Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane. Pete Hackett

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Название Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane
Автор произведения Pete Hackett
Жанр Вестерны
Серия
Издательство Вестерны
Год выпуска 0
isbn 9783745216455



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aus dem Sattel. Der Cowboy überschlug sich am Boden und kam keuchend und torkelnd auf die Beine.

      Ein feines Sirren war plötzlich über ihm. Carney wollte sich zur Seite werfen, da senkte sich die Lassoschlinge bereits nieder. Ein harter Ruck schnürte ihm die Arme am Oberkörper fest. Im nächsten Moment riss der Bandit mit dem Lasso seinen Gaul herum, und Carney lag am Boden.

      Er hörte Hufestampfen neben sich und wandte den Kopf. Jim Kinross schaute aus eiskalten Augen auf ihn nieder. Er sagte mit unbewegter Miene: „Wenn ich Jack ein Zeichen gebe, wird er sein Pferd zum Galopp antreiben. Du weißt, was dir dann blüht. Willst du nicht doch lieber reden?“ Carney knirschte verzweifelt mit den Zähnen. „Zur Hölle mit euch!“, keuchte er.

      „Jack!“, knurrte Tom Frazer zornig. „Schleif ihn! Schleif ihn, dass ihm Hören und Sehen vergeht!“

      Der genannte Bandit wollte sein Pferd antreiben.

      „Moment noch!“, winkte Kinross. Er beugte sich tiefer zu dem Gefangenen hinab. Sein Blick war stechend – der kalte Blick eines Raubvogels, der seine Beute bereits in den Krallen hält.

      „Du wirst dich doch nicht eines Mörders wegen zugrunde richten lassen! Oder weißt du über Williams nicht Bescheid?“

      „Mörder? Was soll das?“, schnaufte Carney am Boden liegend. „Auf den Trick falle ich nicht herein!“

      „Lass ihn aufstehen, Jack!“, sagte Kinross zu dem Mann mit Lasso.

      „Aber ich denke …“

      „Du sollst ihn aufstehen lassen!“, wiederholte Kinross mit der scharfen Stimme eines Mannes, der nicht gewohnt ist, dass man ihm widerspricht.

      Der Desperado sprang vom Pferd, streifte die Schlinge von Carney und half ihm auf die Beine. Das blonde Haar hing dem Jungen wirr in die schweißnasse Stirn. Unsicher starrte er zu Kinross hoch.

      Dieser hatte seine linke Satteltasche aufgeschnallt und brachte einen zusammengefalteten Papierbogen hervor.

      „Hier!“, sagte er knapp und gab ihn Carney.

      Der Weidereiter faltete das Papier auseinander. Seine Brauen furchten sich.

      „Lies nur!“, forderte Kinross in überlegenem Ton.

      Carneys Hände zitterten, als er zu lesen begann. Mit blutleeren Lippen reichte er den Bogen an Kinross zurück, der ihn wieder in der Satteltasche verstaute. Carney schüttelte wie benommen den Kopf.

      „Ein Steckbrief! Ein Steckbrief für Greg Williams!“

      „Jetzt weißt du Bescheid! Willst du ihn noch immer schützen – einen steckbrieflich gesuchten Mörder, auf dessen Kopf zweitausend Bucks ausgesetzt sind?“

      „Ich … ich …“

      „Du brauchst uns nur zu sagen, wo ihr heute Abend lagert. Alles andere erledigen wir.“ Und als Kinross die anhaltende Ratlosigkeit auf Carneys Miene bemerkte, setzte er raunend hinzu: „Und denk an die Belohnung! Die Hälfte davon wird an dich gehen, das verspreche ich dir! Tausend Dollar, mein Junge, tausend!“

      Tom Frazer wollte protestieren, aber Kinross warf ihm einen schnellen bedeutsamen Blick zu, und der vollbärtige Desperado verstand. Er hielt die Hand vor den Mund, um sein tückisches Grinsen zu verbergen.

      Rick Carneys Atem ging schneller. Sein Blick glitt nervös über die angespannten Gesichter der Banditen.

      „Du musst dich entscheiden!“, drängte Kinross kalt. „Wir bieten dir doch eine einmalige Chance, oder? Du wirst doch nicht das Lasso vorziehen!“

      Carney zuckte zusammen. Ein Nerv bewegte sich unter seinem linken Auge.

      „Nein, nein!“, schnaufte er hastig. „Ich bin schon einverstanden. Ihr sollt alles wissen, was ihr wollt.“

      Kinross und seine Leute tauschten triumphierende Blicke.

      *

      Erschöpft und durchnässt von der Durchquerung des Brazos Rivers näherten sich die Herdentreiber dem Camp. Die Longhorns weideten friedlich am Ufer des Flusses, wo dichtes saftiges Gras wuchs. Carney hatte sich freiwillig erboten, die erste Herdenwache zu übernehmen.

      Die Flammen des Lagerfeuers malten einen roten Kreis in die zunehmende Dämmerung. Den Reitern fiel auf, dass es beim Küchenwagen merkwürdig still war. Vergeblich warteten sie auf das Klappern von Geschirr, das ihnen sonst immer Black Noels Hantieren ankündigte.

      „Heh, Noel!“, rief der alte Tipstone krächzend durch das Getrappel der Hufe. „Wo steckst du denn, alter Junge? Fehlt dir etwas?“

      Es kam keine Antwort.

      „Das verstehe ich nicht!“, schüttelte Tipstone bestürzt den Kopf und trieb als erster seinen knochigen Gaul in den Lichtkreis des Feuers.

      „Hallo, Noel, da bist du ja!“, krächzte Tipstone erleichtert, als er den Koch am Planwagen lehnen sah. Als sich Tipstone aus dem Sattel schwang, trieben die anderen Reiter ihre Gäule ebenfalls ans Feuer. Hinter ihnen kam Mary Lockwood zu Fuß von der Remuda herüber.

      „Was ist mit dem Essen?“, fragte Tipstone, während er begann, sein Pferd trockenzureiben. „Heute ist ja gar nichts zu riechen. Hast du etwa …“

      Er hielt inne, als sich Noel nicht regte. Sein lederhäutiges Gesicht verzog sich.

      „Was ist denn mit dir? Bist du krank, alter Pfannenschwinger?“

      Der Schwarze breitete in einer hilflosen Gebärde die Hände aus. „Es tut mir leid!“, sagte er weinerlich mit seiner Bassstimme. „Es tut mir schrecklich leid!“

      Und da schälten sich ringsum aus dem Schatten die Gestalten von Männern.

      *

      Jeder hielt einen Revolver schussbereit in der Faust.

      „Wenn er euch gewarnt hätte“, sagte eine harte Stimme, „hätte er eine Kugel in den Kopf bekommen.“

      „Kinross!“, keuchte Tipstone.

      „Genau!“, lächelte der Anführer der Kopfgeldjäger kalt. „Und macht nur keine Dummheiten, Leute, sonst knallt es ganz gewaltig! ’runter von den Pferden, los, ’runter mit euch!“

      Noel schnaufte verzweifelt: „Es ist meine Schuld, ganz allein meine Schuld!“

      Torrence zerknirschte eine Verwünschung zwischen den Zähnen.

      „Und das alles wegen Williams, was?“

      „Richtig!“, bestätigte Kinross.

      „Miss Mary“, wandte sich der hagere Vormann an das Mädchen, „sehen Sie jetzt ein, dass es ein Fehler war, diesen Kerl anzuheuern.“

      „Halt den Mund, Cowboy!“, fuhr ihn Kinross an. „Ich habe gesagt, absteigen!“

      Die Männer der Lockwood Crew gehorchten. Greg fühlte Lee Torrences hassvollen Blick auf sich ruhen. Einer von Kinross’ Leuten trieb schnell die Pferde aus dem Lichtbereich des Lagerfeuers. Greg machte ein paar Schritte auf Kinross zu.

      „Warum die Umstände? Ihr wollt mich allein, oder? Lasst also die anderen in Frieden!“

      „Du kommst freiwillig mit?“

      „Ja! Hast du etwa erwartet, Kinross, ich würde mich hinter dem Rücken anderer Leute verstecken?“

      „Nein!“, rief da Mary Lockwood hell. „Das kommt nicht in Frage, Williams! Sie bleiben!“

      Greg drehte ihr überrascht das Gesicht zu. Ihre hellgrauen Augen blitzten. Grellrote Flecken brannten auf ihren Wangen. Ihre Brust hob und senkte sich, und der rote Feuerschein zeichnete scharf die weichen Konturen ihres schlanken Körpers nach.

      „Madam“, sagte Kinross gepresst, „Sie haben schon einmal den Fehler gemacht, diesem Burschen zu helfen. Rechnen Sie nicht ein zweites Mal mit unserer Rücksichtnahme.“

      „Hier