Mein Garten, mein Paradies. Susanne Wiborg

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Название Mein Garten, mein Paradies
Автор произведения Susanne Wiborg
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783888979934



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mitkommende Fünfzigerjahre-Mörtel die Ruinen-Vorliebe von Hedera helix in einem ziemlich düsteren Licht erscheinen: Offenbar lässt er auch hier nichts unversucht, um sich ein artgerechtes Biotop zu erschaffen.

      Nach diesem Aufwärmen kamen Apfel- und Birnbaum an die Reihe, die mit ihren knapp mannshohen grünen Pullovern gewöhnlich sehr adrett aussehen, ganz zu schweigen davon, dass ihr Efeupelz ein beliebtes Weinbergschnecken- und Zaunkönigdomizil ist. Im Moment war da allerdings nichts mehr mit adrett: Die beiden erinnerten eher an indignierte alte Damen, die erschrocken aus einem heftig ausfransenden Spitzenkragen spähten, so energisch strebte der Efeu schon wieder kronenwärts. Der Uralt-Apfelbaum hatte deutlich unter seiner malerischen Umklammerung gelitten, denn beim Efeu-Abreißen kam nicht nur die Rinde in ganzen Stücken mit, vielmehr sah das Freigelegte auch noch unerfreulich modrig aus. So verordnete ich Malus kurzerhand eine Efeupause zum Erholen, sprich: Ich legte den Stamm und seine Umgebung so weit frei, dass der Wucherer einige Zeit für den Rückweg brauchen würde. Dass dabei für mich endlich auch richtige Gartenarbeit raussprang, war der Vorteil am Rande: Das Ziehen der langen Triebe war anstrengend und daher wunderbar befriedigend, und die Belohnung folgte buchstäblich auf dem Fuße: auf dem des Apfelbaums nämlich. Überall rundum kamen jetzt die ersten zaghaften Spitzen der Krokusse zum Vorschein, die ich unter mehreren Schichten Efeu längst vergessen hatte. Während ich wie ein wandernder, tentakelgeschmückter Riesenbusch einen Schwung Endlosranken nach dem anderen kompostwärts beförderte, genoss ich die allerbeste Saisonauftakt-Laune dabei von Herzen: Zum ersten Mal nach all den dunklen Monaten konnte ich wirklich glauben, dass selbst im fiesen Februar der Frühling eigentlich schon um die Ecke wartet.

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      Spontane Zwerge: Elfenkrokus

      Es gibt zwei Sorten von Vorfrühlings-Blühern: die Geduldigen und die Spontanen. Die Ersten erlauben es winterfrustrierten Gärtnern netterweise, sich über die längsten, dunkelsten Monate des Jahres hinweg wenigstens an ihrem Wachstum mitzufreuen. Narzissen und Schneeglöckchen gehören dazu, deren elegante grüne Spieße im Stop-and-Go-Verfahren jedes bisschen Wärme mit einem vielversprechenden Schub quittieren, um dann bei Kälte wieder still abzuwarten. Oder die Helleborus, die meine ewigen gärtnerischen Ungeduldstouren rund ums Revier schon sehr früh mit sichtbaren Knospenansätzen belohnen. Die ducken sich dann wochenlang an die Hauswand wie winzige, in eine üppige Krause gekuschelte Eier – das lebende, tröstliche Prinzip Frühlings-Hoffnung.

      Auf der anderen Seite steht der botanische Knalleffekt: Blüten, die mit der ersten kräftigen Vorfrühlingssonne so urplötzlich da sind, dass ich eigentlich nur noch auf ein fröhliches »Peng!« warte, wenn sie aus der Erde und mir buchstäblich in den Weg zu springen scheinen. Denn dass diese temperamentvollen Typen auch noch eine Vorliebe für unkonventionelle Standortwahl haben und jede Pflasterritze nutzen, versteht sich von selbst. Prototyp solcher Schnellblüher sind hier die zierlichen Elfenkrokusse: Zwar weiß ich eigentlich, wo sie stehen, aber ihr blitzschnelles Erscheinen ist jedes Mal eine glückliche Frühlingsüberraschung: Ist es wirklich endlich so weit? Abends schien noch alles kahl, aber in der ersten vollen Sonne leuchten sie dann überall: helle, fast durchsichtig violette Kelche, von Flieder bis dicht an Purpur, in der Mitte ein aparter safrangelber Stempel. Crocus tommasinianus wirkt ganz besonders zart und elegant, weil die Unterseite nicht – wie bei vielen anderen Krokussen – kräftig gestrichelt, sondern einfarbig hell ist. Dieses matte, pudrige Silberweiß verstärkt das Blassviolett der Kelche, und so schimmern dann lauter graziöse kleine Amethyste da, wo eben noch winterliche Tristesse herrschte.

      Ich liebe Elfenkrokusse nicht nur wegen ihres unwiderstehlichen Charmes, ich liebe sie ebenso, weil sie mich lieben. Oder vielmehr: Sie lieben meinen Garten – und das ist alles andere als selbstverständlich. Die meisten Krokusse tendieren hier dazu, sich von der Kombination aus bindigem Boden und rauem Klima unverzüglich schaudernd zu verabschieden. Die Elfenkrokusse aber blühen und vermehren sich gleichermaßen üppig, ohne dass sie dabei mehr Unterstützung benötigen als gar keine. Sie möchten einfach nur in Ruhe gelassen werden, bis sie Samen gebildet und eingezogen haben. Beides geht sehr schnell, und sobald sie wieder in der Zwiebel ruhen, stört sie nichts mehr, weder Dürre noch Dauerregen. Die violetten Zwerge sind also ebenso robust wie dekorativ – und was mehr kann man von einer Pflanze verlangen?

      Hier in Norddeutschland gehört der Elfenkrokus, der ursprünglich aus Dalmatien stammt, zu den »Stinsenpflanzen«, abgeleitet vom friesischen Wort für »Steinhaus«. Steinhäuser waren einst den Wohlhabenden vorbehalten, die es sich auch leisten konnten, ihre Residenzen mit seltenen Pflanzen zu umgeben. Viele von ihnen, etwa Märzenbecher und Milchsterne, verwilderten später, sowohl in der Natur als auch am Ursprungsstandort. Berühmtestes Beispiel ist der jahrhundertealte, überwältigende Krokusteppich am Husumer Schloss mit seinen etwa fünf Millionen Crocusnapolitanus-Pflanzen.

      Wer ähnliche Pracht en miniature nachpflanzen möchte, findet dafür in dem robusten Elfenkrokus einen willigen Partner auch an ungünstigeren Standorten. Es muss nicht gleich ein Schlosspark, es muss nicht einmal Rasen sein: Am Gehölz- und Wegrand macht der kleine Violette eine wunderbare Figur, und meine Beete sind inzwischen voller eingewanderter Elfenkrokusse, die sich nach der Blüte, ihr verwelkendes Laub bestens verdeckt durch andere Pflanzen, fröhlich vermehren, während der Ruhephase gärtnerische Aktivitäten in keiner Weise übel nehmen und mit ihrem großen Vorfrühlings-Auftritt sowohl mich als auch die ersten Insekten restlos begeistern.

      Elfenkrokusse en masse haben eigentlich nur einen einzigen Nachteil: Man muss sie erstmal ansiedeln. Die Zwiebeln sind winzig und überdies im Großhandel verlockend preiswert – eine tückische Kombination: Im ersten hochsommerlichen Anfänger-Überschwang bestellte ich gleich neunhundert, und die verpassten mir im Herbst eine Art gärtnerischen Realitätsschock. Verstärkt wurde der noch dadurch, dass die Zwiebelchen so dankenswert robust sind wie die ganze Pflanze und ich daher prompt der Versuchung erlag, all die Empfindlicheren vorzuziehen. Und weil eine Blumenzwiebel bekanntlich nie allein kommt – bei mir schon mal gar nicht – wurde es Advent, bis die Elfenkrokusse endlich an der Reihe waren. In düster-feuchter Kälte kniend, mit klammen Fingern all diese Minis einzeln einzubuddeln, war schon ein Gartenerlebnis der besonderen Art. Aber wie sehr sich so etwas schließlich lohnt, brauche ich ja keinem glücklich verrückten Gärtner zu erzählen – erst recht nicht jetzt zum Saisonbeginn!

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      Das Gewässer des Grauens

      Dass der schöne letzte Arktiswinter auch einen hohen Preis kosten würde, zeichnete sich schon beim ersten Zwischen-Tauwetter ab: Etwas Rötliches leuchtete unter dem Teicheis hervor. Es war Shui. Glänzend in sattem Orange, von langen Flossen umwallt, makellos bis zur letzten blanken Schuppe – aber tot. Ausgerechnet Shui! Sie war nicht nur die Schönste meiner Goldfische, sie und Feng waren auch die, mit denen das Wasser im Garten buchstäblich gewachsen war: vom Holzfass über die Riesen-Mörtelwanne zogen die Fische schließlich in einen kleinen Teich. Dass sie den nicht einmal mehr vorübergehend zu verlassen gedachten, machten sie mir dann schon im ersten Herbst nachdrücklich klar. Sie verschwanden unauffindbar ins mehr als Metertiefe, sobald es kalt wurde, und ins Wohnzimmer-Aquarium zog stattdessen ihr Nachwuchs: winzige schwarze Fischchen, die über den Winter eine fast magische Verwandlung vollführten: Sie wechselten zunächst in eine metallische Messingfarbe, dann in reines Gold und schließlich ins erwachsene Strahlendrot. Einige hatten von Mutter Shui die lang gezogenen Flossen und das lebhafte Temperament geerbt, andere schlugen mehr nach Fengs behäbiger Karpfenseite – und alle sahen sie verschieden aus.

      Ja, ich weiß: Goldfische sind der flossentragende Horror ökologisch korrekter Teichbesitzer, aber mir war das egal: Ohne Feng und Shui hätte es hier überhaupt keinen Teich gegeben, und ich liebte sie einfach allesamt. In seinem grünen Rahmen brachte der Schwarm gleichzeitig Leben und Ruhe in die Gartenmitte, und wenn die schimmernden roten Rücken auftauchten und mit dieser lautlosen, fast meditativen Gelassenheit wieder versanken, verstand ich genau, weshalb Goldfische, das allererste Luxus-Haustier der Menschheit, in so vielen Kulturen als Glückssymbole