Handbuch E-Learning. Patricia Arnold

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Название Handbuch E-Learning
Автор произведения Patricia Arnold
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783846349656



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sowie durch die Entwicklung von Massive Open Online Courses (MOOCs) sind noch viele weitere Begriffe hinzugekommen. Für viele Teilbereiche hat sich noch kein einheitlicher Sprachgebrauch etabliert. Bereits die oben verwendeten Begriffe E-Learning, virtu­elle Bildungsangebote und virtuelle Bildungsräume sind kaum präzise zu definieren. Alternativ könnte auch von telematischen Lehr- und Lernformen gesprochen werden. Denn um Lehr- und Lernformen zu benennen, die Telekommunikationstechnik und Informatik nutzen, z. B. über Computer mit Internetanschluss, ist das Adjektiv telematisch präziser als virtuell. In früheren Publikationen haben wir des­wegen auch das Adjektiv telematisch dem Adjektiv virtuell vorgezogen (Arnold 2001; Zimmer 1997), jedoch hat es sich nicht durchgesetzt. Inzwischen hat das Adjektiv virtuell, z. B. in Publikationen zum virtuellen Lernen (Schulmeister 2001), die ursprüngliche Konnotation des Nichtrealen verloren. Wir verwenden daher virtuell in den herausgebildeten gängigen Zusammensetzungen, wie z. B. virtuelle Bildungsangebote, die sehr reale Neuerungen darstellen. Dementsprechend klären wir in jedem Kapitel die Begrifflichkeiten und verwenden dann den Begriff, der entweder fachlich am präzisesten ist oder am häufigsten benutzt wird. Denn gerade in einem Handbuch, das allen einen leichten Zugang zum Thema verschaffen soll, wollen wir keine begrifflichen Hürden aufbauen. Wir folgen deshalb meist dem herausgebildeten Sprachgebrauch.

      Abgrenzungen: Was das Handbuch nicht bieten kann

      Mit der Hervorhebung der didaktischen Perspektive sind auch Abgrenzungen verbunden: Das Handbuch liefert keine technischen Detailinformationen, z. B. zu Lernplattformen, Autorenwerkzeugen oder Produktionsprozessen. Ebenso wenig können für alle möglichen unterschiedlichen Bildungsangebote ausführliche Schritt-für-Schritt-Anleitungen für die Planung, Produktion und Durchführung gegeben werden. Auch detaillierte Informationen für eine betriebswirtschaftliche Kostenrechnung zu virtuellen Bildungsangeboten sind aufgrund der Vielfalt der möglichen Varianten nicht möglich. In den einzelnen Handlungsfeldern (und damit in den einzelnen Kapiteln des Handbuchs) werden vielmehr die Bedeutung technischer Details sowie die Voraussetzungen, Anforderungen und Handlungsschritte aus didaktischer Perspektive aufgezeigt. Für Kostenkalkulationen werden zentrale Faktoren aufgezeigt, ohne aber präzise Zahlen anzugeben, da diese ohnehin je nach Rahmenbedingungen stark variieren. Für Details zu diesen Aspekten verweisen wir auf weiterführende Literatur, die wir in die einzelnen Kapitel integriert haben. Die Quellen, die wir im Literaturverzeichnis benennen, ermöglichen den Leserinnen und Lesern eine eigene, weiterführende Recherche. Die in den Kapiteln verwendeten Abkürzungen und Fachbegriffe haben wir am Schluss in einem eigenen Verzeichnis zum schnellen Auffinden zusammengestellt.

      1) Erwägungen zur besseren Lesbarkeit haben auch unsere Entscheidung zur Verwendung männlicher und weiblicher Bezeichnungen geprägt. Inhaltlich halten wir es für sinnvoll, die Beteiligung beider Geschlechter an Bildungseinrichtungen durch explizite Nennung männlicher wie weiblicher Berufsbezeichnungen etc. sichtbar zu machen (siehe Gender Mainstreaming in Kap. 4.3.4). Um den Lesefluss dennoch zu gewährleisten, haben wir aber häufig geschlechtsneu­trale Formen, wie z. B. Lehrende oder Studierende, verwendet und nur gelegentlich beide Geschlechter explizit genannt. Im Literaturverzeichnis werden die Vornamen ausgeschrieben, um auch hier die Beteiligung beider Geschlechter an der Entwicklung von E-Learning hervorzuheben.

      2 Bildung mit E-Learning

      Bildung mit E-Learning zum Erfolg führen – für alle!

      Wie sind erfolgreiche Lehr- und Lernprozesse zum Erwerb fachlicher, ganzheitlicher, verallgemeinerter und expansiver Handlungskompetenzen mit E-Learning zu erreichen? Wie kann E-Learning genutzt werden, um neue Zugänge zu Bildung zu ermöglichen und Inklusion und eine offene Bildung für alle zu unterstützen? Wie ist dafür E-Learning zu gestalten, damit die beabsichtigten individuellen, kooperativen und partizipativen Bildungsprozesse effektiv und effizient zur humanen Bildung des Subjekts unterstützt werden? Dies sind die zentralen Ausgangsfragen und Ziele für die Unterstützung von Kompetenzentwicklung und Bildung mit E-Learning. Denn mit den digitalen Bildungsmedien, den virtuellen Bildungsräumen und der Entwicklung vom Lese- zum Lese-und-Schreib-Internet werden die traditionellen pädagogischen Verhältnisse zwischen Lehrenden und Lernenden, die herausgebildeten Kulturen des Lehrens und Lernens sowie die bisher vor allem durch die Lehrenden bestimmten Lehr- und Lernprozesse grundlegend verändert zu gemeinsam und selbst organisierten Prozessen. Eine weitere Demokratisierung von Bildung für alle Menschen ist daher möglich. Subjektivität und Offenheit der Bildung jedes Menschen in der Gesellschaft zur souveränen Teilhabe an der Aneignung und Gestaltung der Welt sind das Leitprinzip des Lehrens und Lernens (Zimmer 2013).

      Aufbau des Kapitels

      Um diese Veränderungen begreifen, gestalten und nutzen zu können, ist es notwendig, zunächst die herausgebildeten neuen Begrifflichkeiten zu klären (Kap. 2.1). Ausgehend von den Erfolgen und Defiziten bisheriger virtueller Bildungsangebote (Kap. 2.2) und der generellen Klärung der konstituierenden Faktoren von Bildungsprozessen (Kap. 2.3) können die konstituierenden Faktoren für erfolgreiche virtuelle Lehr- und Lernprozesse (Kap. 2.4) bestimmt werden. Dies ist die Voraussetzung dafür zu klären, in welcher Perspektive die erforderliche Entwicklung der virtuellen Lehr- und Lernkultur zu gestalten ist (Kap. 2.5.1), wie die Potenziale virtueller Bildungsangebote zu nutzen sind (Kap. 2.5.2) und wie die Herausbildung einer neuen Lernkultur zu fördern ist (Kap. 2.5.3). Im Fazit (Kap. 2.6) werden die daraus sich ergebenden neuen Perspektiven für das Lehren und Lernen kurz angesprochen.

      2.1 Bestimmung zentraler Begriffe

      Begriffsproblem

      Der Begriff E-Learning (Electronic Learning, elektronisches Lernen) hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten gegenüber anderen Begriffen für das Lernen mithilfe und Nutzung von Computern, wie z. B. multimediales Lernen, in Wissenschaft und Praxis durchgesetzt. E-Learning setzt E-Teaching der Lehrenden voraus. In der Entwicklung des E-Learning und E-Teaching hatten sich zunächst zwei Formen herausgebildet, das am Einzelplatz orientierte Computer Based Training (CBT) und dann das an Kommunikation orientierte Web Based Training (WBT), die heute oft auch integriert in Learning Management Systemen (LMS) angeboten und ergänzt um Zugänge zum Internet und zu den Social Media genutzt werden. Insofern wird auch von einer Digitalisierung der Bildungsprozesse und von einer digitalen Bildung gesprochen. Aber die Verwendungen der populären Begriffe E-Learning, E-Teaching oder digitale Bildung können auch zu folgenreichen Missverständnissen führen, insbesondere wenn diese in ihrer Bedeutung technologischen Begriffe in einen direkten Zusammenhang mit den Begriffen Lernen und Bildung gebracht werden. Denn mit dem Begriff E-Learning, elektronisches Lernen, wird kein subjektiv begründeter Modus der subjektiven Prozesse von Lernen bzw. Kompetenzentwicklung und Bildung benannt, wie z. B. mit den Begriffen defensives Lernen oder expansives Lernen (Holzkamp 1993, 187 ff.). Den Modus elektronisches Lernen, also elektronisch begründetes und vollzogenes Lernen, gibt es nur in elektronischen Systemen, z. B. in Robotern, die mit Systemen künstlicher Intelligenz ausgestattet sind. Auch mit dem Begriff E-Teaching, elektronisches Lehren, wird kein subjektiver Prozess des Lehrens benannt, sondern die digital präsentierten und elektronisch vermittelten Inhalte, Formen und Prozesse des Lehrens. Es darf im E-Learning und E-Teaching nicht übersehen werden, dass Lernen und Lehren immer subjektive Eigenleistungen der Lernenden und Lehrenden in sozialen kommunikativen, kooperativen und partizpativen Prozessen und entsprechend geformten pädagogischen Verhältnissen sind.

      E-Learning

      Mit dem Begriff E-Learning wird ein vielgestaltiges gegenständliches und organisatorisches Arrangement von elektronischen bzw. digitalen Medien zum Lernen, virtuellen Lernräumen und Blended Learning bezeichnet. Dieses Arrangement von elektronischen Mitteln, Räumen und Verknüpfungen kann individuell oder gemeinsam zum Lernen bzw. zur Kompetenzentwicklung und Bildung von Lernenden in selbst bestimmten Zeiten genutzt werden – sei es zum defensiv oder expansiv begründeten Lernen. Die elektronisch arrangierten digitalen Lernmedien präsentieren den Lernenden die Lerninhalte multimedial