Tatort Ostsee. Harald Jacobsen

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Название Tatort Ostsee
Автор произведения Harald Jacobsen
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783734994883



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nickte und Meier machte sich ein paar Notizen.

      »Sie war keine Anfängerin, wie diese…«, Larrson holte jetzt ebenfalls ein Notizbuch aus der Tasche und blätterte kurz darin. »Hier hab ich es. Wie diese Sandra Schmidt.«

      Olli schüttelte den Kopf. »Nein, Sarah war kurz davor, Deutsche Meisterin zu werden.«

      Larrson atmete tief durch und nickte. »Warum ist sie so spät noch aufs Wasser gegangen? Können Sie sich das erklären? Hat sie vielleicht Drogen genommen?«

      »Nein«, antwortete Olli leise. Dann straffte er die Schultern. »Nein, Sarah war Sportlerin. Wenn überhaupt, dann hat sie mal ein Glas Wein getrunken. Aber sie war manchmal ein verrücktes Huhn. Sie liebte das Wasser.«

      »Sie liebte das Wasser. Verstehe. Hatte sie Ihnen von ihren Plänen erzählt oder waren Sie nachts noch mal am Strand?«

      »Ich?« Er sehnte sich nach einer Zigarette. »Nein! Ich war hier. War ein stressiger Tag. Ich meine, wir haben hier manchmal zwei Kurse am Tag, jetzt in der Hauptsaison. Ich war im Eimer.«

      »Und wann haben sie Sarah dann das letzte Mal gesehen?«

      Olli fragte sich, ob er gleich umkippen würde? Alles war verschwommen. »Gestern Abend am Strand«, brachte er raus. »Wir trinken da gerne noch ein Bierchen. Wenn die Sonne untergeht, wissen Sie.«

      Larrson nickte voller Verständnis. »Ist klar! Wenn bei Fehmarn die rote Sonne im Meer versinkt«, sang er schief. »Sie haben uns sehr geholfen. Zumindest haben wir jetzt einen Namen. Kann sein, dass wir später noch ein paar Fragen haben. Schönen Tag!«

      Endlich zogen sie ab. Er hatte es einigermaßen glimpflich hinter sich gebracht und er hatte nur ein bisschen gelogen. Sarah war kein verrücktes Huhn gewesen. Hätte er doch lieber die ganze Wahrheit sagen sollen? Nein, entschied er. Er musste jetzt vorsichtig sein. Vielleicht war er ja tatsächlich der Letzte, der sie lebend gesehen hatte.

      Ben schloss das kleine Gartenhaus hinter dem Bistro auf. Die Holzbude diente Olli und ihm als Büro. Hier lagen die Bücher für die Anmeldungen und die Schlüssel für die Schuppen mit dem Equipment. Ben hatte das Bedürfnis, nach dem schrecklichen Ereignis am Morgen etwas Normales zu tun. Er musste sich ablenken. Wenn er darüber nachdachte, dass nun schon zwei Frauen tot waren, würde er verrückt werden. Die Kurse für den Tag waren gut gebucht. Noch war kein Schüler zu sehen, aber der Unterricht begann ja auch erst in einer Stunde. Wenn überhaupt noch jemand kommt, dachte Ben. Wer wollte schon an einen Strand, an dem gerade noch eine Leiche gelegen hatte? So ein Unsinn, stellte er verbittert fest. Da machte er sich wirklich zu Unrecht Sorgen. Er wusste doch, wie vergesslich die Menschen waren. Auf Phuket waren Tausende gestorben und ihre faulenden Körper hatten am Strand vor sich hingestunken. Und nur ein paar Wochen später hatten die ersten Touristen genau dort schon wieder in der Sonne gelegen. Ben schnappte sich die Schlüssel für die Schuppen. Was soll das eigentlich, fragte er sich plötzlich. Sie konnten heute unmöglich Kurse geben. Olli würde sowieso nicht in der Lage sein und außerdem wäre es geschmacklos, einfach so zu tun, als wäre nichts passiert. Er war damals geschockt gewesen, wie schnell man auf Phuket nach dieser entsetzlichen Katastrophe zum normalen Leben zurückgefunden hatte. Wenn er jetzt genauso einfach zur Tagesordnung übergehen würde, wäre er nicht besser als die, die er damals verurteilt hatte. Ben beschloss einen Zettel an die Tür zu hängen, der den Schülern mitteilen würde, dass es erst morgen weitergehen könnte. Jeder würde das verstehen. Schließlich war Sarah für viele ein unerreichbares Vorbild gewesen. Das wäre auch in Hanjos Sinne, da war er sicher. Sarah! Warum musste sie Olli auch wehtun? War das nicht alles skurril? Ben hätte fast gelacht. Jetzt war Sarah tot und brach Olli trotzdem das Herz. Was hatte Olli vorhin eigentlich gemeint? Er sei schuld? Wieso fühlte der sich schuldig? Er musste das genauer wissen. Ben schrieb schnell die Notiz und machte sich auf zu seinem Kumpel. Die Tür des Wohnmobils war verschlossen. Auf sein Klopfen regte sich nichts. »Mach auf, verdammt noch mal! Ich weiß, dass du da bist! Ich muss mit dir reden.« Endlich schnappte das Schloss und die Tür flog auf.

      »Verschwinde! Ich kann heute nicht.«

      Olli roch nach Schnaps. Ben sprang mit einem Satz an ihm vorbei. Im Wohnmobil sah es aus wie auf einer Müllhalde und es stank auch entsprechend. Ben hatte damit gerechnet, dass Olli in sehr schlechter Verfassung sein würde, doch was er jetzt sah, übertraf seine schlimmsten Erwartungen. »Mein Gott, Olli! Hast du das alles allein vernichtet?«

      »Muss wohl! Auch einen kleinen Cognac?«

      »Hör auf zu saufen! Es ist ja noch nicht mal Mittag.«

      »Kümmere dich doch um deinen eigenen Scheiß! Lass mich einfach in Ruhe.«

      »Das ist unser Scheiß! Für heute habe ich die Kurse abgesagt, aber morgen müssen wir unseren Job machen.«

      »Job? Du tickst doch nicht ganz richtig! Sarah ist tot! Und du willst einfach so weitermachen? Meinst du, das kommt so prima an? Schnupperkurs trotz Leiche? Das ist ja krank! Verschwinde!«

      »Ich hau ab. Aber vorher will ich noch eins wissen. Wieso hast du heute Morgen am Strand gemeint, dass es vielleicht deine Schuld sei?«

      »Hab ich das?«

      »Hast du irgendetwas zu Sarah gesagt? Irgendwas, das sie auf eine so bescheuerte Idee gebracht hat, noch mal aufs Wasser zu gehen? Oder hat sie vielleicht angedeutet, dass sie später noch kiten wollte?«

      Olli stand schwankend auf und sah ihn wütend an. »Die Polizei hat mich bereits befragt. Ich brauch jetzt kein zweites Verhör! Verpiss dich endlich!«

      Die Polizei war schon hier gewesen! Ben verließ mit zitternden Knien das Wohnmobil. Es war nur eine Frage der Zeit, wann die Bullen mit ihm sprechen würden. Er musste sich wirklich genau überlegen, was er sagen wollte.

      Stefan schlug verwirrt die Augen auf. Sein Herzklopfen ließ nach, als er feststellte, dass er zu Hause war. Er hatte so viel wirres Zeug geträumt: da war die Vernehmung der letzten Nacht. Diese Frau, die ihr totes Baby vom Balkon geworfen hatte, hatte sich in die ertrunkene Wassersportlerin verwandelt. Und immer wieder hatte sie geschrien: »Es war Mord, warum seht ihr das nicht ein?« Statt seines Kollegen hatte Sophie neben ihm gesessen und ihn vorwurfsvoll angesehen … Ich habe es dir gleich gesagt, gleich gesagt, gleich gesagt … Stefan atmete tief durch. Hoffentlich hatte Broder mittlerweile die Identität der Frau herausgefunden. Die Türklinke wurde leise nach unten gedrückt und Tina blickte ins Zimmer.

      »Entschuldige. Hab ich dich geweckt?«

      »Nein. Ich bin gerade aufgewacht.«

      »Unser Kleiner stinkt und ich habe unten keine Windeln mehr.«

      Stefan sprang mit einem Satz aus dem Bett. »Lass mich!«

      »Mit Vergnügen!« Tina gab ihm grinsend das Baby und setzte sich in den Schaukelstuhl. Vorsichtig legte Stefan seinen kleinen Sohn auf die Wickelkommode und machte sich ans Werk. Finn begann leise zu krähen. »Hat er Hunger?«

      »Er bekommt ja gleich was. Geht es dir wieder besser?«

      »Ja, ich habe einfach eine Mütze voll Schlaf gebraucht. Sorry, ich war wohl etwas ungastlich.«

      »Ungastlich? Du warst richtig ekelig! Sophie hat es im Moment nicht einfach. Bitte versuche, na du weißt schon. Ich freu mich wirklich über ihren Besuch. Stell dir vor, sie macht gerade das Mittagessen! Ich habe fast ein schlechtes Gewissen.«

      »Wenn es ihr Spaß macht! Für sie ist das hier eben Urlaub auf dem Land, nach dem Motto: Es darf mit angepackt werden! Ist doch mal was anderes, als sich den ganzen Tag im Fünfsternehotel bedienen zu lassen. Das wird doch auch irgendwann langweilig für so eine Luxuskuh.« Tina rollte mit den Augen. »Ist schon gut! Ich mag Sophie, ich mag Sophie«, lenkte Stefan sofort ein.

      »So ist es brav. Bete dein Mantra. Was war eigentlich heute Morgen? Habt ihr gestritten?«

      »Hat Sophie das gesagt?«

      »Nein, hat sie nicht! Sie ist keine Petze.«

      »Ich