Tourismuslehre - Ein Grundriss. Thomas Bieger

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Название Tourismuslehre - Ein Grundriss
Автор произведения Thomas Bieger
Жанр Зарубежная деловая литература
Серия
Издательство Зарубежная деловая литература
Год выпуска 0
isbn 9783846325360



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durch ihre Konsumenten – die Touristen – zum Zeitpunkt des Konsums definiert wird.

      Gemäß des TSA-Konzeptes erfolgt eine grundlegende Aufgliederung in eine „tourismusspezifische“, „tourismusverwandte” und „nicht tourismusspezifische“ Produktion, die entsprechend „tourismusspezifische“, „tourismusverwandte“ und „nicht tourismusspezifische“ Güter und Dienstleistungen herstellt. Folglich umfasst der Tourismuskonsum „tourismusspezifische“ (d.h. Unterkünfte, Reisebüros, Seilbahnen) sowie „tourismusverwandte“ (Gaststätten) und „nicht tourismusspezifische“ (z.B. Einzelhandel) Güter und Dienst-leistungen.|50◄ ►51| Letztere sind solche, welche vorwiegend an Nichttouristen geliefert werden.

      Das TSA stellt den Versuch dar, den Tourismus als ökonomisches Phänomen in Verbindung mit der VGR und anderen Wirtschaftsstatistiken zu erfassen und zu analysieren. Dabei dient die VGR als Rahmen und Integrationsraster. Trotzdem ist das TSA mehr als nur ein VGR-Subsystem, vor allem, weil je nach Bedarf zusätzliche wichtige Informationen eingebaut werden können.

      Das System basiert auf dem Inlands-Konzept, dessen Abgrenzungen im Einzelnen zu definieren sind. Dazu eignet sich im Besonderen das Wohnsitzkonzept und dessen Anwendung auf die Teilnehmer am Tourismusmarkt, nämlich die Anbieter (Produzenten) und die Verbraucher (Nachfrager/Touristen).

      2.4.3. Ökonomische Implikationen des Tourismus-Satellitenkontos

      Grundsätzlich bezieht sich das TSA-Konzept in seinem Kernbereich auf die „Tourismusindustrien“ (i.e.S.). Das sind vor allem die Bereiche des Beherbergungs-, Restaurant-, Reisebüro- sowie des Kultur-, Unterhaltungs- und Reiseversicherungswesens. Es soll versucht werden, Tourismus als ökonomisches Phänomen eingehender zu erfassen und in Verbindung mit der VGR und anderen Wirtschaftsstatistiken zu analysieren. Obwohl im Allgemeinen immer über die „Tourismusindustrie“ gesprochen wird, ist dieser Ausdruck doch problematisch, denn Tourismus ist keine Industrie im herkömmlichen Sinn, wo die einzelnen Bereiche ein gemeinsames Produkt oder eine Dienstleistung herstellen bzw. die gleiche Produktionsfunktion haben.

      Der Begriff „Satellit“ beschreibt das TSA als eine Erweiterung des Input-Output-Grundgerüstes im System der VGR. Im Zusammenhang mit dem Tourismus-Satellitenkonto kann man sich die Input-Output-Struktur als eine Abfolge von Tabellen vorstellen, in denen in den Spalten bzw. in den Zeilen die einzelnen Wirtschaftszweige und die Waren aufgelistet sind. Jede Zelle dieser Tabellen gibt somit Auskunft über den Wert der in einer bestimmten Branche produzierten Ware für jeweils ein Jahr. Ein anderes Tabellenblatt zeigt den Wert jeder von den einzelnen Branchen konsumierten Ware und eine weitere Tabelle fasst die Endnachfrage der Konsumenten, der öffentlichen Hand und der ausländischen Gäste sowie die Investitionen durch die privaten und öffentlichen Haushalte zusammen. Das TSA lässt sich als eine Teilmenge dieser Tabellenblätter verstehen.

      Das Hauptproblem bei den „tourismusspezifischen” Branchen liegt vor allem darin, dass der Konsum touristischer Waren nicht immer eindeutig gemessen werden kann. So werden z.B. Speisen im Restaurant auch von Nichttouristen konsumiert und andererseits nicht touristische Waren wie Bekleidung oder |51◄ ►52| Lebensmittel auch von Touristen gekauft. Das bedeutet, es können nicht einfach „tourismusspezifische“ Branchen identifiziert und deren Output-Daten aggregiert werden. Um Aussagen über die Tourismusaktivitäten eines Landes zu machen, muss vielmehr der Output einer touristischen Ware mit jenem Anteil gewichtet werden, der dem Verhältnis der touristischen Ausgaben zu den Gesamtausgaben für das entsprechende Gut entspricht. Im Prinzip hat jedes Produkt ein touristisches Gewicht: Hotelzimmer erreichen z.B. knapp 100% ihres Ouputs, andere Produkte wiederum haben weniger oder fast gar keine touristische Bedeutung.

      2.4.4. Definition der Tourismusnachfrage

      Massgebend für die Bestimmung der Tourismusnachfrage sind:

      • Besucher,

      • hauptsächlicher Reisezweck,

      • gewohnte bzw. ungewohnte Umgebung und

      • touristischer Konsum.

      2.4.4.1. Besucher

      Ein Besucher wird definiert als „jede Person, die für die Dauer von nicht mehr als zwölf Monaten ihre gewohnte Umgebung verlässt, und deren hauptsächlicher Reisezweck ein anderer ist als die Ausübung einer Tätigkeit, die von dem besuchten Land aus entlohnt wird“.

      Dabei müssen zunächst zwei grundlegende Kategorien von Besuchern unterschieden werden:

      • Internationale Besucher, die in dem Land der Reisedestination nicht ihren ordentlichen Wohnsitz haben; dazu zählen auch Staatsbürger, die ihren Wohnsitz ständig im Ausland haben;

      • Inländische Besucher, deren ordentlicher Wohnsitz sich im Reisezielland befindet, wobei es sich um Staatsbürger oder Ausländer handeln kann.

      Ein Besucher kann entweder ein Tagesbesucher oder ein Tourist sein, das ist ein Besucher mit mindestens einer Übernachtung. Ferner kann eine Reise zu Geschäftszwecken oder aus anderen (persönlichen) Gründen stattfinden (wie Besuch des Zweitwohnsitzes oder von Verwandten und Bekannten). Bestimmte Formen der Reise sind jedoch ausgenommen, nämlich jene von Grenzgängern (z.B. Pendler), vorübergehend Zugezogenen, Einwanderern |52◄ ►53| (z.B. Gastarbeiter), Flüchtlingen, Diplomaten (z.B. Konsularvertreter) und Militärpersonen im Zuge ihrer beruflichen Tätigkeit.

      Im Allgemeinen ist die im TSA verwendete Definition von Besuchern und Touristen sehr breit und beinhaltet damit alle Personen, die einen Ort besuchen oder bereisen, an dem sie keiner bezahlten Tätigkeit nachgehen. Folglich könnte ein Geschäftsreisender entweder Tourist oder Nichttourist sein, je nachdem, an welchem Ort sich seine bezugsauszahlende Stelle befindet und in welcher Art und Weise er seine Aktivitäten unternimmt. Im TSA-Konzept wird damit die gewohnte Umgebung als jener Raum angesehen, in dem jemand lebt bzw. arbeitet und den er damit relativ häufig frequentiert, und/oder der in der Nähe des ordentlichen Wohnsitzes liegt.

      2.4.4.2. Hauptsächlicher Reisezweck

      Beim Hauptreisezweck von Tagesbesuchern und Touristen kann nach folgenden Kategorien unterschieden werden:

      • Freizeit-, Erholungs- und Urlaubsreisen,

      • Verwandten- und Bekanntenbesuche,

      • Dienst- und Geschäftsreisen,

      • Kuraufenthalte,

      • Religiös motivierte Reisen/Wallfahrten,

      • Sonstige.

      2.4.4.3. Gewohnte und ungewohnte Umgebung

      Die gewohnte Umgebung bezieht sich auf die geografischen Grenzen, innerhalb derer sich jemand im täglichen Leben bewegt, und setzt sich aus der direkten Umgebung seines Zuhauses, des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte sowie anderen häufig frequentierten Orten zusammen.

      Der Begriff „gewohnte Umgebung“ umfasst zwei Dimensionen:

      Häufigkeit – Orte, die von einer Person häufig (regelmäßig) besucht werden, sind als ein Teil ihrer gewohnten Umgebung anzusehen, auch wenn sie in erheblicher Entfernung vom Wohnort liegen.

      Entfernung – Orte in der Umgebung des Wohnortes einer Person sind Teil ihrer gewohnten Umgebung, auch wenn diese nur selten besucht werden.

      Nationale Statistik-Organisationen grenzen den Begriff der gewohnten Umgebung pragmatisch durch Kriterien wie Reisedistanz und Besuchshäufigkeit oder formal nach Gegend oder Verwaltungsgebiet ab.

      Der TSA-Philosophie zufolge ist es entscheidend, ob das Reiseziel einer Person („des Besuchers“) außerhalb ihrer gewohnten Umgebung liegt; in diesem |53◄ ►54| Fall zählt diese nicht zu den „einheimischen Konsumenten“. Aus ökonomischer Sicht werden durch den Aufenthalt eines Besuchers/Touristen zusätzliche Ausgaben und somit Wertschöpfung – über jene der einheimischen