Roadmap durch die VUCA-Welt. Dennis Willkomm

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Название Roadmap durch die VUCA-Welt
Автор произведения Dennis Willkomm
Жанр Зарубежная деловая литература
Серия
Издательство Зарубежная деловая литература
Год выпуска 0
isbn 9783739801445



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Kunden in den Entwicklungsprozess, was, wie wir noch sehen werden, ein Grundbestandteil agilen Arbeitens darstellt.

      Im Gegensatz zu diesem sequenziellen Durchlaufen der verschiedenen Schritte und der Aufteilung der Arbeit unter mehreren Abteilungen, konnten Takeuchi und Nonaka bei ihrer Betrachtung im „New new product development game“ sehen, dass der Erfolg sich einstellte, wenn genau diese Abfolge aufgelöst wurde. Nicht nur Canon, sondern auch die anderen untersuchten Firmen hatten Teams gebildet, die interdisziplinär aufgestellt waren. Das heißt, aus allen Abteilungen, die an der Entstehung des Produktes beteiligt waren, war mindestens ein Vertreter in einem Projektteam zugegen. Dieses Projektteam konzentrierte sich auf nichts anderes, als das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Vorher hatten die Mitarbeiter im Rahmen ihrer Abteilung nur die Verantwortung für einen bestimmten Arbeitsschritt getragen. Nun waren sie, zusammen mit den anderen Teammitgliedern, dafür verantwortlich, dass das Produkt insgesamt fertig wurde und erfolgreich war. Zwar konzentrierten sie sich immer noch auf ihre Spezialgebiete, aber sie waren in einem engen Austausch miteinander und unterstützten sich auch bei fachfremden Aufgaben so gut es ging.

      Abb. 11:

      Interdisziplinäre Teamsinterdisziplinäre Teams decken alle Fachrichtungen ab und arbeiten iterativ.

      Durch die abteilungsübergreifende Teamaufstellung war es nun möglich, kleine Zwischenstände der Arbeit schon nach relativen kurzen Zeiträumen zu präsentieren und mit den Kunden zu testen. Durch die frühe Einbeziehung des Kunden war es auch möglich, dass er die Rückmeldung gab, dass ihm das Produkt in einem gewissen Zustand schon vollkommen ausreiche. Dann konnte das Team überflüssige Anforderungen einfach von der Liste streichen. Im Wasserfall zuvor wurde einfach der komplette Anforderungskatalog abgearbeitet.

      Lyssa AdkinsAdkins, Lyssa, die eine Verfechterin der agilen Vorgehensweisen ist, stellt in einem YouTube-Video sehr schön dar, welche Vorteile es mit sich bringt, statt auf Wasserfall auf interdisziplinäre Teams und kurze Zyklen zu setzen.3 Dabei vergleicht sie die Abarbeitung mit Schichten einer Hochzeitstorte. Beim Wasserfallmodell isst man sozusagen Schicht für Schicht der mehrlagigen Hochzeitstorte. Zuerst die Sahne (und zwar komplett), dann Biskuit (und zwar ebenfalls komplett) und so weiter, bis man schließlich am Boden angelangt ist. Kein besonders reizvoller Ansatz, um einen Kuchen zu essen. Will man eine Torte „agil essen“, schneidet man sich hingegen einfach ein Stück aus der Torte heraus und isst es auf. Dabei entfaltet sich dann der Geschmack, der sich aus den Kombinationen der unterschiedlichen Lagen ergibt. Und wenn man satt ist, dann hört man einfach auf. So lange schneidet man sich einfach Stück für Stück aus der Torte heraus. Auf welche Art und Weise würden Sie lieber eine Torte genießen?

      Das Agile Manifest

      Im Jahr 2001 fanden sich einige Vertreter aus dem Bereich der Softwareentwicklung zusammen und unterzeichneten gemeinsam das Agile Manifestagiles Manifest4. Auch wenn es im Bereich der Softwareentwicklung seine Wurzeln hat, so ist es so universell, dass sein Einfluss deutlich darüber hinausreicht. Heutzutage gibt es einige Initiativen, die sich dafür stark machen, das ursprüngliche Manifest zu überarbeiten und die Verweise auf die Software zu ersetzen oder das komplette Manifest noch einmal zu modernisieren. Aber auch in der momentanen Form bietet das Agile Manifest einen Kern von dem, was als Agilität in unterschiedlichsten Bereichen, Branchen und Domänen verstanden wird.

      Das Agile Manifest formuliert vier Werte und zwölf Prinzipien. Den Originaltext finden Sie in der Box. Die vier Werte, die im Agilen Manifest propagiert werden, werden ins Verhältnis gesetzt zu anderen Werten, die sich zumeist auf die gängigen Praktiken in der Realität der Unterzeichner wiedergefunden haben. Dabei wird der kleine Nachsatz, unterhalb dieser Werte, gerne einmal übersehen. Dieser weist darauf hin, dass die Unterzeichner durchaus einen Nutzen in den Werten auf der rechten Seite sehen, aber den Nutzen auf der linken Seite deutlich höher werten. Dies führt häufiger auch zu Missverständnissen, wenn über Werte im agilen Umfeld diskutiert wird. So hält sich zum Beispiel hartnäckig der Mythos, bei agilen Vorgehensweisen brauche man keine Dokumentation oder müsse nicht in die Zukunft planen. Dies ist natürlich nicht so, was die Verfasser durch den erwähnten Zusatz noch einmal unterstreichen wollten.

      An oberster Stelle steht im Agilen Manifest, dass Individuen und Interaktionen höher zu gewichten sind als Prozesse und Werkzeuge. Man möchte nicht mehr schriftlich miteinander kommunizieren, sondern durch direkten Kontakt und Kollaboration. Dies zeigt sich auch in den agilen Prinzipien, zu denen wir später kommen.

Manifest für Agile Softwareentwicklung
Wir erschließen bessere Wege, Software zu entwickeln, indem wir es selbst tun und anderen dabei helfen. Durch diese Tätigkeit haben wir diese Werte zu schätzen gelernt:
Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge
Funktionierende Software mehr als umfassende Dokumentation
Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung
Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans
Das heißt, obwohl wir die Werte auf der rechten Seite wichtig finden, schätzen wir die Werte auf der linken Seite höher ein.
Kent Beck James Grenning Robert C. Martin
Mike Beedle Jim Highsmith Steve Mellor
Arie van Bennekum Andrew Hunt Ken Schwaber
Alistair Cockburn Ron Jeffries Jeff Sutherland
Ward Cunningham Jon Kern Dave Thomas
Martin Fowler Brian Marick

      Abb. 12:

      Das Agile Manifest (eigene Darstellung nach http://agilemanifesto.org)5

      Den Ursprung aus dem Bereich der Softwareentwicklung sieht man sehr deutlich im zweiten Wertepaar, welches funktionierende Software über eine umfassende Dokumentation stellt. Hier kann Software ohne viel Fantasie durch ein begeisterndes Produkt, eine zufriedenstellende Dienstleistung oder was auch immer man liefern möchte, ersetzt werden. Den Autoren war dabei wichtig, darauf hinzuweisen, dass das Endprodukt im Fokus stehen sollte, nicht Dokumentation für interne Prozesse. Zwar kann man dadurch bei einem Fehlschlag sehr schön seinen Kopf aus der Schlinge ziehen (vielleicht kennen Sie auch das geflügelte Wort „Wer schreibt, der bleibt“), aber dem Kunden nutzt dies nur sehr wenig. In einer gesunden Kultur sollte immer der Kundennutzen im Mittelpunkt stehen, nicht der Selbstschutz.

      Das wird auch aus dem dritten Wertepaar ersichtlich, das die Zusammenarbeit mit dem Kunden über die Vertragsverhandlungen stellt. Natürlich braucht man im Geschäftsleben Verträge, aber viel wichtiger ist es, den Kunden von einer wertschätzenden Partnerschaft zu überzeugen und