Название | Gegenwindschiff |
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Автор произведения | Jaan Kross |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783955102630 |
›Einverstanden.‹
Ich dachte mir: Setzt dieser verdammte Flegel in allem Ernst darauf, dass Vater ein preußischer Ehrenmann alter Schule ist, der sein Wort hält? Er konnte davon ausgegangen sein, dass Vater aus einem Anflug von Wahnsinn sein Wort halten würde. Und nicht einmal ich wusste es – vielleicht würde Vater sich daran halten –, und in diesem Fall wäre Schmidt wirklich ein Schurke gewesen. Aber nein. Zu meiner Freude erwies sich mein Vater als etwas flexibler, als ich befürchtet hatte. Wissen Sie, seine Erfahrungen in Amerika haben ihm sehr geholfen. Er blieb nur drei oder vier Sekunden stumm. Dann brach er in Gelächter aus und sagte, mit beinahe gefasster Stimme:
›Hören Sie, Schmidt.‹ Er sagte: Hören Sie, Schmidt. Er hatte das Herr vergessen. Daran wurde auf verblüffende Weise deutlich, wie sehr er sich darüber ärgerte, dass er im Namen der Vernunft zu diesem Selbstbetrug gezwungen war. ›Hören Sie, Schmidt. Sie haben doch nicht wirklich geglaubt, dass mein Angebot ernst gemeint war?! Hahaha!?‹
Und ich muss sagen, Schmidt war nicht blöd. Er erwiderte mit einem trockenen Lachen:
›Nein, Professor. Sie dachten doch nicht wirklich, dass ich Ihr Angebot ernsthaft annehmen würde?! Dass Sie meine Unabhängigkeit erkaufen könnten – für neunhundert Mark im Monat?!‹«
»Nebenbei«, ergänzt Doktor Kelter, »beachten Sie Folgendes: Er hielt es nicht für nötig hinzuzufügen, dass es natürlich eine Schweinerei ohnegleichen gewesen wäre, neunhundert Mark im Monat einzustecken – sofern mein Vater sich wirklich darauf eingelassen hätte. Aber Schmidt sagte offenbar die Wahrheit, als er bestätigte, dass er das Angebot meines Vaters nicht ernsthaft in Betracht gezogen hatte. Er hatte es womöglich gesagt, weil er wissen wollte, wie mein Vater reagieren würde. Aber mein Vater, dieser gutherzige alte Narr, flunkerte natürlich. Als er sagte, sein Angebot sei ein Scherz gewesen. Denn zumindest in dem Moment, in dem er neunhundert Mark herausbrüllte, war er bereit, Schmidt die Summe zu bezahlen.«
»Nun«, Doktor Kelter trinkt Wermut auf seine Mandel. »Wie ich mich erinnere, tranken wir danach keinen Schnaps mehr. Vater blickte auf die Uhr und erklärte das Gespräch für beendet, Herr Schmidt könne nun los zu seinen Jüngern. Schmidt war damit unhöflicherweise augenblicklich einverstanden, und wir verabschiedeten uns voneinander. Noch am selben Abend fuhren wir zurück nach Berlin, und ich sah Schmidt mehr als zehn Jahre nicht mehr.«
Ich sage: »Aber dann trafen Sie ihn noch einmal in Bergedorf?«
»Ja, einige Monate vor seinem Tod.«
»Und wann kann ich Ihre Eindrücke von dieser Begegnung hören?«
»Hmm. Rufen Sie mich nächste Woche an.«
»Vorab noch eines: Zu dieser Zeit hatte er ja schon längst sein komafreies Teleskop erfunden. Sagen Sie: Müssen Sie in Anbetracht dieser Erfindung nicht zugeben, dass er ein Genie war?«
»Großer Gott«, rief Doktor Kelter ein wenig eitel, »warum belästigen Sie mich schon wieder mit diesem Wort?! Nun gut. Ich gebe zu: Er war genial. Sagen wir in seinem Fall nicht in dem Sinn wie ein blindes Huhn, das ein Korn findet, sondern wie ein einäugiger Hahn, der pickt und pickt und pickt, bis er einen Diamanten findet. Hahahahaa …«
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