Der Schoppenfetzer und die Weindorftoten. Günter Huth

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Название Der Schoppenfetzer und die Weindorftoten
Автор произведения Günter Huth
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783429063986



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      Günter Huth

       Der Schoppenfetzerund die Weindorftoten

      Günter Huth wurde 1949 in Würzburg geboren und lebt seitdem in seiner Geburtsstadt. Er kann sich nicht vorstellen, in einer anderen Stadt zu leben. Von Beruf ist er Rechtspfleger (Fachjurist). Günter Huth ist verheiratet und hat drei Kinder.

      Seit 1975 schreibt er in erster Linie Kinder- und Jugendbücher sowie Sachbücher aus dem Hunde- und Jagdbereich. Außerdem veröffentlichte er zahlreiche Kurzerzählungen. In den letzten Jahren hat sich Günter Huth vermehrt dem Genre »Krimi« zugewandt und bereits einige Kriminalerzählungen veröffentlicht. 2003 kam ihm die Idee für einen Würzburgkrimi. Der Autor ist Mitglied der Kriminalschriftstellervereinigung

      Das Syndikat.

      Die Handlung und die handelnden Personen dieses Romans sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit toten oder lebenden Personen oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ist nicht beabsichtigt und rein zufällig.

      Günter Huth

       Der Schoppenfetzerund die Weindorftoten

      Der siebte Fall des Würzburger

      Weingenießers Erich Rottmann

      Buchverlag

      Peter Hellmund

      im Echter Verlag

      Günter Huth

      Der Schoppenfetzer und die Weindorftoten

      © Echter Verlag, Würzburg

      Alle Rechte vorbehalten

      Gestaltet von Peter Hellmund

      E-Book hergestellt und ausgeliefert von Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de

      Fünfte Auflage 2018 • E-Book ISBN 978-3-429-06398-6

       www.echter.de

       Im Jahre 2007 errichtete eine in der Region Unterfranken weit verbreitete Genossenschaftsbank auf dem Unteren Markt in Würzburg – genau an der Stelle, an der einst das Wohnhaus des bekannten Baumeisters Antonio Petrini gestanden hatte – ein ihrer Meinung nach repräsentatives Bankgebäude. Der ursprüngliche Bau war in der verheerenden Bombennacht des 16. März 1945 zerstört und die Ruine später, bei der Neugestaltung des Unteren Marktes, abgerissen worden.

       Der Neubau, FORUM getauft, ist im Sprachgebrauch der Würzburger „das Petrinihaus“ geblieben. Die Errichtung dieses Gebäudes spaltete die Bürger der Stadt in Befürworter und Gegner, die sich ziemlich unversöhnlich gegenüberstanden. Entsprechende Demarkationslinien verliefen quer durch die politischen Parteien, durch den Stadtrat und durch die Stammtische. Bewahrer fochten hier voller Emotionen gegen Erneuerer und umgekehrt. Gleichgültig blieben nur wenige.

       Es gab in der Stadt aber nur eine Handvoll Menschen, die die wahren Hintergründe kannten, die zum Bau dieses umstrittenen Gebäudes geführt hatten. Motive, die dem Verfasser dieser Zeilen unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut wurden. Zum Schutz noch lebender Beteiligter wurden Sachverhalte abgewandelt, agierende Personen völlig anders dargestellt und Tatsachen so verändert, dass Rückschlüsse von den Fantasieprodukten des Verfassers auf tatsächliche Gegebenheiten und Wahrheiten unmöglich sein dürften. Es ist nun die spannende Aufgabe des Lesers, die in dieser Geschichte möglicherweise versteckt en Abgründe menschlichen Verhaltens zu erkennen, ihre Hintergründe zu erforschen und sich dabei eine eigene Meinung zu bilden.

      Im Grunde begann die Geschichte des neuen Petrinihauses in einer kalten Winternacht im Jahre 1673 in Würzburg

      Der Mann eilte hastig durch die finsteren Häuserschluchten der Stadt. Die Pelzmütze aus Bisamfell hatte er tief ins Gesicht gezogen, den Mantelumhang eng um seinen schlanken Körper geschlungen. Trotzdem bohrte sich der eisige Wind unangenehm durch jede Masche seiner Kleidung.

      Sein Gang war unsicher. Nach dem Besuch bei der alten Zigeunerin hatte er sich in eine der vielen Weinstuben gesetzt, einen Teller Salzfleisch mit reichlich Sauerkraut gegessen und dazu einen Humpen Frankenwein getrunken. Im regen Disput mit einigen Räten der Stadt hatte er die Zeit vergessen und war dadurch wesentlich länger außer Haus geblieben, als er ursprünglich geplant hatte. Das war auch der Grund, warum er keine Laterne mit sich führte. Zudem machten es ihm das schlechte Wetter und sein Alkoholgenuss nicht leicht, seinen Weg durch die finsteren Gassen zu finden.

      Der kalte Graupelschauer peitschte ihm ins Gesicht und zwang ihn dazu, seinen Blick auf die schlammige Straße zu senken. Das schwache Kerzenlicht, das durch die Fenster der Häuser auf die Straße fiel, half nur wenig.

      Der Winter hatte Würzburg fest in seinen Klauen. Nur wer unbedingt musste, verließ seine Behausung und setzte sich Schnee und Frost aus. Die nasskalte Witterung war für einen Südländer wie ihn ungewohnt und nur schwer zu ertragen.

      Schlagartig kamen ihm wieder die Worte der alten Zigeunerin in den Sinn. Vor einigen Tagen waren die Wagen der Sippe vor den Toren der Stadt aufgefahren. Das fahrende Volk lockte die Bürger der Stadt mit allerlei Kunststücken und Vorführungen vor die Stadtmauer. Der Rat hatte der Sippe ein Bleiberecht von einer Woche eingeräumt, dann sollten sie wieder weiterziehen. Den Stadtbütteln war aufgetragen worden, auf die Zigeuner ein wachsames Auge zu werfen. Nach Einbruch der Dunkelheit durfte sich keiner von ihnen mehr innerhalb der Stadtmauern aufhalten. Die Attraktion war eine alte Zigeunerin, die den Menschen die Zukunft voraussagte. Obwohl das Domkapitel heftigen Einspruch gegen die Praktiken dieser Gottlosen erhob, nutzten einige Bürger nach Einbruch der Dunkelheit die Gelegenheit, sich von der alten Zigeunerin die Karten legen zu lassen.

      Auch er hatte das Bedürfnis verspürt. Bei aller Religiosität war er ein abergläubiger Mensch. Dass die Aussage der alten Frau aber so erschreckend ausfallen würde, hätte er sich nicht träumen lassen. Vielleicht war das auch der Grund, warum er sich in der Weinstube der berauschenden Wirkung des Weines ausgiebiger hingegeben hatte, als für ihn verträglich war.

      Plötzlich rutschte er auf einer vereisten Stelle aus und konnte nur mit Mühe sein Gleichgewicht halten. Es entfuhr ihm ein heftiger Fluch.

      „Guten Abend, Meister Petrini“, kam plötzlich und unvermutet eine tiefe Stimme aus der Dunkelheit, „kann ich Ihnen behilflich sein? Soll ich Sie nach Hause begleiten?“

      Der Angesprochene blickte erschrocken ins Licht einer Laterne. Im dürftigen Schein konnte er trotz der dichten Graupel den metallischen Schimmer eines Spießes erkennen. Er hatte den Nachtwächter nicht gesehen, der sich nun aus der Dunkelheit eines Hauseinganges löste und einen Schritt nach vorne tat. Sein schwarzer Umhang ließ ihn völlig mit den dunklen Hauswänden verschmelzen.

      „Grazie, grazie“, gab der Angesprochene hastig zurück, „alles in Ordnung.“ Seine Stimme war heiser. Schon seit Tagen wurde er von einer Erkältung geplagt.

      „Na, dann Gott befohlen und einen gesunden Schlaf“, grüßte der Nachtwächter freundlich und wartete, bis der honorige Gast der Stadt weiter seines Weges ging. Als jener dann um die Ecke der Marienkapelle bog, verlor er ihn aus den Augen. Petrini war einer der angesehensten Bewohner der Stadt und ihm war bekannt, dass die Herren im Rat größten Wert darauf legten, dass es ihm in Würzburg gut ging und er weiterhin gerne in der Stadt blieb. Der Nachtwächter wusste, dass Petrini nur noch wenige Schritte von seinem Haus entfernt war, das er sich am Unteren Markt errichtet hatte. Er musste sich also keine Gedanken machen. Langsam drehte er mit tief ins Gesicht gezogenem Dreispitz weiter seine Runde.

      Antonio Petrini, 1621 in Trient geboren und damals 52 Jahre alt, war einer jener italienischen Baumeister, die dem Ruf von Fürsten und kirchlichen Würdenträgern in den Norden gefolgt waren und an der Erneuerung der Befestigungen deutscher Städte mitwirkten beziehungsweise am Bau zahlreicher