Larissas Geheimnis. Gisela Garnschröder

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Название Larissas Geheimnis
Автор произведения Gisela Garnschröder
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783967526790



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Mahlzeit beendet hatte, und befragte sie nach dem Umschlag aus dem Koffer.

      »Es war nichts Wichtiges, ein Krankenblatt aus einer Klinik. Ich habe es gleich wieder weggelegt. Ich zeige es Ihnen.«

      »Merkwürdig, dass es im Geheimfach des Koffers war, finden Sie nicht?«

      Sie waren auf dem Weg in Fraukes Zimmer, sie nickte zustimmend, schloss auf und ging zu dem Koffer, um es ihm zu zeigen.

      »Es ist weg.«

      Hastig schüttete sie den Inhalt des Köfferchens auf das Bett. Es waren nur noch die Fotos vorhanden.

      »Komisch, ich habe es zu den Fotos gelegt.«

      Sie durchsuchten noch einmal den Koffer und das ganze Zimmer, der Brief war verschwunden.

      »Es war vielleicht wichtiger, als Sie angenommen haben.«

      Weller war verärgert und Frauke schockiert von dem Gedanken, dass während ihrer Abwesenheit jemand ihr Zimmer durchsucht hatte.

      »Sagten Sie nicht, in der Wohnung Ihrer Tante hätten Einbrecher alles durchwühlt, aber nichts mitgenommen?«

      Frauke sah Weller verwundert an.

      »Sie glauben, es gibt einen Zusammenhang?«

      Weller nickte.

      »Fassen wir doch einmal zusammen: Sie haben die Zwillingsschwester Ihrer Mutter am Strand gesehen, anschließend fanden Sie einen Zettel mit einer Drohung an Ihrem Wagen. Larissa Norton eilt herbei, um Sie zu warnen, bringt Ihnen den Koffer, in dem sich besagter Umschlag befindet, und wird noch am selben Tag umgebracht. Später wird deren Wohnung in Bielefeld durchsucht, und nun ist der Umschlag weg. Also muss dieses Krankenblatt, wie Sie es bezeichnen, eine mehr als brisante Information enthalten.«

      Frauke war bleich geworden und hatte sich auf ihr Bett gesetzt. Zum ersten Mal betrachtete Thorben Weller sie genau und plötzlich wusste er, woran sie ihn erinnerte, und noch etwas wurde ihm schlagartig klar:

      »Sie müssen hier weg, und zwar schnell.«

      »Aber wo soll ich denn hin? Außerdem habe ich die Wohnung noch für diese Woche bezahlt«, jammerte Frauke.

      »Wir werden schon etwas finden. Packen Sie Ihren Kram zusammen. Ich nehme Sie mit.«

      Thorben Weller war normalerweise kein Mensch schneller Entschlüsse, fühlte sich aber auf ihm unerklärliche Weise zum Handeln gedrängt. Wie er seine eigenmächtige Vorgehensweise seiner Dienststellenleiterin erklären sollte, musste er sich noch überlegen. Er zumindest hatte keine Lust, schon wieder eine Leiche zu begutachten. Wenig später tauchte er mit Frauke im Schlepptau bei seiner Schwester auf, die etwa drei Kilometer entfernt direkt am Wasser einen kleinen Bungalow besaß.

      Mira Wiedemann hatte noch einmal gründlich alle Briefe kontrolliert, die Frauke Thomas ihr zur Verfügung gestellt hatte, auch die Unterlagen der Spurensicherung, alle Protokolle der aussagenden Personen, und die Tatortfotos hatte sie gründlich geprüft. Negativ. Dann ließ sie sich Unterlagen des Unfalls von Fraukes Vater vor zwölf Jahren kommen. Werner Thomas war auf der Autobahn Richtung Bremen aus ungeklärter Ursache ins Schleudern geraten und in die Leitplanken geknallt. Er war sofort tot. Die Untersuchung des Unfallfahrzeugs ergab plötzliches Bremsversagen durch ausgetretene Bremsflüssigkeit. Eine Manipulation an der Bremsleitung konnte nicht eindeutig nachgewiesen werden.

      Mira hatte gerade die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass auch dieser Unfall ein Mord sein könnte, als Thorben Weller hereingestürmt kam.

      »Ich habe Frau Thomas bei meiner Schwester untergebracht. Irgendjemand hat ein Schriftstück aus ihrem Hotelzimmer gestohlen.«

      Er war außer Atem und sein Gesicht war gerötet. Mira warf ihm einen skeptischen Blick zu.

      »Halten Sie die junge Frau für so gefährdet?«

      Weller, überrascht ernst genommen zu werden, antwortete erleichtert:

      »Auf jeden Fall. Ihre Erbschaftsunterlagen, Briefe ihrer Eltern und auch Geld wurden nicht angetastet, nur ein brauner Umschlag ist entwendet worden.«

      Mira nickte zustimmend.

      »Vielleicht ist es besser, sie verschwindet einige Zeit. Ihr Vater scheint auch keinen normalen Unfall gehabt zu haben. Was enthielt denn der Umschlag?«

      Weller zuckte die Schultern.

      »Sie sprach von einem Krankenblatt. Sie konnte nichts damit anfangen. Dann kam dieser Friedrich Lust, der vor Kurzem schon bei ihr war, und hat mit ihr einen Strandspaziergang gemacht.«

      »Wir müssen ihn dringend vernehmen. Er taucht immer auf, wenn etwas passiert, finden Sie nicht?«

      Weller nickte und nach kurzem Überlegen erbot er sich, Lust aufzusuchen.

      Das Zimmer im Hause Meier war einfach, aber sauber. Die Familie Meier hatte zwei Kinder im Vorschulalter, die für die vorübergehende Unterbringung von Frauke in das Spielzimmer umgezogen waren. Elke Meier war freundlich und nett und Frauke machte es Spaß, ihr bei der Beaufsichtigung der beiden drei und fünf Jahre alten Jungen zu helfen. Nach dem neuerlichen Vorfall traute sie sich nicht mehr allein hinaus, hier würde weder Friedrich Lust noch sonst jemand sie vermuten. Nach diesem turbulenten Tag hatte sie sich noch einmal die Unterlagen vorgenommen, die sie in Larissas Tresor gefunden hatte. Mittlerweile ging sie davon aus, dass ihre Mutter und ihre Tante Verena mit demselben Mann ein Verhältnis hatten. Warum der Streit der Schwestern auch nach deren Eheschließung weiter anhielt, war für Frauke noch immer ein Rätsel. Die Unterlagen gaben darauf keine Hinweise, außerdem handelte es sich größtenteils um Bankberichte und Investitionsunterlagen, deren Bedeutung sie später mit ihrem Anwalt klären wollte.

      Von der Polizei hatte sie erfahren, dass ihr Onkel, Karsten Thilo Bornfeld, regelmäßig mit Larissa brieflichen Kontakt hatte, was ihre Annahme bestätigte, nachdem sie den letzten Brief von Bornfeld in Larissas Wohnung gefunden hatte. Es blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als diesen Onkel aufzusuchen. Auf Anraten von Kommissar Weller hatte sie ihren Wagen vor der Pension in Hooksiel stehen lassen, für die letzten Urlaubstage beschaffte sie sich einen Leihwagen, was ihr durch das Geld, welches sie in Larissas Wohnung gefunden hatte, nicht schwerfiel. Am nächsten Tag half sie Elke Meier, die Kinder in den Kindergarten zu bringen und fuhr anschließend nach Wilhelmshaven. Zuerst machte sie an einem Friedhof halt. Sie wusste nicht, wo das Grab ihrer Eltern war, aber sie musste es finden. Langsam ging sie zwischen den Gräberreihen hindurch, las Inschrift um Inschrift, aber den Namen ihrer Eltern entdeckte sie nicht.

      Fast eine Stunde lief sie zwischen den Gräberreihen hin und her, wurde immer unglücklicher und beschloss dann, erst ihre Verwandten aufzusuchen. Später wollte sie im Einwohnermeldeamt erfragen, auf welchem Friedhof ihre Eltern begraben lagen. Sie war damals erst zwölf Jahre alt gewesen und konnte sich nicht mehr erinnern, wo ihre Mutter beerdigt wurde. Seufzend stieg sie in ihren Wagen und machte sich auf die Suche nach ihrer Tante. Der Polizeibeamte hatte ihr zum Glück die Anschrift gegeben. Das Anwesen lag in einer gepflegten Straße und war durch ein Tor mit Sprechanlage gesichert. Auf ihre Frage nach Herrn Bornfeld wurde ihr vom Hausmädchen mitgeteilt, der Herr befinde sich nicht im Hause, eine weitere Auskunft erhielt sie nicht. Enttäuscht fuhr sie eine Runde um die Siedlung, parkte drei Häuser weiter und hatte Glück. Ein Mercedes kam langsam angerollt, das Tor glitt zur Seite, Frauke startete und fuhr hinterher, allerdings nicht schnell genug, das Tor war schon wieder zu. Verärgert sprang sie aus dem Wagen, klammerte ihre Hände an die Eisenstäbe des Tores und sah einen Herrn aussteigen, der zu ihr hinüber schaute. Er zögerte einen Moment, kam dann mit großen Schritten auf sie zu.

      Friedrich Lust hatte sein Fahrrad geputzt und wollte gerade zu seiner üblichen Abendtour aufbrechen, als er Besuch bekam. Sofort erkannte er diesen Grünling von der Kripo, der beim Auffinden der ermordeten Larissa Norton fast in Ohnmacht gefallen wäre.

      »Haben Sie den Mörder schon gefunden, Herr Kommissar?«, frotzelte er.

      Thorben Weller grinste.

      »Ich bin auf dem besten Wege. Wo waren Sie gestern Nachmittag?«

      »Wieso?