Название | Geschichte des frühen Christentums |
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Автор произведения | Markus Öhler |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783846347379 |
– Feste und tägliche Rituale, die gemeinsam oder individuell begangen wurden.
Die Mysterienkulte waren aufgrund der in ihnen verehrten Gottheiten durchaus unterschiedlich orientiert. Sie teilten inhaltlich aber die Suche nach einer Überwindung des Todes, der in den Mythen jeweils in verschiedener Weise verarbeitet wurde.
Die klassischen Mysterien im griechischen Eleusis bei Athen, die mit dem Demeterkult verbunden waren, waren formbestimmend. Besonders verbreitet waren die Mysterien des Dionysos, oft auch in Verbindung mit dem Orpheuskult. Sehr beliebt war der Mysterienkult der ägyptischen Gottheiten Isis, Serapis und Osiris, den Apuleius beschreibt. Die phrygischen Kulte für Attis und Kybele zeichneten sich durch besonders ekstatische Rituale bis zur Selbstkastration aus. Der Mithraskult war bei Soldaten und Händlern im Westen besonders beliebt.
2.4.2.3 Magie
(Flüche / Magische Praktiken)
Mit dem Phänomen der Magie zeigt sich ein bereits in der Antike höchst ambivalent beurteilter Bereich nicht-öffentlicher Religiosität, dessen Bezug zu Religion allerdings nicht immer klar ist. Zahlreiche Zeugnisse legen offen, wie verbreitet dieses Phänomen auch in der frühen Kaiserzeit war. Dazu gehörten u. a. sogenannte defixiones („Bindungen“): Mithilfe von auf dünne Bleitäfelchen geschriebenen Fluchtexten sollten zukünftige Handlungen oder das Wohlergehen bestimmter Menschen negativ beeinflusst werden. Zu den Anwendungsgebieten zählten Liebesangelegenheiten, der Sport, das Geschäftsleben und Prozesse, Anlässe waren etwa Diebstähle oder Verleumdungen. Ähnliches sollte mit Zaubersprüchen und -ritualen erreicht werden, die in den sogenannten Zauberpapyri festgehalten sind (2.–6. Jh. n. Chr.). Sie boten Anleitungen für magische Praktiken (vgl. Apg 19,17–20). Sowohl professionelle Magier (vgl. Apg 13,8; 19,13–16) als auch Laien vollführten diese Rituale für Menschen aller Gesellschaftsschichten. Auch im Judentum war Magie trotz alttestamentlicher Verurteilung verbreitet (vgl. Ex 22,17 mit Josephus, ant. 8,45).
(Mythologie der Magie)
Die Beeinflussung des Verhaltens anderer sollte auf zwei verschiedene Weisen erreicht werden: Der häufigere Weg war, Gottheiten oder Dämonen durch Rituale und Zaubersprüche dazu zu bringen, ihre Macht den Wünschen des Magiers entsprechend einzusetzen. Unter der Voraussetzung, dass der Kosmos selbst durch Magie beeinflusst werden konnte, wurde dasselbe aber auch ohne Einbindung göttlicher Mächte versucht. Gemeinsam hatten alle magischen Praktiken, dass sie geheim geschehen mussten.
(Kritik an Magie)
Die Kritik an der Magie war vielfältig: Zum einen wurde sie gefürchtet, was zu gesetzlichen Verboten führte (vgl. das Zwölftafelgesetz Roms VIII). Bereits Platon polemisierte gegen die Geldgier dieser „Betrüger“ (Leges 10,909a.b). Auch die Anklage, ein Magier zu sein, ist mehrfach belegt (vgl. Apuleius, Apol. 25). Im frühen Christentum wurde Magie ebenfalls in der Regel verurteilt (Gal 5,20; Apk 9,21; 21,8; Did 2,2; Barn 20,1) und von der Wundertätigkeit Jesu und der Apostel abgegrenzt. Dennoch spielte Magie selbstverständlich auch innerhalb der christlichen Alltagsreligiosität eine wichtige Rolle, wie zahlreiche Zeugnisse aus der Zeit der Alten Kirche zeigen.
2.4.2.4 Eingriffe durch staatliche Macht
(Reglementierungen)
Von Zeit zu Zeit kam es zu staatlichen Eingriffen in den Bereich nicht-öffentlicher Religion. Diese waren motiviert durch Praktiken, die den Argwohn oder den Abscheu der Eliten hervorriefen. So warnte bereits Platon vor der Entwicklung von Kulten, die sich abseits von Tempeln etablierten (Leges 10,909d–910e). Aus römischer Perspektive wurde dies erstmals beim sogenannten Bacchanalienskandal relevant, der 186 v. Chr. zu einer staatlichen Reglementierung des Dionysoskults führte (s. o. S. 36). Auch Vertreibungen von Chaldäern (139 v. Chr.; Livius, epit. 54 in P.Oxy. 668) oder die Zerstörung von Isisheiligtümern und Ausweisung ihrer Anhänger aus Rom (28 v. Chr. laut Cassius Dio, hist. 53,2,4; 19 n. Chr. laut Sueton, Tib. 36) gehörten dazu. Aber diese Reaktionen der Elite auf durch Migration eingedrungene Kulte, die als „Aberglaube“ (superstitio) eingeschätzt wurden, waren nur punktuell. Im Gegenteil: In Rom wie in den anderen großen Städten des Imperium Romanum bestand in der Kaiserzeit eine breite Vielfalt von Kulten, die nebeneinander existieren konnten, solange sie nicht durch politische Aktivität oder ungesetzliche Praktiken negativ auffielen.
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3 Religion und Kultur der Judäer – Das Judentum in der frühen Kaiserzeit
(Differierende Formen)
Das antike Judentum stellte keine Einheit dar, sondern war ausgesprochen vielfältig. Die verschieden ausgerichteten Bezüge auf die Traditionen Israels, die politischen und kulturellen Veränderungen der Zeit sowie die unterschiedlichen Kontexte, in denen sich jüdisches Leben entfaltete, trugen dazu bei, dass differierende Formen von Judentum entstanden. Die folgende Übersicht kann dieser Diversität nur zum Teil gerecht werden, zumal sie auf die ersten beiden Jahrhunderte n. Chr. konzentriert ist.
(Quellen)
Die Quellen für die Formen des Judentums sind vielfältig: Auf Josephus geht die berühmte Darstellung der jüdischen „Parteien“ zurück (ant. 13,171–173; 18,11–25; bell. 2,118–166). Philo von Alexandrien gewährt Einblicke u. a. in das jüdische Leben der hellenistischen Diaspora in Ägypten. Dazu treten zahlreiche Texte aus hellenistisch-römischer Zeit,