Название | Mein Garten, mein Paradies |
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Автор произведения | Susanne Wiborg |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783888979934 |
Es ging auch nicht gut: Im März schaukelten gleich im ersten getauten Spalt zwischen Eis und Teichwand traurig zwei leblose Goldfische, und was dann unter den schmelzenden Schollen hervorkam, war nichts als Tod und Verwesung. War der Verlust der Fische besonders schmerzhaft, weil er etwas wie den Abschied von vertrauten Freunden bedeutete, so erinnerten die vielen toten Frösche an einen ganz besonders brechreizerregenden Horrorfilm. Die armen Viecher hatten sich zwischen den Steinen im Flachen verkrochen und waren da monatelang komplett ins Eis eingeschlossen gewesen. Jetzt ragten überall erst lange bläulichblasse Beine wie gruselige Tentakel aus den verhängnisvollen Verstecken hervor, denen dann aufgequollene Körper folgten – ein Anblick, der mich inständig wünschen ließ, das Gewässer des Grauens kurzerhand zuzuschütten und schnurstracks in die Karibik zu fliehen. Immer neue Leichen rutschten aus jeder Spalte nach, und je weiter der Frühling fortschritt, desto weniger ansprechend sahen sie aus.
Der Massenbeerdigung folgte dann eine Grundreinigung per Teichsauger – jedenfalls bis dessen Abfluss verstopfte und ich versuchte, mit den Fingern zu entfernen, was ich für alte Blätter hielt. Mit einem satten »pflopp« löste sich schließlich der Pfropfen, und blitzschnell wickelten sich in einem Schwall eisigen Wassers sehr lange und nicht mehr sehr frische Froschbeine wie winzige Gummihandschuhe um meine Finger, gefolgt von einer amorphen, gallertartigen Masse. Der Schock war so groß, dass er sogar den Fluchtreflex ausschaltete: Ich glotzte fassungslos auf den surrealen Anblick und verstand erst mit Verzögerung, was ich da eigentlich anstarrte. Dafür wurde ich in den nächsten Tagen schon beim bloßen Gedanken an meinen Teich von unheimlicher, garantiert psychosomatischer Übelkeit geplagt.
Inzwischen ist das kleine Gewässer längst wieder ansehnlich und ökologisch einwandfrei dazu. Selbstverständlich freut es mich, dass es von Libellenlarven nur so wimmelt, aber die kleinen grauen Killer-Torpedos – die übrigens die spärliche Brut der wenigen überlebenden Frösche komplett vertilgt haben – besitzen nun einmal nicht die dekorativen Qualitäten schimmernder Goldfische, von den meditativen ganz zu schweigen. Feng, Shui und Familie werden hier zwar keine Nachfolger bekommen, weil ich ein derartiges Desaster nie wieder erleben möchte – aber sie fehlen schon sehr!
»… während du eifrig andere Pläne machst«: Scharbockskraut
»Das Leben«, hat John Lennon gewusst, »ist das, was dir passiert, während du eifrig andere Pläne machst.« Die Einsicht, wie recht er damit hatte, wuchs mir letztes Frühjahr buchstäblich zu – und das ausgerechnet, nachdem ein Plan so grandios aufgegangen schien: Ich hatte es tatsächlich geschafft, eine beträchtliche Menge Giersch zu kompostieren. Spurlos und ohne dass er, wie von Nachbarn mit diesem genüsslich katastrophenträchtigen Unterton vorhergesagt, schon beim Versuch den ganzen Garten überrannte.
Das dominante Doldengewächs – eine der wenigen Pflanzen, deren Eroberungszügen militärische Terminologie absolut angemessen ist – hatte im vorhergehenden Frühsommer von seinem Rückzugsgebiet unter den alten Sträuchern aus unerfreulich breitflächige Geländegewinne verzeichnet und war dabei dicht an einige Pflanzen vorgerückt, auf deren Anwesenheit ich deutlich mehr Wert lege. Also grub ich eine stattliche Giersch-Menge aus und hatte ein Problem: Das üppige Laub und die viele anhängende Erde waren viel zu schade zum Wegwerfen, aber schon beim bloßen Gedanken, alle – alle! – weißen Würzelchen penibel auslesen zu müssen, spürte ich ein unterschwelliges nervöses Kribbeln. Dann lieber komplett kompostieren – unter verschärften Sicherheitsbedingungen, versteht sich.
Aus einem Schnellkomposter konstruierte ich so etwas wie einen Spezialknast für besonders gefährliche Pflanzen: Standort auf offenem Boden, damit ich jeden Ausbruch im Keim ersticken konnte, dickes Sackleinen zuunterst, darauf Strauchwerk, dann halbreifer Kompost. Dann erst kam der Giersch, mit reichlich Pferdemist unterfüttert, durchmischt und zugedeckt, damit er schleunigst möglichst hoch erhitzt wurde. Es klappte bestens: Der Giersch verging in seiner Hitzepackung so schnell, dass ihm nicht einmal mehr Zeit blieb, letzte Fluchtversuche durch die Ritzen des Komposters zu starten. Alles fiel rasant in sich zusammen, massenhaft Würmer fanden sich ein, und ich konnte auf jeder Gartenrunde mit tiefer Genugtuung den Deckel heben, um mich am rapiden Wandel des grünen Eroberers in besten Dünger zu weiden. So etwas mag Nicht-Gärtnern zwar kindisch klingen – aber Triumphe über Aegopodium podagraria sollte man wirklich mit vollem Herzen auskosten: Sie sind selten genug.
Im Herbst war alles waldduftende Erde, die ich im Hochgefühl einer gemeisterten Herausforderung über den ganzen Garten verteilte. Zurück blieb ein Rest, mit dem ich im Frühjahr die Kübelpflanzen verwöhnen wollte. So der Plan, doch es kam anders: Anfang April war der braune Hügel plötzlich dunkelgrün, flächendeckend von glänzenden herzförmigen Blättchen überzogen. Überall dort, wo ich beim Verteilen gekrümelt hatte, zogen sich ebenfalls saftig grüne Bahnen. Das konnte doch nicht etwa …? Doch. Es war Scharbockskraut – und zwar in Massen. Dass es an einigen Stellen den Giersch durchzog, hatte ich im Sommer, in dem es längst eingezogen hatte, schlicht vergessen, und damit, dass seine Brut- und Wurzelknöllchen so absolut kochfest sind, hätte ich ohnehin niemals gerechnet. So hatte mich hinterrücks das botanische Leben eingeholt: Das Scharbockskraut hatte bestens überstanden, was sogar dem Giersch den Garaus gemacht hatte, und meinen Rundum-Verbreitungsservice unverzüglich genutzt: Überall glänzten bald die typischen dunklen Blätterherzchen.
Es war die totale Niederlage, denn über viele Jahre hinweg hat es mich reichlich Handarbeit gekostet, das vermehrungsfreudige Grünzeug auf den einzigen Platz zu beschränken, auf dem es willkommen ist: auf eine dünn mit Erde bedeckte alte Betonplatte. Hier, wo – außer dem Giersch natürlich – alles andere aufgibt, öffnet es im zeitigen Frühjahr mit jedem Sonnenstrahl seine unzähligen Sternchen in einer intensiv dottergelben Leuchtfarbe, die mir normalerweise viel zu krass wäre. Nach einem langen, düsteren Winter aber ist sie nicht nur für die massenhaft anfliegenden Insekten, sondern auch für die entzugsgeplagte Gärtnerseele so etwas wie Balsam. Leider denkt etwas derart Konkurrenzkräftiges natürlich nicht daran, sich kampflos domestizieren und einschränken zu lassen, und in meiner Anfänger-Naivität hielt ich die gelben Sternchen überall zunächst auch noch für eine nette Bereicherung. Seit ich aber reichlich kraftlos um Hilfe winkende Mitgewächse aus den erstickenden grünen Teppichen befreien musste, weiß ich’s besser und schränke die wuchernde Wildpflanze rigoros ein. Entgegenkommenderweise verrät sie sich ja über eine kurze Zeitspanne durch dieses unübersehbare Gelb, leicht zu ziehen ist sie dann auch, und so kamen wir alles in allem ganz gut miteinander aus.
Bis jetzt: Diesen Frühling werde ich wohl rekordverdächtig jäten müssen, wenn nicht alles flächendeckend unter Scharbockskraut verschwinden soll, denn letztes Jahr dürfte mir während der kurzen Vegetationsperiode ein guter Teil der selbstverursachten Invasion entwischt sein. Immerhin reichlich Gelegenheit, in Ruhe darüber nachzudenken, wie sehr John Lennons weise Erkenntnis auch auf das Gärtner-Leben zutrifft!
Frühlingsgefühle
Das Wunderbare am Mai ist die Qual der Wahl. Ich weiß nie, worüber ich mich am meisten freuen soll: frisches Grün, duftende blassviolette Nachtviolenschleier, verheißungsvoll anschwellende Mohn- und Rosenknospen – oder ist es etwa doch mein ebenso winziger wie üppiger Nutzgarten? Der misst, großzügig gerechnet, etwa zwei auf zwei Meter und liegt zwischen dem großen Apfel- und dem kleinen Quittenbaum. Auf der einen Seite begrenzt ihn der rötlich knospende Burgunder am Zaun, auf der anderen das Grasfleckchen, das »Rasen« zu nennen eine Vermessenheit wäre. Um diese Jahreszeit bekommt das Stückchen Erde dazwischen noch so viel Licht, dass ich mich hier auch mal so richtig selbstversorgertüchtig und autark fühlen darf – zumindest, was Salat