Tatort Rosenheim. Heinz von Wilk

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Название Tatort Rosenheim
Автор произведения Heinz von Wilk
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783734994920



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kann, wenn er will? Das weißt du doch selber am besten. Und die Sissi-und-Franz-Nummer: Einiges ja, da habe ich schon genug Fakten. Und wenn ich die Belege dazu zusammenzähle, dann krieg ich noch das eine oder andere bewiesen. So hab ich immer gearbeitet, und das funktioniert auch bei euch hier in der Provinz. Besonders hier, wenn du weißt, was ich meine.«

      »Sissi und Franz finde ich pietätlos. So heißen die beiden Papageien im Rosenheimer Gartencenter. Und wenn du es schon so genau weißt: Ja, wir lieben uns.«

      »Echt jetzt? Und das Business, die Rein-und-raus-Nummer auf dem Tisch mit ein paar anderen Kerlen? Das stört dich nicht? Oder wenigstens sie?«

      Chili fuhr sich mit dem Finger der rechten Hand hinter den Hemdkragen: »Das ist rein geschäftlich. So was muss man vom Privaten trennen.« Er hob die Hand, als der Auer was sagen wollte. »Pass auf, ich bin natürlich eifersüchtig, wenn sie mit Kerlen im Restaurant flirtet oder so. Da kann’s gut sein, dass da mal so einer quer durch den Laden fliegt. Aber im Job, da sehen wir das beide anders. Business as usual. So was versteht einer wie du natürlich nicht. Da waren die Sissi und ich schon viel weiter. Profis eben.«

      »Wow. Ich bin beeindruckt. Wo ist sie?«

      »Ich weiß es nicht. Echt jetzt. Um das geht’s auch nicht mehr. Wenn der Brunner die Sissi-Pornos zu sehen kriegt, dann bin ich dran, das ist mir klar. Aber, und das sage ich dir mal ganz im Vertrauen, der Brunner, der hat Stress der anderen Art. Falls eine Lösegeldforderung für die Sissi auftaucht, dann kann’s gut sein, dass er nicht zahlen kann. Weil der alte Mann in der Klemme steckt. In einer von vielen Klemmen. Mehr kann ich dir nicht sagen.«

      »Musst du auch nicht. Ich rede jetzt einfach mal weiter. Der Otti wollte raus aus dem Ganzen. Er hat euch einen guten Deal angeboten. Aber der Otti ist dummerweise verstorben. Und das ist ein anderes offenes Kapitel, über das du mal in einer lauen Nacht nachdenken solltest: Wenn ich irgendwie rauskriege, dass dem Unfall ein bisschen nachgeholfen wurde, dann kenne ich nur einen, den ich mir zur Brust nehme. Und dann helfen dir die beiden da draußen auch nicht mehr viel.«

      Chili erstarrte in der Bewegung und glotzte über den Tisch: »Ja, spinnst jetzt ganz?«

      »Nein, nein, überleg doch mal: Du warst angeschnallt, der Otti nicht. In der Konstellation fahre ich gerne jetzt gleich am Steuer deines Amischlittens mit dir, du unangeschnallt auf dem Beifahrersitz, in Richtung Samerberg. Und dort oben an einen Baum deiner Wahl.« Auer kniff ein Auge zu: »Na, dämmert bei dir da was?«

      Der Blonde schüttelte den Kopf, dass sein langer Pferdeschwanz wie eine Fahne im Wind hin und her flatterte: »Das hängst du mir nicht an. Du nicht. Da gibt es polizeiliche Ermittlungen. Der Fall ist abgeschlossen. Und jetzt mal ganz hypothetisch: Warum sollte ich den Otti umlegen? Wir haben einen Haufen Geld zusammen verdient.«

      »Erste Vergangenheit: ›haben‹. Da hast du es. Er wollte raus. Wie Al Pacino im ›Paten‹, aber das hat euch anderen beiden nicht gepasst.«

      Chili wedelte mit den Händen: »Nein und noch mal nein, verflucht. Bau hier keine Potemkinschen Dörfer auf. Es war eher so: Kaum war der Otti im Hades, hat mir der Brunner eröffnet, dass wir weitermachen können, aber er dann den doppelten Anteil will, weil er ein bissel klamm ist. Den Brunner, den hätte man, wenn überhaupt, umlegen sollen. Nicht den Otti, wenn wir schon davon sprechen. Ohne den alten Sack hätten der Otti und ich die zwei Dinger auch problemlos durchziehen können. Gut, vielleicht nicht so einfach wie mit ihm, aber einen anderen Bänker tut man immer auf, wenn die Kohle stimmt. Noch was?«

      »Aber immer doch. Bevor ich dir was erzähle, sagst du mir, warum der Brunner Geldprobleme hat und warum du bei dieser Sissi-Kiste die Füße stillhalten sollst. Dann erzähl ich dir wieder was. Ein Geben und Nehmen. Wie im richtigen Leben. Was meinst du?«

      Chili seufzte: »Oh Mann, in was bin ich da wieder reingeschleudert? Hör zu. Der Brunner zockt gerne. Er wettet und spielt Poker. Hier bei uns nicht, denn wenn sich das rumsprechen würde, wäre er seinen Job los. Also macht er das auswärts. München, Salzburg, Innsbruck, Bregenz, was weiß ich. Immer in irgendwelchen Hinterzimmern. Privatspiele ohne Limit.«

      »Kenn ich, so was. Die Jungs, die die Spiele aufziehen, geben die Highroller gegen eine Gebühr weiter. Da ruft einer den anderen an und sagt, pass mal auf, ich hab da eine Goldgans. Der könnt ihr gut was abnehmen, ich geb euch den, und ihr lasst 25 Prozent rüberwachsen. Von allem, was der Typ an euch verliert. Und zu Mackern wie dem Brunner sagen die, fahr mal nach München, in der Arcisstraße sowieso, da gibt’s ein kleines griechisches Kellerrestaurant. Geh an die Bar und sag das Losungswort ›Bodennebel‹. Das gilt nur für das nächste Spiel am Samstag. Fünf Mann, kein Limit. Wir spielen Poker, Texas hold’em. Mach das, Mann, da hast du vielleicht mehr Glück als hier bei uns.«

      Der Chili zuckte mit den Schultern: »Kann sein. Mit der Zockerszene hab ich nichts zu tun. Bei mir im Laden wird nicht gespielt, sondern nur ehrlich gevögelt. Und meine Filme haben Niveau. Alles hochseriös. Neulich waren Jugos hier, die haben mir DVDs angeboten, da wirst du depressiv. Männer bumsen Schäferhunde. Okay, die sind reinrassig, hat der Jugo gesagt. Also, die Hunde, die Kerle kannte er nicht persönlich. Aber trotzdem, Mann. Und dann, also nein, Frauen mit einem Esel. Pfui Teufel, meine Jungs haben die Jugos hochkant rausgeworfen. Mit so einem Dreckszeug will ich nix zu tun haben. Bei mir und in meinen Filmen gibt’s nur ehrliche, bodenständige Bumserei. Mann-Frau, auch mal mehr von einer Sorte. Mit Volksmusik im Hintergrund. Richtig romantisch und mit Sahne.«

      Auer nickte: »Ich bin beeindruckt. Du bist eine Stütze unserer Gesellschaft, mein Lieber. Sag mal, der Brunner, der fährt doch nicht alleine mit einem Haufen Bargeld in der Tasche in irgendein Kellerhinterzimmer? Kann es sein, dass du da ab und zu deine Jungs mitgeschickt hast? Danny und Arnold?«

      »Wen?«

      »Deine beiden da draußen. Ich hab sie Danny und Arnold getauft, und das gefällt ihnen.«

      Chili lachte und rieb sich über das stoppelige Kinn. »Kann sein. Ja, schon, jetzt, wo du mich so direkt fragst. Aber ich wollte nie was Genaueres wissen. Je weniger du weißt, desto besser ist es. Der Brunner hat die beiden ein paarmal übers Wochenende mitgenommen. In diesem Jahr vielleicht dreimal oder so. Er hat aber alles bezahlt. Hotel, Essen und Kohle für die beiden. Und den Ersatz, den ich mir für die Tage holen musste. War aber nicht schlimm, ich kenn da einen Araberclan, die handeln mit Autos und so. Die haben mir für kleines Geld zwei Schränke vorbeigeschickt. Steroid-Pumper. Blöd, aber abschreckend. Was willst du jetzt damit machen?«

      Gut, denkst du jetzt, der Auer Max ist ja nicht unterbelichtet. Der wird einen Teufel tun und dem Chili erzählen, was er vorhat. Der Max stand auf und sagte im Rausgehen: »Keine Ahnung. Ich muss noch einen sizilianischen Zitronenkuchen für die Friedl vom Bergmeister mitbringen. Ich mach mich mal vom Acker, sodass ich in die Stadt reinkomme, bevor die Läden schließen. Pass auf, ich frag deine Jungs, wo die zuletzt mit dem Brunner waren. Du gehst jetzt mit an die Tür und sagst denen, dass sie mir alles erzählen können, weil ich ja quasi zur Familie gehöre. Klar?«

      Chili zog sich murmelnd hinter seinem Schreibtisch hoch und ging an Auer vorbei zur Tür, riss sie auf und rief: »Wer ist ab heute Danny?«

      Der Kleine kam grinsend angewieselt. Im Büro war es hell, aber das Lokal hinter ihm war diffus beleuchtet und fast dunkel. »Ich, Boss. Klingt cool, oder? Was gibt’s?«

      »Der Max hier, der gehört zur Familie, aber das wisst ihr wahrscheinlich schon. Er fragt euch was wegen dem Brunner. Ihr sagt ihm alles, was ihr wisst. Aber nur über den Brunner. Das hier …«, Chili beschrieb mit dem rechten Arm einen Bogen, »das hier, was in der Kneipe so passiert oder auch nicht, da muss auch die Familie nicht alles so genau wissen, verstehen wir uns?«

      Der Kleine nickte und ging im schummrigen Licht zurück an den Tisch. Max folgte ihm. Danny nahm eine kleine Maglite-Taschenlampe aus seiner Jackentasche und leuchtete auf einen Teller, der vor Arnold stand. »Er hat sich letzte Woche in die Finger gebissen, weil er seine Hauer ein bissel schnell in einen Hamburger geschlagen hat. Sieht ja auch keine Sau was, bei diesem Pettinglicht hier drinnen.«

      Arnold knurrte, nahm im schmalen Lichtkegel der Maglite etwas Undefinierbares vom Teller und steckte es