Название | Gesammelte Aufsätze zur romanischen Philologie |
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Автор произведения | Erich Auerbach |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783772000669 |
Somit war figurafigura am Ende der republikanischen Zeit zum festen Besitz der gebildeten und philosophischen Sprache geworden, und das erste Jahrhundert des Kaiserreichs hat die Bedeutungs- und Verwendungsmöglichkeiten des Wortes noch weiter ausgeschöpft. An dem Spiel zwischen Urbild und Abbild, dem Gestaltwandel, dem täuschend nachahmenden Traumbild sind, wie sich denken läßt, besonders die Dichter beteiligt. Schon CatullCatull hat de Aty. 62 die charakteristische Stelle: quod enim genus figurae est ego quod non obierim? ProperzProperz sagt13 3, 24, 5 mixtam te varia laudavi semper figura oder 4, 2, 21 opportuna meast cunctis natura figuris; in dem schönen Schluß des Panegyricus ad Messalam findet sich, wo von der gestaltwandelnden Kraft des Todes gesprochen wird, mutata figura; und VergilVergil beschreibt Aeneis 10, 641 das Trugbild, das dem Turnus die Gestalt des Aeneas vorspiegelt, morte obita qualis fama est volitare figuras. Aber die ergiebigste Quelle für figurafigura im Gestaltwandel ist natürlich OvidOvid. Zwar braucht er unbedenklich, wenn der Vers ein zweisilbiges Wort verlangt, auch forma; aber meist ist es doch figura, und ein bewunderungswürdiger Reichtum an Kombinationen steht ihm dabei zur Verfügung: er sagt figuram mutare, variare, vertere, retinere, inducere, sumere, deponere, perderefigurafiguram mutare, variare, vertere, retinere, inducere, sumere, deponere, perdere; und die folgende kleine Sammlung mag von seiner Mannigfaltigkeit eine Vorstellung geben:
… tellus … partimque figuras/rettulit antiquas (Met. 1, 436);
… se mentitis superos celasse figuris (ib. 5, 326);
sunt quibus in plures ius est transire figuras (ib. 8, 730);
… artificem simulatoremque figurae/Morphea (ib. 11, 634);
ex alias alias reparat natura figuras (ib. 15, 253);
animam … in varias doceo migrare figuras (ib. 15, 172);
lympha figuras/datque capitque novas (ib. 15, 308).
Auch das Bild vom Siegel ist aufs schönste vertreten:
Utque novis facilis signatur cera figuris
Nec manet ut fuerat nec formas servat easdem,
Sed tamen ipsa eadem est … (ib. 15, 169ss).
Ferner findet sich schon recht deutlich bei ihm figurafigura als «Abbild», etwa fast. 9, 278 globusimmensi parva figura poli, oder Her. 14, 97 und Pont. 2, 8, 64; als «Buchstabe», wie schon übrigens bei VarroVarro, ducere consuescat multas manus una figuras (ars, 3,493); schließlich als Stellung im Liebesspiel: Venerem iungunt per mille figuras. Ars, 2, 679. Überall erscheint bei ihm figura bewegt, wandelbar, vielfältig und zu Täuschung geneigt. Sehr kunstvoll verwendet das Wort auch der Dichter der Astronomica, ManiliusManilius, bei dem figura, außer in den schon erwähnten Bedeutungen, als «Sternbild» und als «Konstellation» (neben signumsignum und forma) erscheint. Als «Traumbild» trifft man es bei LucanLukan und bei StatiusStatius.
Sehr verschieden hiervon, und auch von dem, was uns die RhetorikerRhetorik zeigen werden, ist das Bild bei dem Architekten VitruvVitruv. Bei ihm ist figurafigura die architektonische und die plastische Gestalt, allenfalls die Nachbildung davon oder der Grundriß; von Täuschung und Verwandlung ist bei ihm nichts zu spüren, und figurata similitudine, 7, heißt in seiner Sprache keineswegs «durch Vortäuschung», sondern «durch formende Herstellung einer Ähnlichkeit». Oft heißt figura «Grundriß», «Plan» (modice picta operis futuri figura, 1, 2, 2), und universae figurae species oder auch summa figuratiofiguratio ist die Gesamtgestalt eines Gebäudes oder eines Menschen (er vergleicht gern beides unter dem Gesichtspunkt der Symmetrie). Trotz gelegentlicher mathematischer Verwendung hat figura (und auch fingerefingere) bei ihm und den anderen zeitgenössischen Fachschriftstellern eine sehr fest plastisch-sinnliche Bedeutung; so bei FestusFestus p. 98 crustulum cymbi figura,14 bei CelsusCelsus venter reddit mollia, figurata (2, 5, 5), bei ColumellaColumella ficos comprimunt in figuram stellarum floscularumque (12, 5, 5). Weit großzügiger geht es auch in dieser Einzelheit bei dem älteren PliniusPlinius (älterer) zu, der ja einer anderen Gesellschafts- und Bildungsschicht angehörte; alle Abstufungen des Gestalt- und Artbegriffs sind vertreten. Ausgezeichnet läßt sich bei ihm, in dem bemerkenswerten Anfang des 35. Buches, wo er den Verfall der Porträtmalerei beklagt, der Übergang von Gestalt zu Porträt beobachten: Imaginum quidem pictura, qua maxime similes in aevum propagantur figurae …,