Tatort Ostsee. Harald Jacobsen

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Название Tatort Ostsee
Автор произведения Harald Jacobsen
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783734994883



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Medizin! Und ich mach dir jetzt ein Brot.« Clara lächelte ihn zaghaft an. Vielleicht war sie gar nicht so schrecklich kalt, überlegte Hanjo und ging in die Küche. Clara hatte eigentlich gar keine Freunde. Sie war immer nur die Konkurrentin von Sarah gewesen und mit den alten Weggefährten hatte sie es sich längst selbst verdorben. Ihr fehlte es an Menschlichkeit und Humor. Diese Sophie, die war in Ordnung. Obwohl sie fremd war und aus der Großstadt kam, hatte sie einen Instinkt für Menschen. Sie war so freundlich und begeisterungsfähig. Fee war auch so gewesen. Warum hatte er sie nicht beschützen können?

      Stefan stand im Waschraum des Präsidiums vor dem Spiegel und versuchte, ein bisschen Ordnung in seine Frisur zu bringen. Sein Outfit war in Ordnung. Dunkelgrauer Anzug, weißes Hemd, klassische Krawatte. Er war rasiert und duftete nach dem Eau de Toilette, das Tina ihm geschenkt hatte. Die Pressekonferenz war für 10 Uhr angesetzt. Ihm blieben nur noch fünf Minuten. Dann musste er rein in die Höhle des Löwenrudels. Die Kamerateams waren bereits dabei, ihre Stative aufzubauen und die Tontechniker verkabelten die Mikrofone, die sie auf sein Rednerpult gestellt hatten. Es war eine ganze Meute Journalisten gekommen. Der Fall hatte durch die reißerischen Schlagzeilen ein ungeheures Interesse in der Bevölkerung geweckt. Außerdem war Sommer. Aus Verzweiflung über mangelnde Themen in der Urlaubszeit wurde gerne eine Geschichte für die Titelseite zurechtgebastelt, auch wenn sie zu einer anderen Jahreszeit als kleine unscheinbare Meldung geendet wäre. Stefan atmete noch einmal tief durch und öffnete die Tür. Es war wirklich die Hölle los. Sofort schleuderten die Journalisten ihm ihre Fragen entgegen. Stefan ging stur zum Pult und hob beschwichtigend die Hände. »Guten Morgen! Schön, dass Sie so zahlreich erschienen sind. Bevor Sie mir jetzt alle durcheinander Fragen an den Kopf werfen, schlage ich vor, ich setze Sie erst mal über den Stand der Ermittlungen in Kenntnis.« Die Pressevertreter beruhigten sich und Stefan gelang es, sie im üblichen Rahmen zu informieren. Die Journalisten schrieben hektisch mit und die Kameramänner sahen ihn durch ihre Objektive an. Nach 15 Minuten hatte Stefan viel geredet und wenig verraten. »Meine Damen und Herren, soweit die Infos von unserer Seite. Selbstverständlich können Sie mir jetzt noch Ihre Fragen stellen.« Diesen Teil jeder Pressekonferenz hasste Stefan besonders. Er kam sich immer vor wie in einem Kugelhagel.

      »Polizeioberkommissar Sperber«, begann der Erste. Er kannte den Journalisten. Frantzen oder Frentzen. Ein zäher kleiner Mann, der einem Terrier ähnelte. Er war von einem örtlichen Fernsehsender und schien mit nervtötender Penetranz seine Karriere ankurbeln zu wollen. »Wenn ich Sie richtig verstanden habe, wurden auf Fehmarn zwei Frauen brutal ermordet. Was tut die Polizei, um junge Frauen vor diesem Serientäter zu schützen?«

      »Ich habe nie von einem Serientäter gesprochen«, wiegelte Stefan die Frage ab. »Im Moment überprüfen wir, ob es zwischen den Morden überhaupt einen Zusammenhang gibt. Wahrscheinlich handelt es sich, wie bereits gesagt, um ein Beziehungsdrama. Also kein Grund …«

      »Können Sie Touristinnen noch mit gutem Gewissen einen Aufenthalt auf Fehmarn empfehlen«, kreischte eine junge Frau, die er noch nie gesehen hatte. Wahrscheinlich eine Praktikantin.

      »Die Frage gehört nicht in diese Pressekonferenz«, wies Stefan die Frau zurecht.

      »Sie eiern herum, Polizeihauptkommissar!«

      Stefan erkannte die Stimme von Andreas Becker vom Hamburger Abendblatt. Er war ein ruhiger Mann mit dem Blick fürs Wesentliche. »Herr Becker. Worauf wollen Sie hinaus?«

      »Mir scheint, Sie tappen vollkommen im Dunkeln. Sind Sie sich sicher, dass wir in den nächsten Tagen nicht wieder ein Mordopfer zu beklagen haben?«

      Stefan verbot sich, einen Schluck Wasser zu trinken. Man hätte es zu Recht seiner Nervosität zugeschrieben. Nein, er konnte nicht ausschließen, dass es weitere Opfer geben könnte. Im Gegenteil. Er fürchtete, dass auf Fehmarn etwas vor sich ging, das noch lange nicht zu Ende war.

      Sophie stoppte mit quietschenden Reifen auf dem Parkplatz des Universitätsklinikums. Das Gebäude des Rechtsmedizinischen Instituts lag auf dem Krankenhausgelände. Sie stieg aus dem Wagen und rief Lutz an. »Hey! Ich bin da.«

      »Wo genau?«, fragte er genervt.

      »Auf dem Besucherparkplatz. Ich komm jetzt rüber.«

      »Auf keinen Fall! Dich muss hier wirklich niemand sehen. Da ist ein Café, gleich auf der anderen Straßenseite. Siehst du das?«

      Sophie blickte sich um. »Café … den Namen kann ich nicht aussprechen.«

      »Genau das ist es. Geh dahin und warte. Ich bin in 20 Minuten da.«

      Sophie steckte die Tüte mit der Zahnbürste in ihre Handtasche und überquerte die Straße. Das Café war gut besucht, doch sie fand einen kleinen freien Tisch am Fenster. Sophie bestellte sich einen Kaffee und ein Sandwich, obwohl sie keinen Hunger hatte. Sie war viel zu aufgewühlt. Sie hatte immer noch Bens Geruch in der Nase. Er roch nach Salz und Sonne. Das Gefühl, Felix betrogen zu haben, konnte sie nicht abschütteln, obwohl sie wusste, wie lächerlich das war. Felix hatte die meisten Nächte mit seiner Frau verbracht. Sie hatte nur ein paar geklaute Stunden gehabt. Sophie riss sich zusammen. Über ihre Gefühle konnte sie später noch nachdenken. Im Moment sollte sie sich auf die Opfer und Olli konzentrieren. Wenn er tatsächlich so dumm gewesen war, der Polizei nichts von seinem Verhältnis zu Sarah zu erzählen, dann war die Frage: warum? Hoffentlich würde Lutz ihr tatsächlich helfen.

      »Du hättest mit dem Essen nicht auf mich warten müssen!«

      Sophie sah ihn verwirrt an. Tatsächlich hielt sie das Sandwich seit fünf Minuten in der Hand und hatte noch nicht einmal abgebissen. »Ich hab wohl doch keinen Hunger.« Sie legte das Sandwich zurück auf den Teller und warf die Papierserviette drüber. »Willst du dich nicht setzen? Einen Kaffee vielleicht?«

      Lutz schüttelte ungeduldig den Kopf. »Ich hab keine Zeit. Ich arbeite, falls dir das entgangen sein sollte. Das Ganze ist sowieso total bescheuert! Jetzt gib die olle Zahnbürste schon her! Dir ist doch klar, dass eine DNA-Analyse nicht in fünf Minuten gemacht ist.«

      Sophie nickte. Sie wusste, dass es Tage dauern würde und diese Zeit hatte sie nicht. »Und wenn du dich ganz doll beeilst?«

      »Mich ganz doll beeile?« Lutz sah sie an, als hätte sie den Verstand verloren. »Du wirst es nicht glauben, aber ich habe durchaus noch ein paar Dinge zu erledigen, die mit tatsächlichen Fällen zu tun haben.« Lutz atmete durch. »Gut. Das PCR-Gerät beschleunigt die Sache!«

      Sophie verstand nur Bahnhof. »PCR-Gerät?«

      »Polymerase Chain Reaction, auf Deutsch, das Gerät vervielfältigt die DNA.«

      »Und wie lange dauert es dann, bis du ein brauchbares Ergebnis hast?«

      »Brauchbar? Brauchbar ist die ganze Sache sowieso nicht. Sie ist einfach nur illegal und als Beweismittel nicht zulässig. Das ist dir doch klar.«

      Sophie nickte. »Aber wenn die DNA identisch ist, dann könnte man die Person zu einem Speicheltest schicken. Ich bin dir dankbar.« Sophie steckte ihm die Tüte zu.

      »Ich werde mich heute Abend nach Feierabend an die Sache machen.«

      »Heute Abend?« Sophie sprang entsetzt auf. »Lutz, ich brauch die Zahnbürste aber sofort wieder. Ich muss sie zurückbringen.«

      Lutz stöhnte. »Eins sage ich dir, wenn du mir nicht so einen guten Tipp gegeben hättest, könntest du mich mal mit deinen Sonderwünschen.«

      »Tipp?« Sophie wurde hellhörig.

      Lutz schüttelte den Kopf. »Ich muss wieder los. Warte hier. Ich brauche mindestens eine Stunde.«

      Sophie ließ sich wieder auf den Stuhl fallen. Also hatte sie mit ihrer Idee richtig gelegen. Scheuermilch! Die beiden Frauen waren in einer gründlich geschrubbten, aber nachlässig ausgespülten Wanne ertrunken.

      Stefan hatte sich in sein Büro zurückgezogen. Die Pressekonferenz war ein Albtraum gewesen. Diese Horde von sensationsgeilen Karrieremenschen kotzte ihn an. In seinen Augen hatte ihre Arbeit wenig mit Journalismus zu tun. Sie wollten doch alle