Название | Wohin verschwand der Diktator |
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Автор произведения | Lara Nisker |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991072256 |
Reporterin: Verstanden. Ich habe einen schwarzen Schminkstift.
General: (dem Adjutanten) Soldat, legen Sie sich auf den Boden. Frau Reporterin, schminken!
Der Adjutant legt sich auf den Fußboden. Die Reporterin malt den Schnurrbart auf sein Gesicht. Der General zielt mit der Pistole auf den Adjutanten.
Reporterin: Herr General, Sie wollen ihn doch nicht wirklich erschießen?
General: Das weiß ich noch nicht. Nein, falsch.
Reporterin: Natürlich falsch! Er ist noch so jung. Und doch Ihr persönlicher Adjutant!
General: Falsch. Wenn das ein Selbstmord sein sollte, … dann müsste er aus seiner eigenen Pistole erschossen werden. Soldat, geben Sie mir Ihre Pistole. (zielt auf den unten liegenden Adjutanten mit seiner Pistole, schaut den Adjutanten kritisch an) Nein, das geht nicht. Die falsche Statur. Der Junge ist zu lang. Soldat, stehen Sie auf. (schaut den Anwesenden an. Die Reporterin versucht, sich von ihm fern zu halten, geht in die Kulisse. Der Adjutant steht stramm, schließt die Augen fest.)
General: Verhaften!
Adjutant: Jawohl, Genosse General! (schaut sich verwirrt um) Genosse General, wen soll ich verhaften? Die Frau Reporterin?
General: Stellen Sie sich nicht so dumm, Adjutant. (denkt nach) Mal sehen. Wir finden schon … den richtigen.
Reporterin: (hinter der Kulisse) Hier! Herr General, da, da ist er! Die Leiche. Sie trägt den Schnurrbart. Er hat seine Gefährtin erschossen und dann sich selbst.
Adjutant: Die Leiche ist aber nicht er, das ist nicht seine Leiche.
General: Doch, das ist er. Schau nur hin, Soldat – der Schnurrbart.
Adjutant: Ja, der Schnurrbart … komisch. Die Statur aber …
Reporterin: Die Pistole ist nicht da. Wohin ist seine Pistole verschwunden? Wie ich weiß, muss die Waffe erst identifiziert werden. Dann werden alle Zweifel beseitigt sein.
General: Stimmt, die Waffe ist nicht festgestellt. Ach, was wissen Sie schon, Sie, Frau Reporterin …
Reporterin: (stolz) Ich bin eine Kriegsreporterin.
General: Meinetwegen. (zu sich) Trotzdem – ein Weib.
Diktator schiebt die Pistole mit dem Fuß hinder dem Tisch hervor, der General hebt sie unauffällig auf und steckt sie sich hinten unter den Gürtel.
General: Gut. (zur Reporterin) Na gut. Dann geben Sie in den Nachrichten Folgendes an: „Der Diktator hat sich und sein geliebtes Weib erschossen. Er wollte sich dem Feind nicht ergeben. Um seine Ehre und seinen Stolz zu bewahren, hat er den mutigen Schritt … gewagt.“ Ein mutiger Schritt … (hebt seine Pistole an die Schläfe) Heil …
Adjutant: Nein! (wirft sich auf den General) Genosse General, nein! (hält die Hand des Generals auf und führt sie nach unten, macht dann einen Schritt zurück, von der eigenen Tat eingeschüchtert) Zu Diensten, Genosse General.
General: Nicht doch, Soldat. Du bist nicht schuld, Junge. Du hast nur die Befehle befolgt. Nein, das ist nicht deine Schuld.
Reporterin: Genosse General …?
General: Also, Folgendes muss gesagt werden: „Der Diktator erschoss seine treue Lebensgefährtin und danach erschoss er sich selbst. Es geschah um …“ (schaut auf die Uhr) „Der Tod des Diktators wurde um genau „X“ Uhr mitteleuropäischer Zeit festgestellt.“
Reporterin: Der Name des zuständigen Arztes lautet …?
General: Nicht wichtig. Schreiben Sie Ihren Namen, Genossin Reporterin, wenn nötig …
Reporterin: Ich bin keine Ärztin. Für das Protokoll aber … Nein, so geht das nicht. Es wird gefragt, es wird geforscht … Nein.
General: Schweigen!
Adjutant: Jawohl, Genosse General! Alles wird nach Ihrem Befehl erledigt. Ich werde es kontrollieren. Zu Befehl, Genosse General!
General: Wie alt bist du, mein Adjutant?
Adjutant: Ich bin sechzehn. Seit kurzem. Seit gestern. Heute bin ich zum ersten Mal im Dienst.
General: Und damit zum letzten.
Der General geht. Die Reporterin zieht den Soldaten zur Seite.
Reporterin: Darf ich Sie fragen?
Adjutant: Jawohl, Genossin Reporterin. Fragen Sie. Bitte kurz. Ich muss meinen General begleiten.
Reporterin: Gewiss … Wieso sind Sie zur Armee gegangen? Haben Sie Lust zu töten?
Adjutant: Nein! Natürlich nicht. Wir wollten den Krieg schnellstens beenden. Unsere ganze Klasse. Wir wollten ihn beenden, um die Ehre unseres Landes zu retten. Wenn etwas zu retten geblieben ist … Entschuldigen Sie. Ich will nicht mehr darüber reden. Zu kompliziert. Ich muss los.
Reporterin: Gewiss …
Sie gehen, ihre Stimmen entfernen sich, sie werden immer leiser. Es wird dunkel. Der Diktator schaut hinter dem Tisch hervor, kriecht heraus, und mit den Worten: „Verstecken, abrasieren“, läuft er direkt in die Bühnentiefe. Das Bühnenbild ist ein Kinofilm, der Diktator läuft direkt hinein.
Teil 2.
Szene 2. In der Taiga
(Anna, Eugen, Diktator)
Der Diktator läuft und läuft, es wechseln die Landschaften, es wechseln die Jahreszeiten. Das Aussehen der zufälligen Passanten ändert sich. Das Bild hält in der Taiga an. Es ist Sommer. Die Sonne neigt sich. Man hört das Gesumme von Ungeziefer.
Man sieht ein gemütliches Häuschen. Draußen steht ein Tisch. Die Frau (Anna) deckt ihn zum Abendessen. Ihr Mann (Eugen) erscheint.
Er schleppt den fast bewusstlosen Diktator mit, dessen Gesicht ganz mit Haaren bewachsen ist.
Anna: Eugen! Wen schleppst du da? Was ist mit dem Mann? Hast du ihn etwa verdroschen?
Eugen: Blödsinn, Anna. Ich weiß nicht, was dem Kerl zugestoßen ist. Ein komischer Kauz. Er lief den Weg entlang, dann sah er mich und rannte direkt ins Gebüsch. Als ich die die Stelle erreichte, um nach ihm zu sehen, saß er im Gebüsch und weinte. Ich hab ihn aus dem Busch herausgeholfen.
Anna: (mitleidig) Weinte … Wieso weinte er?
Eugen: Ich weiß es nicht. Ich schwöre dir, ich habe ihm nichts getan.
Anna: (zum Diktator) Hey Sie, guter Mann, wieso weinen Sie? Haben Sie sich verletzt, haben Sie sich in der Taiga verlaufen?
Eugen: Keine Angst, Mann, wir führen dich schon zu deinen … Wo rennst du eigentlich hin, Mann? Zu wem?
Diktator: Mmmmmmm. Abrasieren. Verstecken. Abrasieren.
Anna: Wieso spricht er so? Kann er nicht sprechen? Was ist mit ihm?
Eugen: Meistens muht er, er gibt nur „Mmm“ von sich. Ich glaube, er hat Maroschka gegessen.
Anna: Aha … Er will „Maroschka“ sagen. Deshalb „Mmm“. (zum Diktator:) Pfui, du Armer. Eugen, jemand hat ihn doch geschlagen. Aber nicht du, Eugen, oder?
Eugen: Ich schwöre dir!
Anna: Er weint.
Der Diktator versucht, etwas zu sagen, lallt nur und murmelt.
Eugen: Natürlich weint er. Ihm brennt der Mund. Deshalb weint er. Kein normaler Mensch isst Maroschka. Hey, du, Mann, wozu hast du Maroschka