Blackout, Bauchweh und kein' Bock. Timo Nolle

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Название Blackout, Bauchweh und kein' Bock
Автор произведения Timo Nolle
Жанр Документальная литература
Серия Beratung, Coaching, Supervision
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783849783433



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      •Motivation und Blockaden.

      Schwierigkeiten in Lern- und Leistungssituationen werden als eine mehrdimensionale Mischung dieser Themen mit unterschiedlicher Dosierung verstanden. Diese drei Perspektiven sind in Wechselwirkung miteinander verbunden. Sie erfordern unterschiedliche Denkmodelle über die Zusammenhänge, andere Arbeits- und Interventionsformen und verschiedene Haltungen bzw. innere Ausrichtungen bei den Therapeuten, Beratern und Coachs.

      Das Buch ist ebenfalls in der Systematik dieses Dreiecks aufgebaut. Es ist daher empfehlenswert, das Dreieck während des Lesens mental oder physisch präsent zu haben, um das Gelesene darin verorten zu können (s. Abb. 1).

      Die Buchkapitel, die die einzelnen Aspekte des PAC-Dreiecks abbilden und im Detail behandeln, sind immer in ein Theorie- und ein Methodenkapitel aufgeteilt. In den Theoriekapiteln werden viele empirisch-wissenschaftliche Studien referiert. Bei aller Kritik, die man aus einer konstruktivistischen Perspektive an diesen Studien haben kann, ist deren Kenntnis aus meiner Sicht wichtig, weil die Akzeptanz der beratenden Fachkräfte in akademischen Systemen wie Schule und Universität auch von deren wissenschaftlicher Fach- und Sachkenntnis abhängt. Obendrein kann hierdurch das Verständnis für die Wirkungsprinzipien mancher Methoden steigen.

      Die Methodenkapitel sind hingegen weniger wissenschaftlich, sondern mehr »hands-on«. Die Techniken und das Vorgehen sind konkret und bildhaft beschrieben. An vielen Stellen veranschaulichen Fallbeispiele das Geschriebene. Alle Beispiele stammen aus meiner Arbeit als Therapeut/Coach oder als Referent/Dozent. Sie sind anonymisiert, sodass die Personen nicht mehr erkennbar sind. Die Auswahl der Fallbeispiele spiegelt auch die Themenvielfalt wider, die im Kontext Lernen und Prüfung an die Fachkräfte herangetragen wird: von den ganz alltäglichen Stolpersteinen bis zu existenziellen Themen und Symptomen mit »Krankheitswert«, wie es klinisch arbeitende Kollegen nennen würden. Eine Besonderheit, fast schon eine Eigenheit, meiner Arbeit besteht darin, dass ich mit meinen Klienten fast ausnahmslos beim »Du« bin und daher auch die Fallbeispiele entsprechend formuliert sind. Ich bin mir bewusst, dass dies auf manche Kollegen einen unprofessionellen Eindruck macht. Meine Erfahrung ist jedoch, dass dies gut zu meiner Arbeitsweise passt und eine nützliche Nähe herstellt. Es bringt aber zugleich die Herausforderung mit sich, die Professionalität und notwendige Distanz in der Beziehung bewusst auf anderen Wegen herzustellen.

       Ansprache von allen Geschlechtern und mehreren Berufsgruppen

      Die Herausforderung zu bewältigen, einerseits gendergerecht zu schreiben und damit allerdings keine allzu großen grammatikalischen Probleme aufzuwerfen, ist mir nicht gelungen. Ich habe mich daher sprachlich für die männliche Form entschieden und bitte alle Lesenden eines anderen Geschlechts, sich auch angesprochen zu fühlen. Wo es möglich war, habe ich neutrale Formulierungen wie z. B. Lernende oder Lehrkräfte verwendet. Die dadurch entstehenden Wechsel bitte ich als anregende sprachliche Musterunterbrechung zu verstehen.

      Dieses Buch richtet sich an unterschiedliche Berufsgruppen: Therapeuten, Berater und Coachs, aber auch Lehrkräfte, Fachkräfte in der Schulsozialarbeit u. v. m. Aus Gründen der Lesbarkeit nenne ich immer die Berater und bitte die Angehörigen der anderen Berufsgruppen, sich ebenfalls angesprochen zu fühlen.

       1Grundlagen des Prüfungs- und Auftrittscoachings

       1.1Rolle und Selbstverständnis

      Die Anliegen und Themen von Klienten, um die es in diesem Buch geht, beziehen sich fast immer auf Kontexte mit einer klaren Unterscheidung und Vorstellung von richtig und falsch. In Klausuren in der Schule werden Aufgaben als richtig oder falsch bewertet, oder ein Referat im Seminar eines Studiums fällt mehr oder weniger zur Zufriedenheit der Lehrenden aus. Auch wenn keine äußere Bewertung stattfindet, erfolgt im Kopf der Klienten oft trotzdem eine Bewertung nach richtig und falsch. Zudem ist die Freiheit an Schulen, Hochschulen, Universitäten und auch im beruflichen Kontext mehr oder weniger eingeschränkt. Die Schulpflicht zwingt Kinder in die Schule, und wenn sie sich später für eine Ausbildung, ein Studium oder einen Beruf entscheiden, unterliegen sie bestimmten Regeln, die sie nicht selbst aufgestellt haben.

      Wenn sich Lernende wegen ihrer Schwierigkeiten Unterstützung suchen – z. B. wegen einer nicht bestandenen Prüfung –, tun sie das einerseits freiwillig, andererseits bestehen diese Schwierigkeiten meist erst vor dem Hintergrund des Bewertungskontextes der jeweiligen Institution, von dem aus die Unterstützung als Notwendigkeit empfunden wird. Der Anlass für die Anliegen der Klienten wird oft erst mit den jeweiligen kontextuellen Regeln und Bewertungsmaßstäben nachvollziehbar. Fast ausschließlich ist der Anlass das mehr oder minder ausgeprägte Scheitern an wie auch immer gearteten Lern- und Leistungsherausforderungen oder die Unzufriedenheit mit bestimmten Ergebnissen. Das, was jemand tut, wie jemand ist, was jemand kann, entspricht innerhalb eines bestimmten Bewertungsschemas nicht den definierten Anforderungen. Analog dazu geht es den meisten Klienten mehr oder minder um die Frage, wie sie diesen Anforderungen entsprechen oder wie sie damit umgehen können. Das Anliegen der Klienten steht damit oft in direkter Korrespondenz zum Bewertungskontext und den darin geltenden Regeln.

      Bei der Arbeit mit Menschen, die in Lern- und Leistungskontexten Schwierigkeiten erleben, kommt man nicht umhin, sich gegenüber diesen Bewertungskategorien und den gesetzten Regeln und Grenzen zu positionieren. Dies führt zunächst zu der Frage: Wer bin ich? Was soll meine Rolle sein?

      Bin ich der gute Mentor, der Mut zuspricht? Der Kontrolleur, der den Fortschritt überwacht? Der Menschenoptimierer? Der verlängerte Arm der jeweiligen Bildungsinstitution? Der weise Therapeut für Wunden und Verletzungen? Der allwissende Experte für perfekte Arbeitsorganisation und Lerntechnik? Der abstinent spiegelnde Supervisor?

      Mit dem Begriff Prüfungscoaching ist eine Richtung bereits gebahnt. Jedoch bedeutet dies nicht, dass damit auch zwangsläufig die Rolle eines Coaches verbunden ist. Der Begriff Coaching als Bezeichnung für das Unterstützungsangebot ist zieldienlich gewählt. Er steht gewissermaßen auf dem Türschild und soll Anschlussfähigkeit zu den (Bewertungs-)Kontexten anbieten. Im Alltagsverständnis wird Coaching assoziiert mit Training, Besserwerden, Optimieren, Neues Lernen und Einfinden in neue Rollen. Weil er zunächst kongruent mit den inhärenten Bewertungsschemata ist, passt er auch zu dem Problem-Erleben der Menschen in diesen Kontexten. Der Coaching-Begriff ist ein Beziehungsangebot, er erleichtert den Beziehungsaufbau mit dem Kontext der Person. Hingegen erleichtert er nicht unbedingt den Beziehungsaufbau mit der Person selbst, denn die Personen fühlen sich in den Bildungskontexten mit ihrer Individualität, ihren Bedürfnissen und ihren Talenten oft nicht ausreichend wahrgenommen. Prüfungscoaching ist immer in der Gefahr, sich selbst vor den Karren der gewinnmaximierenden Selbstoptimierung zu spannen oder gespannt zu werden und näher an die Ziele der Institutionen als an die der Menschen zu rücken.

      Die Frage nach der Rolle ist mit dem Titel Prüfungs- und Auftrittscoaching also noch nicht beantwortet, und es ist unbedingt zu empfehlen, sich auf keine Antwort festzulegen oder festlegen zu lassen. Zu vielseitig und wechselhaft können die Themen und Prozesse sein, die Menschen in ein Prüfungscoaching einbringen. Entsprechend vielseitig sind auch die Rollen, die wir einnehmen können.

       1.2Drei Perspektiven und Rollen des Prüfungscoachings

      Der Systematik vom Prüfungscoaching liegt ein mehrdimensionales, zirkuläres Modell von Schwierigkeiten in Lern- und Leistungskontexten zugrunde. Entstanden ist dieses Modell zunächst im Rahmen eines Beratungsangebots für Studierende der Universität Kassel, die Schwierigkeiten im Studium haben. Im Rahmen meiner Selbstständigkeit als Therapeut und Coach habe ich es weiterentwickelt.

      Obwohl es sich bei dem Angebot an der Universität Kassel um eine »sortenreine« Beratung zu ganz spezifischen Anliegen handelt, reicht das Themenspektrum der Klienten von konkreten Lernschwierigkeiten