Der Skandalautor, der auch als eifriger Drogenkonsument von sich reden machte, gilt nicht nur als der Erfinder des Splattergenres, sondern sah sich auch als literarischer Nachfolger von Edgar Allan Poe, Oscar Wilde und E. T. A. Hoffmann.
Jetzt dürfen 14 so groteske wie komische Kurzgeschichten des Kult-Schriftstellers und «Literatur-Satans aus Opas Zeit» (Der Spiegel) endlich wiederentdeckt werden.
Der Kulturwissenschaftler Lino Wirag und der Autor Andreas Schumacher haben Hanns Heinz Ewers und dessen Kurzgeschichten wiederausgegraben und für heutige Leserinnen und Leser aufgefrischt. Einige Erzählungen sind mit diesem neu zusammengestellen und vollständig überarbeiteten Band zum ersten Mal seit 100 Jahren wieder zugänglich. Abgerundet wird die 136-seitige Sammlung mit zahlreichen zeitgenössischen Illustrationen sowie einem kundigen Nachwort des Phantastik-Experten Michael Helming.
+++++ Auszug aus «Lustmord einer Schildkröte»:
Ich gestand stotternd, dass ich einem geheimen Klub angehöre: Einem Klub gleichgesinnter, degenerierter Seelen, die sich zur Aufgabe gestellt hätten, das Unmöglichste der Welt zu lieben und das Geliebte dann der Gier zum Opfer zu bringen und lustzumorden. Meist seien es Tiere, auch Greise, Kinder, Säuglinge – aber zuweilen noch viel unausdenkbarere Dinge "Was lieben Sie denn?", fuhr mich der Gewaltige an. "Ich? – Ich?", stammelte ich, nach einer Antwort suchend. «Erlassen Sie mir das, Herr Hauptmann.» Aber er schrie mich an: «Entweder Sie gestehen, oder ich lasse Sie auf der Stelle verhaften.» Meine linke Hand spielte in der Westentasche – eine Briefmarke kam mir zwischen die Finger. Ich zog sie heraus, legte sie auf den Tisch. "Da, Herr Hauptmann!", stotterte ich. «Das liebe ich. Das ist meine Mätresse!» "Was?", rief er. «Machen Sie mir keine dummen Faxen vor!» "Es ist wahr", begann ich demütig, nahm mein Taschentuch und führte es an die Augen. "So unglaublich es klingt: Ich liebe eine grüne, ungebrauchte Fünfpfennigsbriefmarke.