Название | Food Code |
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Автор произведения | Olaf Deininger |
Жанр | Медицина |
Серия | |
Издательство | Медицина |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783956144486 |
KAPITEL 2
IN DER KÜCHE
# Die neuen vernetzten Küchengeräte # Wenn der Roboter kocht # Der Mixer macht Data-Mining # Die Pod-People und ihre Do-it-yourself-Machines # Künstliche kulinarische Intelligenz
Der Ehemann ist erschöpft. Und genervt. Widerwillig spült er das Geschirr. Die Kamera fährt auf sein schweißnasses Gesicht. Eine Stimme aus dem Off erklärt: »Wenn Vater spülen müsste, wäre noch heute ein Geschirrspüler von Miele im Haus.« Dann zeigt der Film den ultramodernen Vollautomaten: »Bequeme Frontalbeladung, doppeltes Breitstrahlsystem«.
Wer alte Fernsehwerbungen der 1960er-Jahre auf YouTube anschaut, blickt in eine Küche voll massiver Technik, die beim Kochen, Spülen und Kühlen hilft. In dieser »Hausfrauenwelt« stehen Qualitäten wie »solide gebaut« und »Zuverlässigkeit« ganz vorne. Den technischen Fortschritt bringt in dieser alten Werbewelt der Mann nach Hause – und zwar sobald er mit der anstrengenden Welt seiner Frau in der Küche konfrontiert ist.
Die neuen vernetzten Küchengeräte
Sechzig Jahre später sind spülende Väter in der Werbung keine Exoten mehr. Und auch die Zahl der kochenden Männer nimmt stetig zu. Noch immer bringen sie gerne technische Hilfsmittel mit nach Hause. Heute aber eher in Form von Smartphone-steuerbaren Bluetooth-Thermometern für den Steak-Abend. Die Küchen-Gadgets sind im Vergleich zu früher feiner, kleiner, smarter und digitaler geworden. Mit einer Wachstumsrate von 23 Prozent ist dieser Teil der Elektronik im Haushalt ein vielversprechender Markt. Weltweit soll der Markt für smarte Küchengeräte laut den Analysen der englischen Beratungsfirma Technavio bis 2023 um gut 16 Milliarden US-Dollar wachsen.
In Gütersloh ist seit 1907 der Hauptsitz der Firma Miele. Hier fingen die Gründer um die Jahrhundertwende an, Milchzentrifugen und Buttermaschinen für die Landwirtschaft zu fertigen, bevor ihnen mit den ersten motorbetriebenen Waschmaschinen der Durchbruch zum Massenmarkt gelang. Heute arbeiten weltweit über 20.000 Menschen bei dem Konzern, davon 5.000 in Gütersloh. Auf zwei Stockwerken der Firmenzentrale wurde ein »Open Space« eingerichtet – ein offenes Innovationslabor. Hier arbeiten Designstrategen, UX-und UI-Developer und Manager für »Digital Solutions« mit dem Ziel, das Unternehmen transformativ zu verändern und Ideen für die digitale Zukunft zu entwickeln. UX steht für »User-Experience« und befasst sich mit den Erfahrungen, die ein Kunde über die verschiedenen Berührungspunkte mit dem Unternehmen macht. Beispiele sind die Nutzung der Smart Home App, der Kontakt mit der Service-Hotline und in anderen Unternehmensbereichen auch die Gestaltung von Webseiten und Anzeigen. UI bedeutet »User-Interface« und fokussiert die Oberflächen, wie etwa das Design der Miele-Website oder das der Miele-App.
Die meisten Mitarbeiter im Innovationslabor »Smart Home« beschäftigen sich mit den unterschiedlichsten Elementen des vernetzten Haushalts, erzählt Henrik Holkenbrink, Strategic Concepter für UI und UX bei Miele Smart Home. Sie suchen Antworten auf Fragen wie: Wie sieht der Mixer der Zukunft aus? Wie gestaltet sich die Oberfläche der App, die den Backofen steuert?
In der Abteilung arbeiten Designer, Entwickler und Data Engineers zusammen, um smarte Kameras in Küchengeräte einbauen, sodass der Ofen mithilfe von lernenden Algorithmen immer mehr Gerichte automatisch beim Einschieben der Bleche erkennt.
Man dürfe aber nicht am »Peak of Perfection« hängen bleiben, warnt Roland Napierala, Business Designer bei Miele. Bedeutet: Es dürfe bei Innovationen am Ende nicht nur um eine weitere Optimierung bereits ausgereifter Produkte gehen. Zum Beispiel den etwas verbesserten Klang einer Ofentür oder die noch gleichmäßigere Bräunung von Keksen. Das reiche nicht. Es gelte weiter zu denken, betont er, und zwar nicht mit Blick auf das technisch Machbare, sondern bezüglich Innovationen mit einem wirklichen Kundennutzen.
Sven Schneider, zuständig für strategisches Design und Innovation, ist für die Firma viel gereist und hat mit vielen Menschen darüber gesprochen, worum es ihnen in der Küche geht. Im Home-Office sitzt er vor einer riesigen Weltkarte. »Es ist egal, wo du fragst«, sagt er, »ob in den USA, Korea, Schweden oder Kanada, die Antworten sind alle ähnlich. Es geht allen um Gesundheit, Nachhaltigkeit und Convenience.« Kollege Napierala ergänzt: »Die drei Begriffe kann dir allerdings jeder nennen, aber klapp doch mal als Beispiel die Karte Gesundheit auf. Eine hochkomplexe Angelegenheit.«
Wichtig ist aus seiner Sicht – bei aller Faszination für praktische technologische Lösungen –, zu akzeptieren, dass gerade in der Küche viele verschiedene Prozesse ablaufen und diese für jeden ganz unterschiedlich funktionieren. Sein Ziel in der Innovationsentwicklung sei es daher nicht, einfache Antworten zu liefern, sondern diese Individualität und Komplexität zu akzeptieren und Lösungen dafür zu finden. Nicht alles kann man selbst erfinden. »Wir betrachten aus der Anwenderperspektive die vielen individuellen Situationen, in denen sich die Kunden rund ums Essen in Zukunft befinden.« Sein Kollege Sven Schneider ergänzt: »Aus dieser User-Experience Lösungen zu entwickeln, das ist es, was uns antreibt.« Daten sind dabei nur ein Teil des Spiels, betonen sie.
Schnell kommt man in der Smart-Kitchen-Szene auf »Moley« zu sprechen, die erste »Roboterküche der Welt«, wie das britische Startup schon 2015 stolz verkündete. Der aus zwei Roboterarmen bestehende automatische Koch feierte damals als Prototyp auf der Hannover Messe Premiere. Moley Robotics wollte die futuristisch kochenden Roboter, die von über zwanzig Motoren angetrieben werden und über unzählige Sensoren verfügen, im Jahr 2020 für 14.000 Euro in den Handel bringen. Doch daraus wurde bislang nichts.
»Ich glaube nicht, dass da so ein Ding in der Küche stehen wird«, meint Roland Napierala. »Der Roboter wird die Zwiebel nicht schneiden.« Klar kann ein Algorithmus das beste Schneidevideo auf YouTube finden oder statt einer Zwiebel eine kleinere Schalotte vorschlagen, vielleicht sogar das richtige Messer auswählen. Aber es gäbe Dinge, die können Menschen einfach besser als Maschinen. »Du kannst mit Technologie ganz viel personalisieren und individualisieren, am Ende steht aber der Mensch in der Küche und muss eine Zwiebel schneiden, und dann ist es vorbei mit KI.«
Die koreanische Konkurrenz von Miele sieht dagegen durchaus einen Zukunftsmarkt für die Roboterkollegen in der Küche. Die Firma Samsung präsentierte die neueste Version ihres »Bot-Chef« auf der Elektronikmesse CES 2020 in Las Vegas. Die beiden weißen von der Küchenzeilendecke hängenden Roboterarme schnitten in der Showküche Feta, gossen Olivenöl in Pfannen, füllten die Kaffeekapsel-Maschine nach und wischten am Ende auch noch durch. Alles eher im Zeitlupentempo, aber mit durchaus viel Fingerspitzengefühl der jeweils drei mechanischen Roboterfinger am Ende der Arme. Die vorgestellte Zukunftsstudie wurde in Kalifornien dabei nicht als Ersatz für den Mensch in der Küche beworben, sondern als nützliche Hilfe − als sogenannter Ko-Bot, der mit dem Koch oder der Köchin zusammen arbeitet.
Der ebenfalls aus Südkorea stammende Mitspieler bei der digitalen Küchentechnik LG Electronics entwickelt für seine Roboterhelferschar im Haushalt, zu der auch ein Chef-Bot für die Küche gehört, bereits eigene KI-Chips, die mit künstlicher Intelligenz »physische und chemische Veränderungen in der Umwelt« erkennen sollen, um neben Staubsaugern und Wischgeräten auch Kochrobotern bessere Orien tierung