Religionen waren von Anfang an mit Gewalt verbunden, das zeigt sich an der Rekonstruktion archaischer Opferrituale wie an den Ursprungsmythen der Völker. Erst allmählich konnte in der Entwicklung der Glaubensgemeinschaften die Vergöttlichung der Gewalt überwunden werden. Georg Baudler zeichnet diese Entwicklung nach und macht anhand zahlreicher historischer Beispiele deutlich, welche kulturellen und intellektuellen Voraussetzungen geschaffen werden mussten, um das Ideal des Friedens und der gewaltlosen Auseinandersetzung zu verbreiten. Er hat dabei westliche wie östliche Entwicklungslinien im Blick und arbeitet besonders heraus, wie in der so genannten ›Achsenzeit‹ (Karl Jaspers) religiöse Führergestalten wie Jesus und Buddha auftraten, die der Gewaltausübung und -feier andere Modelle gegenüberstellten. Dass aber damit die Tradition des Gewaltkultes noch nicht restlos gebrochen werden konnte, zeigen Beispiele, die bis in die Gegenwart reichen.
Rituale sind ein wesentlicher Teil symbolischer Kommunikation im Mittelalter – dies hat nicht nur die Geschichtswissenschaft erkannt, die den Stellenwert von Ritualen im politischen Leben untersucht, sondern auch die Literaturwissenschaft, die der Bedeutung von geschilderten politischen Ritualen für das Verständnis literarischer Texte nachgeht. Corinna Dörrich zeichnet im ersten Teil ihrer Studie anhand historiographischer und literarischer Texte eine ›kulturelle Poetik‹ des Rituals nach. Im zweiten Teil untersucht sie Rituale unter der Perspektive einer im engeren Sinne literarischen Poetik. Sie zeigt, wie Rituale in literarischen Texten nicht nur von historischen ›Spielregeln‹ des Verhaltens gesteuert, sondern auch für das Erzählen selbst funktionalisiert werden. Sie plädiert für eine Lesart von Ritualen, in der Regeln politischen Verhaltens und Regeln des Erzählens gleichermaßen berücksichtigt und gerade in ihrer Wechselwirkung beschrieben werden. Sie gewinnt so den Texten sowohl in historischer als auch in literaturwissenschaftlicher Hinsicht neue Perspektiven für das Verständnis mittelalterlicher Gesellschaft und Kommunikation ab.
Die von Anfang an prekären Bedingungen der ersten deutschen Republik und die zusätzlichen Belastungen durch die Weltwirtschaftskrise führten zur schwersten Staatskrise der neueren deutschen Geschichte, die in kurzer Zeit das liberal-demokratische Regierungssystem erst aushöhlte und dann in eine uneingeschränkte Diktatur umwandelte. Entlang des Weimarer Phasenmodells entfaltet Gessner die zentralen Forschungskontroversen um die Bedeutung der Weltwirtschaftskrise, die Rolle der Arbeiterbewegung und den Weimarer Antisemitismus. Überdies werden die Debatten zum Anti-Modernismus, zur Rationalität und Modernität in der kulturellen Entwicklung sowie über die Ursachen des Endes von Weimar und das Wählerpotenzial der NSDAP dargelegt: Dieselben Gründe, die die Republik scheitern ließen, haben das ›Dritte Reich‹ ermöglicht. Alle Fragen an Weimar sind auch Fragen nach dem Deutschland der Jahre 1933 bis 1945.
Die ›Nikomachische Ethik‹ des Aristoteles stellt einen der Grundtexte der abendländischen Philosophie dar, der erstmals eine umfassende ethische und handlungstheoretische Begrifflichkeit entwickelt und alle zentralen Themen der praktischen Philosophie behandelt. Der Ausgangspunkt, in den alle diese Themen eingebaut sind, ist die Frage nach dem Glück oder guten Leben, mit der die Abhandlung beginnt und zu der sie am Ende zurückkehrt. Die Werkinterpretation macht den schwierigen Text insbesondere für Studierende zugänglich, die noch nicht mit der antiken Begrifflichkeit vertraut sind. Dazu stellt sie jeweils am Anfang und am Schluss eines Kapitels die großen Linien heraus, erläutert die zahlreichen Termini, die Aristoteles geprägt hat, in ihrer Bedeutung und vergleicht sie mit unseren heutigen Begriffen. Ein Personen- und Begriffsregister, eine Konkordanz der wichtigsten Begriffe sowie eine ausführliche Bibliographie steigern die Benutzbarkeit des Bandes zusätzlich.
1885 erschütterte die westliche Welt die Nachricht vom Fall der Stadt Khartum und der brutalen Ermordung des britischen Generals Charles Gordon. Die Anhänger des Mahdi Mohammed Ahmed errichteten den ersten islamischen Gottesstaat und schotteten den Sudan über 12 Jahre gänzlich von der Umwelt ab. Erst der Rachefeldzug Lord Kitcheners machte dieser historischen Episode ein Ende, die zu Recht als Geburtsstunde des islamischen Fundamentalismus gesehen werden kann. Erhard Oeser erzählt anschaulich Aufstieg und Fall des Mahdi-Reiches. Er stützt sich dabei auch auf die Berichte zweier Gefangene des Mahdi, die seinerzeit in Europa weite Verbreitung fanden und von Queen Victoria ebenso gelesen wurden wie von Winston Churchill. Die Gefangenen konnten die innere Struktur dieses ersten islamischen Gottesstaates aus leidvoller Erfahrung genauestens schildern. Heute, angesichts der Geburtsstunde neuer Staaten in Nordafrika, gewinnt dieses Vorspiel des politischen Islam eine ganz neue Aktualität.
Von jedem verkauften Exemplar dieses Titels gehen 2 Euro an ArbeiterKind.de Covid 19: Zwar ist die Epidemie – anders als manche Verschwörungstheorie suggeriert – nicht menschengemacht, ihre rasende, pandemische Ausbreitung aber hat schon mit der Welt zu tun, wie wir sie gestaltet haben, mit einer hypervernetzten, globalen Wirtschaft, mit unbegrenzten Verkehrsströmen. Und die Folgen dieser Pandemie schlagen natürlich auf alle Lebensbereiche durch: Was macht das mit uns? Mit unserer Gesellschaft, unserer Demokratie, mit unseren Kindern? Und was passiert mit dem Klima – kurzfristig gut, aber nach der Pandemie umso mehr gebeutelt? Wochenlang beherrschten Virologen den Diskurs. Corona und die Folgen können aber nicht allein von Medizinern und Naturwissenschaftlern behandelt werden. Die wbg hat Ihre Autoren um Gedanken zur Pandemie gebeten, und rund 30 Autoren haben Essays geschickt, die historisch oder kritisch einordnen, widersprechen oder erklären, und die zusammen eindrucksvoll die Bandbreite geisteswissenschaftlicher Reaktionen auf die Ausnahmesituation zeigen. Mit Beiträgen von Ulrike Ackermann, Kai Brodersen, Angelos Chaniotis, Christoph Cornelißen, Julia Ebner, Étienne François, Hans-Joachim Gehrke, Frank Göse, Lisa Herzog, Nikolas Jaspert, Sven Felix Kellerhoff, Robert L. Kelly, Kersten Knipp, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Rainer Marten, Pierre Monnet, Günter Müchler, Jochen Oltmer, Hermann Parzinger, Corine Pelluchon, Rebekka Reinhard, René Schlott, Gesine Schwan, Achim Sohns, Florian Steger, Tobias Straumann und Hubert Wolf.
Diese umfassende Darstellung des Philosophen Xenophon reicht von der Staats- und Sozialphilosophie über naturphilosophische Fragen und ethische Probleme bis hin zur Theologie. Die ganze Breite des Denkens Xenophons wird abgedeckt. Komplettiert wird der Band durch eine philosophiegeschichtliche Einordnung und eine Darstellung der Rezeptionsgeschichte. Xenophon wird so zum ersten Mal auch als sokratischer Philosoph und als Athener greifbar. Da die politische Philosophie in der Darstellung eine zentrale Rolle spielt, wird auch das politische Denken Athens in seiner historischen Situation verständlicher. Es wird gezeigt, wie sensibel Xenophon sich mit den politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen auseinandersetzte, seine Skepsis gegenüber dem Fortschrittsdenken macht ihn zum »Aufklärer über die Aufklärung«. Auf dieser Grundlage konnte er Einsichten formulieren, die sich im späteren Hellenismus als wirkmächtig erwiesen und auch heute noch lehrreich sind.
1943 – auf dem nordafrikanischen Kriegsschauplatz hatten gerade die letzten deutschen und italienischen Verbände die Waffen vor den Alliierten gestreckt – erschien „Rom und Karthago. Ein Gemeinschaftswerk“, herausgegeben von dem Tübinger Althistoriker Joseph Vogt. Der Band verstand sich als Beitrag zum „Kriegseinsatz der deutschen Geisteswissenschaft“ im Rahmen der NS-„Aktion Ritterbusch“. Etliche der insgesamt neun Autoren gehörten später zur Crème de la Crème der deutschsprachigen Altertumswissenschaft.
75 Jahre nach Erscheinen rekonstruiert der vorliegende Band, was die Verfasser damals bewog, bei diesem Projekt mitzumachen, das sich ausdrücklich einem „rassenkundlichen“ Blick auf die Antike verschrieben hatte. Wie gingen Autoren, die wie Fritz Schachermeyr und Reinhard Herbig dem Nationalsozialismus nahestanden, aber auch andere, wie Alfred Heuß und Matthias Gelzer, mit dem von Vogt verordneten analytischen Prisma um? Und vor allem: Welche Wirkung entfalteten die versammelten Aufsätze – auch über das Epochenjahr 1945 hinaus?
Mit Beiträgen von Christoph Auffarth, Martin Dennert, Hans-Joachim Gehrke, Dorothea Rohde, Tassilo Schmitt, Helmuth Schneider, Raimund Schulz, Michael Sommer und Uwe Walter.
Die ›WBG Weltgeschichte‹ betrachtet – im Gegensatz zu bisherigen weltgeschichtlichen Darstellungen – die gesamte Menschheitsgeschichte erstmals unter dem Aspekt der globalen Zusammenhänge und Abhängigkeiten und bietet so einen modernen und zeitgemäßen Gesamtüberblick. Wer etwas über die Geschichte der Menschen auf dem Planeten Erde unter Berücksichtigung aller Zeiten und Kulturen erfahren möchte, kommt an diesem Werk, an dem bedeutende deutsche Fachvertreter der Geschichtswissenschaften mitgewirkt haben, nicht vorbei: »Sowohl ein universitärer Leserkreis als auch ein breiteres Publikum finden hier wichtige lesenswerte Darstellungen zu großen welthistorischen Themen des 19. und 20. Jahrhunderts« Historische Zeitschrift
Bürgerliches Trauerspiel und soziales Drama verbindet ein gemeinsames Anliegen: Sie möchten die durch gesellschaftliche Entwicklungen benachteiligten und von politischen und wirtschaftlichen Ressourcen ausgeschlossenen Bevölkerungsschichten ›tragikfähig‹ machen. Die Einführung von Franziska Schößler ist in Studium und Lehre vielfach erprobt. Sie stellt beide Gattungen in ihren historischen Ausformungen vor und gibt einen Überblick über die bekanntesten Werke. Für die Neuinterpretation repräsentativer Texte von Lenz, Hauptmann und Fleißer werden methodische Ansätze von der Kulturwissenschaft bis zu den Gender Studies fruchtbar gemacht. Die Neuauflage beinhaltet wesentliche Ergebnisse zur Gegenwartsdramatik und zur Dramatik von Frauen sowie eine ergänzte Bibliographie.