Roadmap durch die VUCA-Welt. Dennis Willkomm

Читать онлайн.
Название Roadmap durch die VUCA-Welt
Автор произведения Dennis Willkomm
Жанр Зарубежная деловая литература
Серия
Издательство Зарубежная деловая литература
Год выпуска 0
isbn 9783739801445



Скачать книгу

Bild. In diesem versucht das Team nun, Muster zu erkennen. Auch eventuelle Meinungsverschiedenheiten und unterschiedliche Ansichten sind hier willkommen, denn sie dienen dazu, das gemeinsame Bild zu hinterfragen. Am Ende sollte dann aber ein Bild entstanden sein, das alle Widersprüche integriert hat und das alle Teammitglieder als gemeinsame Ausgangsbasis teilen.

      Nun wird es richtig spannend, denn als nächsten Schritt beginnen die Teammitglieder, Ideen zu generieren. Dabei greifen sie auf eine große Auswahl wirksamer Kreativitätstechniken zurück. In der Welt der Beratung und des Trainings finden sich mittlerweile unzählige gute Angebote, in denen neben den Grundlagen des Design Thinking auch viele Methoden und Techniken vermittelt werden, die man in der Praxis anwenden kann. Aber der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt und alles, was gute Ideen produziert, gehört in diese Phase.

      Die so entstandenen Ideen werden dann strukturiert und mit dem gesamten Team diskutiert. Oftmals fasst man hier noch einmal ähnliche Ideen zusammen oder nimmt Erweiterungen vor, um Aspekte anderer Ideen zu integrieren. Dann werden aus den Ideen diejenigen ausgewählt, die bezüglich Attraktivität, Umsetzbarkeit und Wirtschaftlichkeit am vielversprechendsten erscheinen. Eine Grundannahme des Design Thinking besteht nämlich darin, dass Innovation in der Schnittmenge der drei Domänen Technologie, Wirtschaft und Menschen entsteht. Diese sind repräsentiert durch die Eigenschaften Umsetzbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Attraktivität. Die drei Faktoren müssen in einem gesunden Gleichgewicht sein, damit sich eine Innovation auch wirklich etablieren kann. Daher sollte das Team bei der Ideenauswahl auf die Ausgewogenheit der drei Faktoren achten.

      Im nächsten Schritt spiegelt sich das Prinzip der kurzen und schnellen Feedbackzyklen wider. Das Team entwirft einen ersten Prototyp, aus dem es Erkenntnisse gewinnen kann. Dabei werden Hypothesen formuliert, die schnell getestet werden können. Auch hier sollten der Kreativität wieder keine Grenzen gesetzt sein. Prototypen haben dabei nicht den Anspruch schon ein fertiges Produkt zu sein. Eine App kann zum Beispiel einfach simuliert werden oder es werden Hypothesen durch Rollenspiele getestet. Wichtig ist, dass das Feedback von der Zielgruppe erfolgt, für die die Lösung gedacht ist.

      Man erzählt, dass ein großer Versandhändler für Schuhe als ersten Prototypen eine Webseite geschaltet habe, über die Bestellungen abgegeben werden konnten. Ziel war es, zu überprüfen, ob es Akzeptanz finden würde, Schuhe online zu bestellen. Denn es wäre ja durchaus möglich, dass die Kunden es bevorzugten, vor Ort den Schuh auch anprobieren zu können. Daher wurde noch kein großer Aufwand betrieben, sondern mit minimalistischen Mitteln erst einmal ein Prototyp erstellt und Feedback gesammelt. Die Bestellungen wurden dann im Schuhladen um die Ecke eingekauft und per Post an die Onlinekunden versendet. Nachdem die Hypothese, dass Menschen die Möglichkeit einer Onlinebestellung attraktiv fanden und nutzen würden, zumindest nicht widerlegt wurde, ging man dann den nächsten Schritt und legte auch eigene Lager an. Hätte sich herausgestellt, dass keine Akzeptanz für diese Art des Schuhkaufs bestand, dann wären die Verluste sehr klein und gering gewesen, da noch keine Lagerkosten entstanden und Bestände aufgebaut wurden.

      An diesem Beispiel erkennen Sie auch den nächsten Schritt in der Kette: das Team muss seinen Prototyp ordentlich testen, um die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Sie sollten keine Scheu davor haben, einen Prototyp zu verwerfen, wenn Sie feststellen, dass die ursprüngliche Hypothese nicht zuzutreffen scheint. Hier haben Sie dann immerhin eine wichtige Erkenntnis gewonnen und können sich auf die Entwicklung einer neuen Idee fokussieren.

      Der Innovationsprozess muss an dieser Stelle aber noch lange nicht abgeschlossen sein. Auf den gewonnenen Erkenntnissen aufbauend, kann das Team nun wieder starten und den Prozess von vorne durchlaufen. Design Thinking lässt sich somit auch gut mit Scrum oder anderen (agilen) Vorgehensmodellen kombinieren.

      Design Thinking steht an dieser Stelle stellvertretend für eine Reihe von Kreativtechniken, die Unternehmen verwenden, um Kreativität und Innovation zu fördern. Sehr bekannt sind zum Beispiel auch die Google Designsprints1, die einen sehr ähnlichen Ansatz verfolgen wie Design Thinking. Dabei werden die verschiedenen Phasen innerhalb eines Sprints von einer Woche durchgeführt. Am Ende der Woche sollte ein Learning stehen, das weitere Schritte ermöglicht. An anderer Stelle finden Hackathons statt, bei denen Menschen die Möglichkeit haben, an innovativen Themen zusammenzuarbeiten, die nicht zum Tagesgeschäft gehören.

      Disruptionen

      Eine DisruptionDisruption ist eine Veränderung, die sich so verheerend auswirkt, dass sie alles bisher als gegeben Angesehene wie aus heiterem Himmel angreift und ablöst. Diese können so überraschend und unerwartet auftreten, dass sie alles, was bisher als gesetzt angesehen wurde, mit einem Mal auf den Kopf stellen. Ganz so, wie die Entdeckung des ersten schwarzen Schwans, wie Nassim Nicholas Taleb es beschrieben hat (Taleb 2015).

      Wir alle haben solche Disruptionen schon erlebt. In meiner Jugend ging ich, wenn ich die neuste Musik unterwegs hören wollte, zuerst in einen Supermarkt und kaufte mir eine Audiokassette. Dann setzte ich mich ans Radio und wartete, bis mein Lieblingslied gespielt wurde. Hier musste ich sehr auf Zack sein, um den Anfang mitzubekommen und rechtzeitig die Aufnahmetaste am Kassettenrecorder zu betätigen. Dann hieß es Daumendrücken, dass der Moderator nicht mitten in den Song hineinredete oder ein Falschfahrer sich auf die Autobahn verirrt hatte, so dass der Verkehrsfunk sich meldete. Wenn alles gut lief, hatte ich am Ende des Tages eine schön bespielte Kassette, die ich in meinen Walkman stecken konnte. Wenn ich mir ansehe, wie die junge Generation heute diese Herausforderung angeht, dann entdecke ich da kaum noch Gemeinsamkeiten. Die meisten Jugendlichen kennen so etwas wie Musikkassetten gar nicht mehr. Und Radio ist auch nicht unbedingt das Medium, das sie begeistert. Heute sind Streamingdienste auf jedem Smartphone zu finden. Und die Abos kosten kaum mehr als die Musikkassetten früher. Was für ein Luxus.

      Veränderungen vollziehen sich oft schleichend. Wenn die etablierten Unternehmen es bemerken, ist es oft schon zu spät. Von Musikkassetten ging man über zu CDs, die mehr Komfort boten und auch mobil mit einem Discman abgespielt werden konnten. Dann folgten die wilden Jahre des Musikdownloads und die goldenen Zeiten des MP3-Tausches. Die Musik wurde erst auf tragbaren MP3-Playern mitgenommen, dann wurden auch diese durch die Smartphones ersetzt. Irgendwann traten dann die Musik Streamingdienste ihren Siegeszug an. Und wem das nicht reicht, der kann gleich auf dem Smartphone noch das Musikvideo dazu streamen, was in meiner Jugend noch MTV übernahm. Auch wenn wir hier von einer Evolution sprechen können, die sich über mehrere Jahre hingezogen hat, so war doch der Schritt zu einer neuen Technologie eine Disruption, denn sie veränderte den Markt grundlegend.

      Disruptionen sind dabei keine Neuheit in der Menschheitsgeschichte. Zu allen Zeiten haben sie stattgefunden. Ob es die Erfindung neuer Werkzeuge in der Steinzeit war, oder die Ablösung des Segelschiffs durch das Dampfschiff. Disruptionen haben zu allen Zeiten für gesellschaftliche Veränderungen gesorgt. Wie zum Beispiel einer großen Veränderung in der Landwirtschaft durch die Einführung starker Maschinen, die die Handarbeit auf ein Minimum reduzierten.

      Allerdings bieten die technischen Entwicklungen der heutigen Zeit neue Möglichkeiten und beschleunigen diese Disruptionen enorm. Viele große Disruptionen der Vergangenheit waren nur großen Unternehmen oder sehr reichen Einzelpersonen möglich und der Wandel vollzog sich über einen längeren Zeitraum. Die Herstellung eines Dampfbootes, eines Automobils oder von Traktoren benötigte ein hohes Kapital. Durch die Digitalisierung haben sich hier die Grenzen verschoben. Start-ups können mit cleveren und smarten Ideen teilweise etablierte und finanziell um ein Vielfaches überlegene Konkurrenten angreifen und das Geschäftsmodell sogar ganz ablösen. Und das braucht auch je nach Geschäftsfeld nicht mehr Jahre, wie in meinem Beispiel mit der Musik, sondern kann auch über Nacht geschehen.

      Dabei spielen Plattformen eine große Rolle. Unternehmen wie Facebook, Amazon, Airbnb und Uber sind hier sehr anschauliche Beispiele. Ein Taxiunternehmen muss eine Menge Geld in die Hand nehmen, um Taxis anzuschaffen und so seine Fahrdienste anbieten zu können. Uber stellt nur eine Plattform zur Verfügung, über die Fahrdienstleistungen angeboten und in Anspruch genommen werden können. Sie müssen nicht ein einziges Taxi besitzen, um Dienstleistungen anzubieten und damit Geld zu verdienen. Für die Taxifahrer ist hier aus dem Nichts eine ernstzunehmende Konkurrenz