

      „Die Kollegen aus Bonn haben alle Hände voll mit der Observierung der Verdächtigen zu tun und da haben sie direkt Verstärkung aus Düsseldorf angefordert, als die Nachricht von dem Anschlag bekannt wurde.“

      „Und diese Kollegen Dausend und Grütters treten hier mit einer Arroganz auf als sei Bonn die Müllkippe von Düsseldorf“, schlug Klauk in dieselbe Kerbe wie Wendt.

      „Das kann ich nicht beurteilen, meine Herren. Ich kenne diese beiden Beamten als zuvorkommend und äußerst effizient in ihrer Arbeitsweise.“

      „Meine Frage ist damit noch nicht beantwortet, Herr Lanev“, fragte Lea Rosin nach.

      „Was meinen Sie?“

      „Ich möchte wissen, ob das LKA Düsseldorf die Federführung hat. Wenn das so ist, dann frage ich mich, warum sich die Kollegen aus Düsseldorf so unzugänglich gezeigt haben. Ich kenne es so, dass in solchen Fällen alle Kräfte gebündelt werden, um schlagkräftig zu sein. Ist das jetzt anders?“

      Lanev suchte hilfesuchend den Blick seines Kollegen. „Die Kollegen Dausend und Grütters werden sich ein Bild machen und dann werden wir weitersehen“, antwortete er diplomatisch.

      „Die Kollegen haben uns unmissverständlich klargemacht, dass unsere Anwesenheit in Bonn nicht erwünscht sei und es auch so bleiben werde“, sagte Klauk und machte eine genervte Handbewegung.

      „Wir werden sehen, was die Bonner Staatsschützer uns mitteilen. Sie haben alle zwanzig Gefährder unter Beobachtung. Innerhalb dieses aktuellen Gefährderkreises wurden zuletzt 72 Islamisten innerhalb von ganz NRW der sogenannten Zielgruppe „Gegenschlag“ zugeordnet. Ihnen gilt besondere Aufmerksamkeit. Dazu gehört zum Beispiel der sofortige Besuch durch verdeckte Staatsschutz-Kräfte nach einem Anschlag, in Fachkreisen nennen wir das ‚Verbleibskontrollen‘. 32 Personen zählten überdies zum ‚Top‘-Kreis mit dem Namen ‚Zentrum‘. Sie werden mit sehr engmaschigen Maßnahmen belegt, von Telefonüberwachung bis zu einer Rund-um-die-Uhr-Überwachung durch über 30 Sicherheitskräfte im Drei-Schicht-System.“

      Die Worte des Staatsschützers zeigten ihre Wirkung. Es herrschte eine angespannte Ruhe im Raum.

      „Wir würden dabei stören, wenn wir uns einmischen?“, fragte schließlich Klauk, dem bei diesen ganzen Neuigkeiten ganz flau im Magen wurde.

      „Es kann nicht sein, dass die Arbeit der Kollegen durch unmotiviert auftauchende Kriminalbeamte durchkreuzt wird.“

      „Unmotiviert?“, fragte Wendt angriffslustig. „Ich denke, wir alle hier sind Profis genug, um nicht unmotiviert die Arbeit der Kollegen zu zerstören. Dazu gehört aber in erster Linie eine funktionierende Informationskette, in die wir auch integriert sind. So wie die Kollegen Dausend und Grütters es handhaben, stellt es bei mir die Nackenhaare auf und die Kette wird erst überhaupt nicht gestartet. So kann man nicht arbeiten, nicht beim Staatsschutz und nicht innerhalb eines Teams.“

      Er lehnte sich zurück und schaute in die Runde. Wieder war es Bacak, der antwortete.

      „Die Kollegen Dausend und Grütters wissen, worauf sie an einem Tatort zu achten haben. Das wird der Grund sein, warum sie sich so abweisend Ihnen gegenüber gezeigt haben. Ich nehme sie infolgedessen in Schutz.“

      „Ist ja alles schön und gut“, sagte Wendt, „aber ich frage mich, ob die Kollegen vom Staatsschutz schon einen Verdächtigen auf dem Radar haben. Wenn sie die 20 gefährlichen Personen in Bonn unter ständiger Kontrolle haben, dann sollte doch klar sein, ob sich einer von denen in der Nähe des Tatorts aufgehalten hat. Ist das so?“

      Seinen schnellen Seitenblick in Richtung Klauk konnte keiner außer dem Kollegen richtig interpretieren. Wenn es so war, dass der Kerl, den sie vom Tatort wegspazieren sahen, als Verdächtiger in Frage kam, dann würden auch die Kollegen aus Düsseldorf bald die Videos der Überwachungskameras durchforsten. Wobei sie natürlich nicht ahnten, dass Wendt und Klauk einen Wissensvorsprung hatten.

      „Die Bonner Gefährder stehen unter lückenloser Überwachung. Wenn einer von denen dort war, dann erfahren wir das zeitnah. Sollte es jemand aus einem anderen Kreis sein, dann kann es sein, dass wir den nicht auf dem Schirm haben.“

      „Also kann es sein, dass jemand den Anschlag geplant und durchgeführt hat, der nicht zur Bonner Szene gehört?“

      „Sicherlich, das kann ebenso gut sein.“

      „Und warum dürfen wir dann nicht mitmachen, wenn es sich herausstellt, dass es keiner der Jungs aus dem ‚Zentrum‘ war?“, fragte Klauk spitzfindig.

      „Das sagt ja niemand, Herr Klauk!“, antwortete Lanev pikiert.

      „Ach, wenn wir keinen Schaden anrichten können, spielen wir plötzlich mit?“

      „Es geht hier nicht um Kompetenzen, es geht hier darum, dass wir diese Männer