Das Gesetz des Ausgleichs. Johannes Huber

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Название Das Gesetz des Ausgleichs
Автор произведения Johannes Huber
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Серия
Издательство Изобразительное искусство, фотография
Год выпуска 0
isbn 9783990014264



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erwartet ihr dafür? Auch die Sünder lieben die, von denen sie geliebt werden. Und wenn ihr nur denen Gutes tut, die euch Gutes tun, welchen Dank erwartet ihr dafür? Das tun auch die Sünder. Und wenn ihr nur denen etwas leiht, von denen ihr es zurückzubekommen hofft, welchen Dank erwartet ihr dafür? Auch die Sünder leihen Sündern in der Hoffnung, alles zurückzubekommen. Ihr aber sollt eure Feinde lieben und sollt Gutes tun und leihen, auch wo ihr nichts dafür erhoffen könnt. Dann wird euer Lohn groß sein und ihr werdet Söhne des Höchsten sein; denn auch er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen. Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist!

      Egoismus, der sich im Kleid der Nächstenliebe verbirgt, hat da keine Chance mehr. Der Effekt eines solchen Verhaltens, ins Heute umgelegt, wäre sicht- und messbar. Wir bräuchten weniger Rechtsanwälte und würden unser Herz-Kreislauf-System entlasten. Mahatma Gandhi hat gezeigt, dass sich damit auch Politik machen lässt. Gewaltlos lässt sich die Welt verändern. Das gilt für jeden Menschen und jedes politische Problem. Würden wir das Wangen-Gebot im Nahen Osten einhalten, gäbe es dort möglicherweise schon Frieden. Das ist die große Conclusio: Böses mit Bösem zu vergelten, führt zu einer exponentiellen Ausbreitung des Bösen. Böses mit Gutem zu vergelten, führt zu einer exponentiellen Ausbreitung des Guten.

      Umso nachdenklicher stimmt es, wenn die Symbole dieser Botschaft in Flammen aufgehen. In Frankreich und Amerika brennen immer öfter Kirchen und Heiligenstatuen werden geköpft.27 Weltweit werden immer mehr Christen verfolgt. Wer darüber spricht, wird schnell als islamophob oder rechtsextrem gebrandmarkt.28 Und Brüssel schweigt dazu.

      Charakterfitness-Trainingsstufe fünf:

      Höre auf den Wald

      In der Natur liegt eine Kraft, die uns zu besseren Menschen macht. Wenn wir uns mit ihr vereinen, vereinen wir uns letztlich auch mit uns selbst und mit einem größeren Ganzen, das uns die Dinge relativer sehen lässt. Doch Natur ist mehr als Blumen, Wald und Wiesen. Uns die Natur bewusst zu machen und uns mit ihr zu vereinigen, hat auch etwas mit Viren zu tun, ohne die es uns gar nicht gäbe.

      Das Dekameron ist der Titel einer Novellensammlung des italienischen Autors Giovanni Boccaccio, einem Stück Weltliteratur.29 Die Handlung: Als im 14. Jahrhundert in Europa die Pest wütet, fliehen zehn junge Edelleute, sieben Frauen und drei Männer, in ein von üppigen Gärten umgebenes Landhaus bei Florenz und vertreiben sich die Zeit, indem sie einander zehn Tage lang Geschichten erzählen.

      Die Flucht in die Natur, auch Retreat genannt, ist wieder massentauglich geworden. Sie hat den Rang eines spirituellen Rückzugs aus dem Alltag und dient als Ruhepause für Körper und Geist. Man fährt aufs Land und lässt die Seele in den Himmel schauen. Man macht kreative Seminare und erweitert den Horizont. Der Wald heilt. Bäume sind gute Ärzte. Dass das keine verträumte Romantik einiger Esoteriker ist, die barfuß über die Wiese hopsen und Bäume umarmen, zeigen Wissenschaft jede Menge Fachliteratur.

      Eine Studie aus Dänemark besagt: Wer in seiner Wohnung von Grün umgeben ist, hat ein um 55 Prozent geringeres Risiko, an psychischen Problemen zu erkranken. Eine amerikanische Studie bestätigt: Nur dreißig Minuten im Grünen senken den Cortisolspiegel bereits deutlich. Eine britische Studie ergab: Ausgeglichenheit und Wohlbefinden sind dann am größten, wenn wir mindestens zwei Stunden pro Woche im Freien verbringen. Eine japanische Studie wiederum ergab: Der Mensch hat mehr Immunzellen, wenn er die Nacht über eine Luft einatmet, die aus dem Wald kommt. Das stärkt die natural killer cells, die durch Terpenoide gestärkten, natürlichen Killerzellen. Und eine Studie aus Pennsylvania, schon von 1993, belegte: Wenn wir von einem Krankenzimmer aus ins Grüne blicken, ist die Heilungswahrscheinlichkeit viel größer. Ähnlich eine Arbeit über Gefängnisinsassen: Die Aggressionen werden weniger, wenn die Häftlinge ins Grüne können, etwa indem sie in einem Park spazieren gehen.30

      Wir dürfen nicht vergessen, es gibt den Homo sapiens seit dreihunderttausend Jahren, das sind zehntausend Generationen. Wir tragen deshalb das Genprofil der Natur in uns. Glück und Furcht zum Beispiel. Wenn wir eine Schlange sehen, sind wir verängstigt. Aber wenn ein Rowdy in seinem Sportwagen mit 150 Sachen an uns vorbeirast, schreckt uns das kaum.

      Die universelle Schönheit

      Gewisse Gefühle sind im Erbgut verankert, bei allen Menschen. Die Schönheit der Natur, ein weißer Sandstrand, ein Wasserfall, ein Sonnenuntergang, ein See, ein Bergmassiv im Morgenlicht. Warum empfinden wir manche Landstriche als besonders schön? Der Forschungsreisende Alexander von Humboldt fragte sich das schon im 18. Jahrhundert.

      Eine Arbeit aus dem Max-Planck-Institut gibt heute Antwort darauf. Bei der Kunst existieren unterschiedliche Geschmäcker, aber ob die Natur schön ist oder nicht, beantworten alle Menschen gleich. Für das Leuchten des Planeten hat jeder das gleiche Empfinden. Glück und Natur liegen nah beieinander.

      Deswegen ist, was wir heute gardening nennen, nichts anderes als eine Therapie für Körper und Seele.31 Es baut Stress ab, fördert körperliche Aktivität und bringt rasch ein Erfolgserlebnis. Sich mit der Erde zu beschäftigen, Dinge anzupflanzen, wachsen und sprießen zu sehen, das ist schön. Wir lieben das Graben und Anbauen und Warten, bis die Saat gedeiht. Jeden Tag zeigt sich die Natur dabei von einer anderen Seite. Der Philosoph und Psychoanalytiker Erich Fromm fasste es in einer These zusammen, in der sogenannten Biophilie, der »leidenschaftlichen Liebe zum Leben und allem Lebendigen«.

      Wir fühlen uns am lebendigsten, wenn wir mit der Umwelt in Verbindung treten. Wenn wir in der Natur sind, ändern sich die Gehirnströme. Der Körper schüttet nicht nur weniger Stresshormone aus, auch das Herz schlägt ruhiger. Studien zeigen, dass wir in Parks und baumbewachsenen Straßen langsamer gehen. Wir sind dort sogar freundlicher zu anderen. Wenn wir uns zum Teil der Natur machen, sehen wir das Leben als Ganzes und nehmen uns nicht so wichtig. Die Natur macht uns zu besseren Menschen.

      Auch Viren sind Natur

      Weil, während ich das im Sommer 2020 schreibe, die COVID-19-Pandemie eine tiefe Angst vor Viren geweckt hat, sollten wir uns an dieser Stelle kurz daran erinnern, dass auch sie ein Teil der Natur sind, und zwar ein wesentlicher. Ohne Viren gäbe es uns nicht. Sie sind schon viel länger auf der Erde als wir, rund zwei Milliarden Jahre lang. Nicht sie waren die Eindringlinge auf diesem Planeten, sondern wir waren es, denn die Viren hatten es sich hier bereits gemütlich gemacht, lange bevor wir kamen. Wahrscheinlich werden sie auch noch da sein, wenn wir Menschen längst wieder ausgestorben sind. Das heißt, dass sie uns nicht brauchen, wie wir vielleicht denken. Im Gegenteil. Wir brauchen sie. Wir verdanken ihnen sogar unsere Existenz.

      Lassen Sie uns, um das besser zu verstehen, ein paar Jahre in die Vergangenheit und dort durchs Mikroskop schauen. Es war wirklich eine große Enttäuschung, als der amerikanische Biochemiker und Unternehmer Craig Venter das menschliche Genom dechiffrierte hatte und, in Anwesenheit des amerikanischen Präsidenten, erkennen musste, dass der Mensch gerade einmal 20.000 Gene hat. Der einfache Reis hat doppelt so viele, der Weizen fünf Mal so viel. Die Krone der Schöpfung, das vermeintlich großartigste Lebewesen, hatte einen läppischen Genpool.

      Woraus bestehen wir dann letzten Endes? Aus Knochen, Knorpeln und Körpersäften? Aus guten Ideen? Wie konnten wir zu einer so dominanten Spezies werden?

      Ein überraschendes Ergebnis des Humangenomprojekts, das 1990 mit dem Ziel ins Leben gerufen wurde, das menschliche Genom vollständig zu entschlüsseln, war, dass große Teile unseres Erbguts von Viren stammen.32 Diese viralen Sequenzen machen mehr als die Hälfte unseres gesamten Genoms aus. Es ist ein Patchwork zwischen Viren und Mensch.

      Die viralen Anteile stammen überwiegend von sogenannten Retroviren, die die Vorfahren des Menschen infizierten und es dabei schafften, ihr Erbgut dauerhaft in das Genom ihres Wirtes einzubauen. Viren waren also unsere ersten Kooperationspartner, denen wir verdanken, wie wir aussehen, wie wir sind und was wir können.

      Es sieht fast so aus, als hätten wir über die Viren die Qualitäten früherer Lebewesen eingesammelt und für uns nutzbar gemacht, als hätten wir damit in einer Art Evolutionsarchiv die Weisheit der Erdgeschichte in uns aufgenommen.