Название | Sperrgebiet! |
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Автор произведения | Susanne Klein |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783961360659 |
Ok! Ich war sofort wieder geerdet, wurde knallrot und machte mich schamerfüllt an die Arbeit.
„Ist schon gut, Andreas. Ich freu mich doch nur, dass ich endlich das tun kann, worauf ich so lange gewartet habe.“
Taktvoll ignorierte er, was ich sagte und ging nicht wieder auf das Thema ein.
„Ach ja und informier‘ die Presseabteilung. Sie sollen die Identifizierung bestätigen und veröffentlichen!“, rief er mir hinterher, als er mehr oder weniger schon auf dem Flur verschwunden war.
EINUNDZWANZIG
Nach dem Auffinden von Nummer Zwei hatte er es dann doch ziemlich schnell in die Tagespresse geschafft. Natürlich nicht er selbst – aber sein Opfer. Genauso hatte er das gewollt. Sie sollte gefunden werden und vor allem noch als Lena Grimm zu identifizieren sein. Bravo Kripo! Da hatten sie mal rasch ermittelt und gute Arbeit geleistet. Gerade war die Identifizierung bestätigt und ihr Name öffentlich gemacht worden. Im Weiteren erbat sich die Polizei die Mithilfe der Bevölkerung, um Ermittlungsansätze zu erheben. Sie tappten im Dunkeln. Für ihn eine weitere Genugtuung. Zufriedenheit machte sich breit und schickte Millionen Endorphine durch seinen Körper, denn der fehlende Triumph bei seiner ersten Leiche war schlimm genug gewesen und hatte ihn wochenlang verzweifelt sein lassen. Das war nun Balsam auf seine geschundene Seele.
In ihrem Bericht wies die Kripo auf die Fundstelle und ihre Nähe zum Auffindungsort der Knochen hin – von einem möglichen Zusammenhang schrieben sie nichts. Noch nicht! Dass das Opfer laut dem Bericht nur leicht bekleidet gewesen war und keine Wäsche trug, war für ihn nicht neu. Als er sie traf, war er ebenfalls verwundert über ihr Sommerkleidchen, bei den doch empfindlichen Außentemperaturen – da trug sie aber immerhin noch ihre Wäsche, die er später als eine Art Trophäe mitgenommen hatte. Die Erinnerung an den Moment, als er seine Nase in ihren Schlüpfer steckte, erregte ihn auch jetzt noch. Daran merkte er, dass sich zu seinem eigentlichen Motiv inzwischen auch perverse Strukturen gesellt hatten und ein unkontrollierbar gewordener Trieb mehr und mehr Einfluss auf seine Taten nahm. Rache, Lust, Rache, Lust, Rache, Lust … Seine Vorfreude auf Opfer Nummer Drei strahlte Wärme durch seinen ganzen Körper und verharrte sichtbar im Zentrum. Die Erektion half ihm für einen Moment über die Sehnsucht auf seine nächste Auserwählte. Von der toten Nummer Eins waren nur Knochen übriggeblieben, als man sie nach einer gefühlten Ewigkeit fand. Ein paar Reste hatte er selbst noch bei der Entsorgung von Lena Grimm entdeckt.
Als er ihren Körper vom Auto zu ihrem vorgesehenen Platz geschleppt hatte, waren mehrere Pausen nötig geworden, da der Weg schwer zugänglich war und die wieder erschlaffte Leiche ihr Gewicht gefühlt verdoppelt hatte. Er war ins Sperrgebiet eingedrungen und hatte Umwege und Hindernisse in Kauf genommen, um sie schließlich doch am Rande eines offiziellen Weges abzulegen. Durch die Wahl dieser Route war er zwar das Risiko eingegangen, einer Mine zum Opfer zu fallen – er vermied dadurch aber, zu viele sofort erkennbare Spuren von sich zu hinterlassen, die der Polizei helfen konnten, aufmerksam zu werden und schon jetzt eine Verbindung zu ihm herzustellen. Zu einer Zeit, wo noch viel vor ihm lag. Unvorstellbar, wenn er gerade jetzt daran gehindert werden würde. Er musste professionell bleiben und immer auf der Hut sein. Mehr denn je. Im Zweifel Unwägbarkeiten, wie den gewaltigen und gefährlichen Umweg durch das Sperrgebiet, hinnehmen. Dabei war er immer mal wieder auf Knochen gestoßen. Er wusste genau, wem sie gehörten und dass diejenigen, die hier herumlagen, in der Schublade in Köln fehlten. Die schlampige Arbeit der Polizei war seiner unwürdig und machte ihn wütend. Sehr wütend. Definitiv hatten sie nicht alle Knochen gefunden. Mindestens vier Rippen und die linke Schulter mussten dem Gesamtwerk gefehlt haben. Er hasste es, dass sie so gleichgültig waren. Sie ließen ihm und seinen Opfern nicht die notwendige Aufmerksamkeit zukommen.
Wäre der Journalist nicht gewesen, der voller Stolz und triumphierend den Skalp in die Kamera gehalten hatte, hätte Nummer Eins nie und nimmer für eine Story im EXPRESS gereicht. Aber genau darum ging es doch. Um die öffentliche Demütigung der Frauen, wenn sie gefunden und zur Schau gestellt wurden. Am liebsten wäre ihm, sie könnten es noch fühlen. Die scheinheiligen Damen. Genau das machte ihn an und das Gefühl steigerte sich ins Unermessliche, wenn er den Fundort unbemerkt beobachten konnte, während Ermittler und Gerichtsmediziner bis auf wenige Zentimeter an sie herangingen, um Proben an und in ihnen zu nehmen. Meistens mit einer langen Pinzette oder, wenn es in die Körperöffnungen ging, mit ebenso langen Wattestäbchen. Die wirklich größte Genugtuung empfand er aber, wenn die Spurensicherung Fotos von den toten Frauen machte. Der empfindlichste Augenblick. Ähnlich wie bei ihm selbst damals.
Lena Grimm hatte einen großen Anteil am Verlauf seines Lebens und genau deshalb ganz oben auf seiner Liste gestanden. Sie trug die größte Schuld. Nahezu mühelos hatte er sie gefunden und erste Pläne geschmiedet, sich an ihr zu rächen. Ein wenig Internetrecherche hatte schon genügt, sie ohne großen Aufwand ausfindig zu machen. Es war deshalb ziemlich einfach gewesen, da sie die Uni nach ihrem Studium und nach all den Jahren nicht verlassen hatte. Ihr Lebensmittelpunkt war immer noch hier und sie hatte nach der Scheidung von einem Martin Grimm ihren Mädchennamen Krüger nicht wieder angenommen. Im Internet war er aber als Zusatzinformation fast überall in ihrem Zusammenhang veröffentlicht. In den meisten Fällen fand man ihn in ihren Publikationen in Klammern hinter den Namen gesetzt: LENA GRIMM (GEB. KRÜGER).
Und so hatte er sie nur wenige Wochen beobachtet und kannte bald ihr langweiliges Leben mit den immer gleichbleibenden Routinen. Bei trockenem Wetter machte sie einmal am Tag Halt in der Wahner Heide und unternahm meistens einen ausgedehnten Spaziergang. Er hatte ihr regelmäßig dabei zugesehen, um im richtigen Moment da zu sein. Auf ihrem Weg zum Flughafen hatte er sie erwartet. Zu ihrer letzten Reise. Spritze rein und fertig.
ZWEIUNDZWANZIG
Ich ärgerte mich noch eine ganze Weile über mein Verhalten und die Peinlichkeit, dass ich meine Freude eben so deutlich gespiegelt hatte. Meiner Motivation schadete das aber überhaupt nicht, denn ich setzte mich sofort an meinen Rechner, um die Bundesdatei nach vergleichbaren Informationen zu filtern. Logischerweise durchforstete ich zunächst die Vermisstendatei und gab alle verfügbaren Daten ein, die mir über Lena Grimm vorlagen. Die Todesursache sparte ich aus. Sie hatte ich mir bei dem heimlichen Blick in den gerichtsmedizinischen Bericht nicht erklären, geschweige denn merken können. Carlo musste her und ich entschied mich, sein Angebot zu einem gemeinsamen Bier zum Anlass zu nehmen. Am besten gleich heute. Dass ich mich über ihn geärgert hatte, weil er mir seinen Gehilfen geschickt hatte, statt die Gelegenheit zu nutzen, mich zu sehen, wusste er ja nicht. Eine Spur zu plump fiel ich mit der Tür ins Haus:
„Hi Carlo, wenn Du Lust hast, können wir gerne heute Abend spontan ein Bier trinken gehen. Mir wäre danach. Was hältst Du vom Brauhaus in Deutz um acht?“
Die kleine Pause, die er entstehen ließ, machte mich unsicher und verlegen. Ich hätte wenigstens fragen können, wie es ihm geht oder irgendwas anderes Belangloses, bevor ich ihn derart überrumpelte.
„Na klar, das passt mir perfekt – gerne bis nachher. Ich freue mich!“, grinste er in den Hörer und zerstreute damit sofort meine Bedenken.
„Treffen wir uns dort?“
„Jaaaaaaaaaa!“ Er unterdrückte seine Freude nicht. Das gefiel mir sehr und schmeichelte meinem eben noch angekratzten Ego.
Den restlichen Nachmittag verbrachte ich mit diversen Telefonaten mit belgischen Behörden, um mit meinem dürftigen Englisch Informationen zu den Hinterlassenschaften in der Wahner Heide zu erhalten. Das, was ich fragen wollte, sollte nicht das sprachliche Problem sein. Ich hatte jedes einzelne Wort auswendig gelernt – die Antworten machten mir weitaus mehr Sorgen. Da war es beinahe egal, ob sie auf Englisch oder Französisch in mein Ohr drangen und in meinem Gehirn Achterbahn fuhren. So richtig gut konnte ich beides nicht. Schon gar nicht, wenn es um Bomben, Handgranaten oder andere militärische Fachbegriffe ging. Aber ich hatte Glück. Eine nette Dame bei der Behörde in