Larissas Geheimnis. Gisela Garnschröder

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Название Larissas Geheimnis
Автор произведения Gisela Garnschröder
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783967526790



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      »Nicht, dass ich wüsste. Sie haben mir meine Frage nicht beantwortet.«

      »Ich war mit Frau Thomas unterwegs.«

      »Woher kennen Sie Frau Thomas?«

      »Ich habe sie vor zwei Wochen zufällig auf der Straße getroffen, das habe ich Ihrer Kollegin schon gesagt.«

      Langsam wurde Lust ärgerlich. Dieser Anwärter auf einen Beamtenposten konnte einem ganz schön auf die Nerven gehen.

      »Vorher haben Sie Frau Thomas nie gesehen? Oder ihre Tante?«

      »Nein, verdammt noch mal! Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?«

      »Reine Routine. Ist Ihnen an Frau Thomas etwas aufgefallen?«

      Jetzt wurde es Friedrich Lust zu viel.

      »Was soll mir aufgefallen sein? Dass sie traurig war, weil ihre Tante ermordet wurde? Das ist doch normal, oder?«

      Er drehte sich demonstrativ um und begann, wie wild an seinem Fahrrad herumzuputzen. Weller ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

      »Als Sie gestern mit Ihr unterwegs waren, ist Ihnen da etwas aufgefallen?

      Hat Sie jemand beobachtet oder verfolgt?«

      Lust drehte sich um und schaute erstaunt in dieses rote Gesicht mit den blassen Glupschaugen.

      »Nein. Ist Frauke was passiert?«

      Weller verneinte und Lust schimpfte.

      »Wollen Sie mit mir Ihre Zeit totschlagen, oder was soll die Fragerei?«

      Weller zückte ungerührt seinen Notizblock, kritzelte etwas hinein und verabschiedete sich. Friedrich Lust schaute ihm verärgert nach.

      Kurz darauf fuhr er mit seinem Fahrrad bei der Pension vor, um Frauke von dem Besuch des Beamten zu erzählen. Ihr Wagen stand draußen, aber auf seine Frage antwortete die Wirtin, sie sei ausgegangen. Weit konnte sie nicht sein, da war er sicher, also fuhr er eine Stunde durch die Gegend und erschien kurz vor Einbruch der Dunkelheit erneut in der Pension. Sie war noch immer nicht zurück, und Lust fuhr nachdenklich heim, ohne zu merken, dass er beobachtet wurde.

      Thorben Weller war davon gefahren und hatte seinen Wagen gut einen Kilometer weiter vor einem Imbiss abgestellt. Er hatte Feierabend, aber seine Ermittlungen waren auf einem absoluten Tiefpunkt. Es ärgerte ihn, ohne jedes konkrete Ergebnis am nächsten Tag zum Dienst zu erscheinen. Hauptkommissarin Wiedemann würde kaum begeistert sein. Nachdem er sich gestärkt hatte, machte er sich zu Fuß auf den Weg zu der Pension. Er hatte das Gefühl, etwas übersehen zu haben. In der Einfahrt eines Nachbargebäudes stand eine Bank, die einen guten Blick auf den Eingang der Pension bot, er ließ sich darauf nieder und vertiefte sich in eine Zeitung, die er für alle Fälle eingesteckt hatte. Eine ältere Dame kam vorbei, musterte ihn skeptisch und ging vor sich hin brummelnd davon. Er musste nicht allzu lange warten, Friedrich Lust kam mit seinem Rennrad vorgefahren, verschwand für wenige Minuten in der Pension und fuhr anschließend langsam wieder davon. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erschien er erneut und war abermals recht schnell verschwunden. Weller wollte gerade zu seinem Wagen zurück, als er plötzlich stutzte. Eine Dame mit rötlichen Haaren betrat die Pension. Als sie nach einer Stunde noch immer nicht zurück war, ging er hinüber und erkundigte sich an der Rezeption.

      »Sie meinen sicher die Mutter von Frau Thomas«, erklärte die Wirtin lächelnd, »sie wollte deren restliche Sachen holen.«

      Weller wusste, dass Frauke alle ihre Sachen mitgenommen hatte, und forschte weiter:

      »Ist die Dame noch in Frau Thomas Zimmer?«

      »Ich glaube, ja.«

      Weller ging hinauf und fand das Zimmer wie erwartet. Alle Schubläden und Schranktüren waren geöffnet, aber von der Rothaarigen keine Spur.

      »Sie können das Zimmer jetzt aufräumen und neu vermieten«, erklärte Weller kurz darauf der sprachlosen Wirtin. »Frau Thomas Mutter ist übrigens seit zwölf Jahren tot.«

      Nach der Beschreibung, die ihm die Wirtin gab, handelte es sich wahrscheinlich um Verena Bornfeld. Weller notierte sich Uhrzeit und Beschreibung und machte sich gefrustet auf den Heimweg. Am nächsten Morgen wurde er, wie erwartet, von seiner Vorgesetzten mit säuerlicher Miene empfangen.

      »Es ist neun Uhr! Wo haben Sie die ganze Zeit gesteckt? Ich habe x- mal angerufen, Ihr Handy war ausgeschaltet!«

      »Ich habe Friedrich Lust vernommen und später die Wirtin der Pension, in der die Thomas gewohnt hat. War übrigens ganz interessant, eine rothaarige Dame...« Hier wurde er von Mira Wiedemann grob unterbrochen.

      »Sparen Sie sich den Rest. Ihre Schwester hat angerufen, Frauke Thomas ist verschwunden.«

      »Was? Davon weiß ich doch gar nichts!«, erregte sich Weller.

      »Weil Sie in der Welt herumgondeln ohne Plan.«

      »Ich hatte Feierabend«, knurrte Weller trotzig. Da hatte er sich den ganzen Abend um die Ohren geschlagen, die Pension beobachtet und nun wollte seine Kollegin nicht einmal hören, was er ermittelt hatte.

      »Egal, Sie sollten sich bei mir melden. Lassen Sie demnächst Ihr Handy an!«, fauchte Mira und fuhr fort: »Nun machen Sie sich auf die Socken, und wir fahren zu diesen Bornfelds.«

      »Frau Bornfeld war gestern in der Pension.«

      Mira schaute Weller ungläubig an.

      »Wieso? Ich verstehe nicht!«

      Thorben Weller winkte ab.

      »Vergessen Sie‘s!«

      Mira sprang auf und schnappte sich ihre Jacke.

      »Kommen Sie, und auf dem Weg berichten Sie mir von gestern Abend.«

      Die Tür fiel ins Schloss, der Schlüssel drehte sich hörbar und Frauke fand sich in einem riesigen Zimmer wieder. Empört donnerte sie mit den Fäusten gegen die Tür, keine Reaktion. Wütend stampfte sie mit dem Fuß auf und ließ sich wenig später erschöpft in einen Sessel fallen. Erst jetzt sah sie sich im Zimmer um. Es war mit hellen Buchenmöbeln ausgestattet, in der hinteren Ecke stand ein Bett.

      Angst überkam sie, verdrängte die Wut, mit klopfendem Herzen stand sie auf und sah durch die hohen, langen Fenster in den parkähnlichen Garten hinunter.

      ‚Ich will hier raus‘, dachte sie und versuchte einen der Fensterflügel zu öffnen, was ihr auch gelang.

      Frische Luft drang herein, aber als sie sich hinausbeugte, stellte sie fest, dass sie sich mindestens im dritten Stock befand und ein Hinunterklettern unmöglich war. Seufzend ging sie weiter bis zu der Tür am anderen Ende. Sie führte in ein luxuriöses Bad, in dem es an nichts fehlte. Sie benutzte die Toilette, warf einen Blick in den Spiegel und überlegte, was zu tun sei.

      Ihr Onkel, Herr Bornfeld, hatte sie freundlich empfangen, aber darauf bestanden, dass sie den Wagen weit entfernt vom Haus vor einem Kaufhaus abstellte. Schon dabei hätte ihr ein Licht aufgehen müssen, aber sie war so beeindruckt von dem Mann mit den dichten, blonden Haaren und den freundlichen, grauen Augen, dass sie alle Vorsicht vergessen hatte. Wieder im Haus zurück, war er nach einem kurzen Gespräch in der Eingangshalle mit ihr in den Fahrstuhl gestiegen und hatte sie gebeten, in diesem Zimmer auf ihn zu warten. Erst das Geräusch des Schlüssels brachte sie wieder auf den Boden der Tatsachen. Was zum Donnerwetter wollte der Typ von ihr? Würde er sie umbringen, wie ihre Tante? Sie lief aus dem Bad wieder in das Zimmer zurück und donnerte erneut an die Tür bis ihre Fäuste blaue Flecken hatten, nichts rührte sich. Dann ging sie ans Fenster und schrie hinaus:

      »Hilfe! Hilfe!«

      Keine Reaktion.

      Mira Wiedemann jagte über die Straße, dass es Thorben Weller ganz schwindelig wurde.

      »Müssen Sie so rasen? Wir sind in der Innenstadt.«

      Mira beachtete seinen Einwurf nicht, fuhr unbeirrt weiter und hielt kurz darauf mit quietschenden Reifen vor dem Tor der Bornfelds.