Theodor Litt (1880 – 1962) ist geisteswissenschaftlich geprägter und dialektisch orientierter philosophischer und pädagogischer Denker. Für die Pädagogik geht es ihm darum, traditionelles Bildungsdenken und moderne Zeiterscheinungen in Form von Synthesen miteinander zu vereinbaren. Nach Litt hat der Mensch Kultur und Weltbildungsbedeutung, indem er Kultur und Welt schafft, erarbeitet, bildet. Naturwissenschaft, Technik und moderne Arbeitswelt sind ihm dabei bildende Mächte, wie diese ihrerseits durch den Menschen zu sinnträchtigen Mächten werden. Die Kultur- und Weltbildungsbedeutung des Menschen besteht auch darin, die in jedem Fortschritt von Kultur und Welt einzubegreifenden Gefahren- und Bedrohungspotentiale mit zu bedenken und mit dem Positiven des Fortschritts von Kultur und Welt zu vermitteln. Tatsachenforschung und hermeneutische Forschung, wert- und sinnfreie Naturwissenschaft und wert- und sinngebundene Geisteswissenschaft gehören mithin zusammen.
Zwischen 1789 und 1815 wurde die europäische Staatenwelt durcheinander geworfen wie nur noch im Zweiten Weltkrieg. Während die europäischen Fürsten und Könige unter dem Ansturm der Revolutionsarmeen um den Erhalt ihrer Macht fürchteten, schwankten die europäischen Völker zwischen Begeisterung und Ablehnung der Ideale des französischen Eroberers. 1806 brach das römisch-deutsche Reich zusammen, 1815 wurde auf dem Wiener Kongress das Ende des europaweiten Reiches Napoleons besiegelt. Die kurze Epoche von 26 Jahren begann mit der Enthauptung eines Königs und endete mit der Verbannung eines Kaisers. Es war eine geballt kriegerische Zeit, zugleich aber auch eine kulturell revolutionäre Zeit, in der zwischen französischer Aufklärung, deutscher Klassik und deutschem Sturm und Drang die Gebildeten unterschiedlichster Herkunft eine europäische Kultur schufen, die begann, hochgradig politisch zu werden.
Carl Erdmann (1898–1945) gilt als einer der bedeutendsten deutschen Mediävisten des 20. Jahrhunderts, sein Hauptwerk »Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens« als Klassiker. Dabei hatte der 1932 Habilitierte nie einen Lehrstuhl inne, sondern fristete seine letzten Lebensjahre als überzeugter Gegner der Nationalsozialisten im akademischen Prekariat. An ihn erinnert heute der Preis des Verbands der Historikerinnen und Historiker Deutschlands (VHD) für herausragende Habilitationen im Bereich Geschichte. Der Mediävist Folker Reichert hat nun dem vor einem Dreivierteljahrhundert gefallenen Kollegen endlich ein Monument gewidmet: die eindrucksvolle Biographie des deutschbaltischen Historikers, der im angelsächsischen Raum »The Great Erdmann« genannt wird, sowie eine Edition all seiner Briefe an Familie, Freunde und Kollegen aus den Jahren 1933–1945. Die Ausgabe erlaubt somit Einblicke in das tragische Leben dieses großen Mannes, dem seine Prinzipien zum Verhängnis wurden.
Unterstützen Sie dieses Projekt bis 30.11.21 – wir bedanken uns bei allen Subskribenten mit der Nennung Ihres Namens im Buch. Tragen Sie sich hierfür als Unterstützer unter wbg-wissenverbindet.de/carlerdmann ein.
Die analytische Philosophie, wie sie an angloamerikanischen Universitäten gelehrt wird, hat in den vergangenen Jahrzehnten in Kontinentaleuropa und vor allem in Deutschland immer mehr an Bedeutung gewonnen. Was aber zeichnet die analytische Philosophie aus? Wie unterscheidet sie sich in ihrer Methode, ihrem Stil und ihrem geschichtlichen Ursprung von der nicht-analytischen Philosophie? Und was ist von der Gegenüberstellung von analytischer und kontinentaler Philosophie zu halten? Hans-Johann Glock, ein ausgewiesener Kenner der analytischen Philosophie, der viele Jahre an englischen Universitäten gelehrt hat, geht in diesem fachlich fundierten, gut verständlichen und mit viel Souveränität und Scharfsinn geschriebenen Buch diesen Fragen nach.
Das Christentum mit seinem absoluten Wahrheitsanspruch, der sich auf das geoffenbarte Wort bezog, musste die Einheit von Glaube und Kirche fordern. Doch unterschiedliche Auslegungen sorgten von Anfang an für Spannungen in der Kirche und für das Entstehen von häretischen, von ›ketzerischen‹ Ansichten und Bewegungen. Jörg Oberste geht allen Ausformungen dieses Phänomens von den Anfängen der Kirche bis ins Spätmittelalter nach. Von den Arianern der Alten Kirche über die Katharer und Waldenser bis hin zu den Lollarden und Hussiten reicht dieser Überblick. Und er zeigt die verschiedenen Reaktionen der Kirche auf diese Umtriebe. In der Inquisition des Hochmittelalters ist ihr ein machtvolles Instrument erwachsen, das aber auch den Keim des Missbrauchs in sich trug.
Die altorientalischen Kirchen des Christentums sind ein Faszinosum. Als ›altorientalische Kirchen‹ bezeichnet man die christlichen Konfessionen aus Afrika und dem Nahen Osten, die ihre Traditionen seit der Antike bewahrt haben. Sie sind nicht nur deshalb von Interesse, weil ihre Angehörigen oft als Minderheiten in muslimischen Staaten überdauert haben, sondern auch weil in ihnen die Gestalt der frühchristlichen Kirchen noch deutlich erkennbar ist. Zu diesen wichtigen lebendigen Zeugnissen der christlichen Tradition wird hier erstmals eine zusammenhängende Darstellung vorgelegt, die sich nicht nur an Fachleute richtet. Mit ihr wird auch deutlich, welche Unterschiede es im Christentum gibt und mit welchen Problemen die Ökumene zu kämpfen hat. Behandelt werden u. a. die äthiopische und eritreische orthodoxe Kirche, die armenische apostolische Kirche, die assyrische Kirche des Ostens sowie die koptische orthodoxe Kirche und die syrische Kirche. Glossar, Bibliographie und Register vervollständigen den Band.
In der Regierungszeit des Kaisers Nero (54 – 68 n.Chr.) erleben viele literarische Gattungen eine Blüte oder Renaissance. Für das Epos beschreitet Lucan neue Wege. Seneca verdanken wir die einzigen Tragödien, die aus dem römischen Altertum erhalten sind. Der Roman des Petronius stellt nicht nur ein schillerndes Sittengemälde, sondern auch ein literaturgeschichtliches Unikum dar. Die Satire erlebt mit den Gedichten des Persius einen Höhepunkt in ihrer Geschichte. Eingegangen wird u.a. auf die Fragen: Inwieweit sind die wenigen Verse, die aus Neros eigener Hand überliefert sind, für die Literatur der Epoche wertvoll? Kann unser Wissen über seine politische Entwicklung, das wir aus Sueton und Tacitus schöpfen, für die literarische Interpretation dienlich sein? Die Autorin stellt in einem Querschnitt durch die Epoche die einzelnen Autoren und Werke vor und ordnet sie in den kontextuellen Zeitrahmen ein.
Fortschritt, die Entwicklung hin zu einem Besseren, erscheint in der heutigen Wahrnehmung der westlichen Welt eine historische Tatsache zu sein. Tatsächlich aber ist dies eine Annahme, ein geschichtsphilosophisches Axiom. Im Kern entspringt diese Vorstellung der europäischen Aufklärung, und man muss gedanklich einen Schritt zurücktreten um zu erkennen, dass auch ganz andere Interpretationen historischer Verläufe denkbar sind und in anderen Kulturkreisen oder Epochen grundlegend waren oder sind. Bedrich Loewenstein, aus Prag stammender Historiker mit deutsch-jüdischen Wurzeln, geht der Idee des Fortschrittsglaubens, seinen Implikationen und Auswirkungen in einem großen historischen Essay nach, in einem Alterswerk, dass sein lebenslanges Bemühen um diesen Gedanken zusammenfasst und gleichzeitig auch die Erfahrungen eines großen Europäers zwischen verschiedensten Ideologien und Utopien reflektiert.
Frankreich ist reich an Kunstschätzen und Kulturdenkmälern. Nicht nur die Gemälde in den berühmten Museen, sondern auch die großartigen Bauwerke faszinieren immer wieder die Besucher. Hilja und Thorsten Droste, beide ausgewiesene Kunst- und Frankreichkenner, geben einen Überblick über die wichtigsten Kunstwerke entlang der französischen Geschichte. Der Bogen spannt sich von der prähistorischen Kunst der Eiszeit bis zu den aktuellen Bauten eines Jean Nouvel in Paris. Frankreich hat im Laufe seiner bewegten Vergangenheit wiederholt eine Führungsrolle innerhalb der europäischen Kunst eingenommen. Diese Epochen werden hier besonders gewichtet. Über politische Parallelen geben die jedem Kapitel vorangestellten Informationen zur Geschichte Auskunft. Ein rundum informatives Buch, mit dem erstmals eine kompakte und gut verständliche Kunstgeschichte Frankreichs in deutscher Sprache vorliegt.
Sonja Fielitz legt mit diesem Band eine umfassende Einführung in die Dramenanalyse vor. Sie greift konsequent aktuelle Forschungsansätze auf und behandelt das Drama durchgängig in enger Verbindung mit dem Theater. Deutlich wird so, dass die literarische Textvorlage mit ihrer szenischen Präsentation auf der Bühne untrennbar verbunden ist. Die verschiedenen Analyseansätze für den Text, die Aufführung und die Beziehung zwischen Text und Aufführung werden ausführlich behandelt. Besonderes Augenmerk gilt dabei den wichtigen Kategorien Figuren, Handlungen, Zeit und Raum. Werke von Shakespeare, Thornton Wilder, Arthur Miller, Oscar Wilde, Samuel Beckett, Harold Pinter, Edward Albee und Caryl Churchill veranschaulichen das Vorgehen. Übergreifende Kapitel sind schließlich den Grundlagen der Kommunikation und Semiotik sowie der Filmanalyse gewidmet.