Название | Das Antikrebs-Buch |
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Автор произведения | David Servan-Schreiber |
Жанр | Медицина |
Серия | |
Издательство | Медицина |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783956140839 |
Wir alle leben mit Mythen, die unsere Fähigkeit zur Bekämpfung von Krebs schwächen. So sind zum Beispiel viele davon überzeugt, dass Krebs in erster Linie mit der genetischen Veranlagung zusammenhängt und nicht mit der Lebensweise. Die Wissenschaft hat bewiesen, dass es sich genau umgekehrt verhält.
Würde Krebs über die Gene weitergegeben, müssten adoptierte Kinder die gleiche Krebsrate aufweisen wie ihre biologischen Eltern, nicht aber wie ihre Adoptiveltern. In Dänemark, wo sich mit einer detaillierten Gendatenbank die Herkunft jedes Menschen zurückverfolgen lässt, haben Forscher die biologischen Eltern von über 1000 Kindern ausfindig gemacht, die nach der Geburt adoptiert wurden. Ihre Schlussfolgerung, die im angesehenen New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde, zwingt uns, unsere bisherigen Annahmen über Krebs zu revidieren. Die Wissenschaftler stellten nämlich fest, dass es keinen Einfluss auf das Risiko, an Krebs zu erkranken, hat, wenn die biologischen Eltern eines Kindes (von denen seine Gene stammen) vor dem 50. Lebensjahr an Krebs starben. Dagegen erhöhte der Krebstod eines Adoptivelternteils (das Lebensgewohnheiten, aber nicht Gene weitergibt) vor dem 50. Lebensjahr das Risiko, dass das Adoptivkind ebenfalls an einer Krebserkrankung starb, um das Fünffache.5 Diese Studie zeigt, dass in erster Linie die Lebensweise und nicht die genetische Ausstattung darüber entscheidet, ob wir anfällig für Krebs sind. In der Krebsforschung ist man sich einig: Genetische Faktoren sind höchstens für 15 Prozent der tödlichen Krebserkrankungen verantwortlich. Kurz gesagt, Krebs ist kein unabwendbares Schicksal. Wir alle können lernen, uns selbst zu schützen.I
Dennoch muss man ganz klar sagen: Derzeit gibt es keinen alternativen Ansatz zur Heilung von Krebs. Es wäre völlig unvernünftig zu versuchen, Krebs ohne Rückgriff auf die Mittel der konventionellen westlichen Schulmedizin zu heilen: Operation, Chemotherapie, Bestrahlung, Immuntherapie und schon bald Gentherapie.
Gleichzeitig wäre es aber auch völlig unvernünftig, ausschließlich auf diesen rein technischen Ansatz zu vertrauen und die natürliche Fähigkeit unseres Körpers, sich vor Tumoren zu schützen, außer Acht zu lassen. Wir können die natürliche Abwehr nutzen, um entweder die Krankheit zu verhindern oder die Wirkung der konventionellen Behandlung zu unterstützen.
Auf den folgenden Seiten möchte ich Ihnen die Geschichte erzählen, wie sich meine Sicht, die eines Mediziners und Forschers, der nichts über die natürlichen Abwehrmechanismen des Körpers wusste, veränderte. Mittlerweile setze ich vor allem auf diese natürlichen Abwehrmechanismen; mein Krebs half mir bei diesem Prozess. 15 Jahre lang achtete ich peinlich darauf, meine Krankheit geheim zu halten. Ich liebe meine Arbeit als Psychiater und wollte nicht, dass meine Patienten das Gefühl hatten, sie müssten sich um mich kümmern, anstatt ich mich um sie. Außerdem wollte ich als Forscher und Lehrender nicht, dass man meine Ideen und Ansichten als Folge meiner persönlichen Erfahrung abtat, obwohl ich mich doch stets meinem naturwissenschaftlichen Ansatz verpflichtet fühlte. Und ganz persönlich wollte ich, wie jeder verstehen wird, der Krebs gehabt hat, mein Leben ganz normal weiterführen, am Leben teilhaben wie die anderen auch. Ich habe auch jetzt noch Bedenken, mich aber trotzdem entschlossen, darüber zu sprechen. Ich bin überzeugt, dass es wichtig ist, die Informationen, von denen ich profitiert habe, auch anderen zur Verfügung zu stellen, damit sie ebenfalls Gebrauch davon machen können.
Der erste Teil des Buchs stellt neue Erkenntnisse über die Mechanismen der Krebsentstehung vor. Diese neue Sichtweise basiert auf der grundlegenden, aber immer noch wenig bekannten Rolle des Immunsystems, auf der Entdeckung, dass dem Tumorwachstum Entzündungsmechanismen zugrunde liegen, und auf der Möglichkeit, die Streuung eines Tumors dadurch zu blockieren, dass man neue Blutgefäße daran hindert, ihn zu versorgen.
Durch die neue Perspektive ergeben sich vier neue Ansätze. Jeder kann sie anwenden und Körper und Seele dazu einsetzen, Bedingungen zu schaffen, die dem Krebs entgegenwirken. Diese vier Ansätze sind: 1. Wie schützen wir uns vor den Ungleichgewichten in unserer Umwelt, die sich seit 1940 entwickelt haben und den derzeitigen starken Anstieg der Krebserkrankungen, die Krebsepidemie, fördern? 2. Wie können wir unsere Ernährung so umstellen, dass wir krebsfördernde Lebensmittel reduzieren und möglichst viele Pflanzenstoffe aufnehmen, die aktiv Tumoren bekämpfen? 3. Wie verstehen und heilen wir die seelischen Wunden, die bei einer Krebserkrankung die biologischen Mechanismen verstärken? Und 4. Wie schaffen wir eine Beziehung zu unserem Körper, die das Immunsystem anregt und krebsfördernde Entzündungsprozesse verringert?
Dies ist jedoch kein Lehrbuch der Biologie. Die Konfrontation mit einer Krankheit ist eine quälende Erfahrung. Ich hätte dieses Buch nicht schreiben können, ohne die Freude und den Kummer, die Entdeckungen und Misserfolge noch einmal zu durchleben, dank derer ich mich heute viel lebendiger fühle als vor 15 Jahren. Indem ich all das mit Ihnen teile, kann ich Ihnen vielleicht Wege aufzeigen, wie Sie Ihr eigenes Abenteuer bestehen. Und das wird hoffentlich ein schönes Abenteuer sein.
I | Eine Studie des Karolinska Instituts in Schweden, wo auch die Nobelpreisträger ausgewählt werden, zeigt, dass genetisch identische Zwillinge, die jedes einzelne Gen gemeinsam haben, im Allgemeinen nicht das Risiko teilen, an Krebs zu erkranken. Die Forscher kamen daher (wieder in einem Artikel im New England Journal of Medicine) zu dem Schluss: »Erbliche genetische Faktoren leisten nur einen geringen Beitrag zur Empfänglichkeit für die meisten Formen von Neubildungen «. (Neubildungen = Krebs) Diese Erkenntnis deutet darauf hin, dass die Hauptursache für die häufigsten Krebsarten in der Umwelt zu suchen ist.6 |
KAPITEL 1
MEINE GESCHICHTE
DAMALS LEBTE ICH SEIT SIEBEN JAHREN in Pittsburgh, zehn Jahre zuvor war ich aus Frankreich weggegangen. Ich machte meine Facharztausbildung in Psychiatrie und setzte gleichzeitig Forschungen fort, die ich für meine Promotion in den neurokognitiven Wissenschaften begonnen hatte. Zusammen mit meinem Freund Jonathan Cohen leitete ich ein Labor für Abbildungen der Gehirnfunktion (Funktionelle Bildgebung), das vom amerikanischen National Institute of Health finanziert wurde. Wir wollten die Mechanismen des Denkens besser verstehen, indem wir dem Gehirn beim Denken zusahen. Nie hätte ich mir vorgestellt, dass diese Forschungen meine eigene Krankheit an den Tag bringen würden.
Jonathan und ich waren eng befreundet. Wir waren beide Ärzte mit der Fachrichtung Psychiatrie und hatten uns gemeinsam für das neurowissenschaftliche Promotionsprogramm in Pittsburgh eingeschrieben. Jonathan kam aus dem kosmopolitischen San Francisco, ich via Montreal aus Paris. Und nun waren wir in Pittsburgh gelandet, mitten in der amerikanischen Provinz – unbekanntes Terrain für uns beide. Kurz zuvor hatten wir in der renommierten Zeitschrift Psychological Review einen Aufsatz über die Rolle des präfrontalen Kortex veröffentlicht, einen bis dahin kaum erforschten Bereich des Gehirns, der eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft herstellt. Mit Hilfe unserer Computersimulationen der Gehirnfunktionen entwickelten wir eine neue Theorie in der Psychologie. Der Artikel sorgte in Fachkreisen für einigen Wirbel und brachte uns, obwohl wir damals noch Studenten waren, in den Genuss staatlicher Fördergelder, mit denen wir ein eigenes Forschungslabor einrichten konnten.
Jonathan meinte, dass Computersimulationen nicht mehr genügten, wenn wir mit unseren Untersuchungen weiterkommen wollten. Wir mussten unsere Theorie in der Praxis überprüfen und die Gehirnfunktionen direkt beobachten, und zwar unter Einsatz der neuesten Technologie: der funktionellen Magnetresonanztomografie (MRT). Damals steckte die Technik noch in den Kinderschuhen. Nur besonders innovative Forschungszentren besaßen die neuen Hochleistungsscanner; in den Krankenhäusern standen meist nur die normalen, längst nicht so leistungsfähigen Geräte. Vor allem hatte man noch nie mit einem Krankenhausgerät die Aktivität im präfrontalen Kortex – die Gegenstand unserer Forschung war – messen können. Im Gegensatz zum visuellen Kortex (der Sehrinde),