Название | Die Melodie des Mörders |
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Автор произведения | Miriam Rademacher |
Жанр | Ужасы и Мистика |
Серия | |
Издательство | Ужасы и Мистика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783943709315 |
»Deinen, da du ihn schon parat hast«, antwortete der Pfarrer und schritt den Gartenweg entlang.
Ihm folgend, rief Colin: »Kurze Zwischenfrage: Ihr beide habt einen eigenen Schlüssel zu Cliffords Haus? Wieso das denn? Wart ihr so gut mit ihm befreundet, dass er euch Hausschlüssel anvertraute?«
Norma grinste ihn an und hakte sich bei ihm ein, während sie Jasper folgten, woraufhin Colin erneut ins Schlingern geriet. »Fast jeder im Dorf hat einen Schlüssel zu Cliffords Haus. Clifford hat sie verteilt. An jeden, der ihm vertrauenswürdig erschien, nach ihm oder seinem Haus zu sehen, falls es einmal nötig sein sollte. Und in Cliffords Augen waren alle im Ort vertrauenswürdig. Wir waren seine Nachbarn und seine Freunde. Selbst denjenigen von uns, die genervt von seiner Anhänglichkeit stets versuchten, ihm aus dem Wege zu gehen, traute er nur Gutes zu.«
»In der Tat ein sehr gutgläubiger Mann«, stellte Colin fest.
»Das war er. Tritt dir die Schuhe ab, bevor du reingehst. Clifford war zudem auch ein sehr ordentlicher Mensch.« Mit diesen Worten schloss Norma ihnen auf und betrat als erste einen weiß gefliesten Flur. Fein säuberlich hingen Jacken für jede Jahreszeit an den Wandhaken gegenüber eines großen Garderobenspiegels, der mit Tannengrün aus Plastik und Zuckerstangen dekoriert war.
»Ich nehme mir das Schlafzimmer vor, Norma übernimmt die Küche«, verkündete Jasper. »Du, Colin, kannst mit der Suche im Wohnzimmer beginnen.«
»Und wonach genau suche ich?«, hakte Colin nach.
»Woher soll ich das wissen? Such nach irgendetwas, das uns weiterbringen könnte. Ein Drohbrief wäre schön. Am liebsten mit Absender. Aber man darf wohl nicht zu viel erwarten. Und lasst uns keine Zeit mehr verlieren. Auch Hoffer und Dieber haben einen Schlüssel zu diesem Haus. Falls sie also noch nicht hier gewesen sind, werden sie bald eintrudeln, und ich wäre Hoffer gern eine Nasenlänge voraus. Mit dem Absperren meiner Kirche hat er mir die Freude an meiner Adventspredigt verdorben, und das nehme ich ihm ausgesprochen übel.«
Colin sah Jasper dabei zu, wie der zielsicher die Schlafzimmertür ansteuerte und dahinter verschwand. Im Gegensatz zu seinen Freunden, die zweifellos schon einmal hier gewesen waren, kannte Colin sich im Hause des Organisten nicht aus. Er wählte probehalber eine der geschlossenen Türen, öffnete sie und stellte fest, dass er instinktiv richtig entschieden hatte.
Das Wohnzimmer des verstorbenen Clifford St. Clare wurde von einer wuchtigen Ledergarnitur in Dunkelbraun dominiert. Auf dem Fliesenboden hatte jemand orientalische Teppichböden im rechten Winkel zueinander angeordnet und in hohen Regalen standen Lexika in Reih und Glied. Eine Verandatür, die auf eine Terrasse führte, tauchte die Wohnlandschaft in blasses Tageslicht.
Colin fand es bei Clifford recht gemütlich und nahezu penibel aufgeräumt. Kein Staubkorn lag auf den Krippenfiguren auf dem Kaminsims, die Colin jetzt eine nach der anderen in die Hand nahm und sorgfältig zurückstellte. Was er bei ihnen zu finden hoffte, wusste er selbst nicht. Er folgte seinem Gefühl und stieß auch rasch auf ein Bündel Postkarten, die neben dem Kamin in einem Regal lehnten. Aber es handelte sich nur um langweilige Weihnachtsgrüße. Danach öffnete er die Fächer einer Schrankwand und stieß als erstes auf eine gut ausgestattete Bar. Ihm wurde bewusst, dass Clifford seine Besitztümer praktisch und logisch angeordnet hatte. Das konnte hilfreich sein. Wo konnte sich hier etwas befinden, was ihnen bei der Suche nach seinem Mörder eine Hilfe sein konnte?
Colins Blick blieb an einer leeren Blumenvase hängen und er griff instinktiv hinein. Zufrieden zog er einen Schlüsselbund heraus, doch bei näherer Betrachtung hatten alle Schlüssel exakt den gleichen Bart. Zweifellos hatte er Cliffords Vorrat an Hausschlüsseln aufgespürt, mit denen dieser so großzügig gewesen war. Jetzt glitt sein Blick über die weiß getünchten Wände, die reich mit Bildern behängt waren. Landschaftsmotive, farblich gewöhnungsbedürftig, aber durchaus ansprechend auf Leinwand gebannt, fanden sich überall. Häufig zeigten die Bilder eine verfallene Farm auf einem Hügel. Die Signatur des Künstlers am rechten unteren Bildrand verriet Colin, dass Clifford selbst der Erschaffer dieser Werke war. Der Organist hatte in seiner Freizeit offensichtlich gern gemalt.
Da bemerkte er auf dem gefliesten Couchtisch zwischen den Ledersesseln ein hübsches Kästchen. Es stand gleich neben einem weihnachtlichen Kerzengesteck und erregte seine Aufmerksamkeit. Das würfelförmige Objekt schien aus verschiedenen Holzarten zusammengesetzt worden zu sein. Colin nahm es in die Hände und strich über die glatte Oberfläche. Kein Scharnier, kein Schlitz und kein Schloss wiesen darauf hin, dass der Würfel zum Öffnen gedacht war. Trotzdem hatte Colin das sichere Gefühl, dass es sich um eine Art Schatulle handeln musste. Vielleicht für Zigaretten oder Streichhölzer? Oder sogar für Notizen?
Zentimeter für Zentimeter erkundete er den seltsamen Gegenstand, versuchte es mit Drehen, Ziehen und Drücken. Doch der Würfel rührte sich nicht.
»Faszinierend nicht wahr?«, rief Jasper, der gerade hereinkam und sich in einen der Sessel setzte. »Es ist ein Taschentresor. Wenn man nicht weiß, wie er zu öffnen ist, kann man Stunden damit zubringen, den Mechanismus zu knacken.«
Colin setzte sich Jasper gegenüber, sank tief in die weichen Polster und versuchte, die einzelnen Holzelemente gegeneinander zu schieben. Nichts tat sich. Als er aufsah, bemerkte er, dass Jasper seine Bemühungen genau beobachtete.
»Wir sind uns also einig, dass dieser Tresor vermutlich das vielversprechendste Objekt im ganzen Wohnzimmer ist?«, fragte Colin. »Ich an Cliffords Stelle hätte ihn für wichtige Gegenstände genutzt. Das Ding könnte einen USB-Stick mit privaten Informationen enthalten, die uns auf die richtige Spur bringen.«
Aber Jasper schüttelte den Kopf. »Das ist mehr als unwahrscheinlich.«
»Warum?«
»Weil Clifford auch nicht wusste, wie man den Würfel öffnet. Er hat ihn auf der Tombola beim Gemeindefest gewonnen. Wir haben ein wenig Trödel im Dorf gesammelt und hinterher mit Hilfe der Tombola wieder unter die Leute gebracht. Alle hatten Spaß und von den Einnahmen konnte ich die Heizung in der Kirche reparieren lassen. Ich erinnere mich an dieses seltsame Ding. Ich selbst habe Clifford seinen Gewinn überreicht. Der Würfel schien mir Kleingeld zu enthalten.«
Colin stutzte und sah Jasper überrascht an. »Kleingeld? Wie kommst du denn darauf?«
»Weil es darin klapperte wie im Sparschwein von Mrs Hobbs.«
»Aber der Würfel klappert jetzt gar nicht«, stellte Colin fest und fragte nicht nach, was Jasper am Sparschwein seiner Haushälterin verloren hatte. Stattdessen schüttelte er den Tresor zur Bekräftigung seiner Worte leicht hin und her. »Hörst du?«
»Ich höre nichts«, stellte Jasper fest.
»Eben«, erwiderte Colin.
»Nun, dann hat Clifford den Mechanismus wohl irgendwann doch entdeckt und das Kleingeld herausgenommen. Ich weiß allerdings nicht, wie uns das …« Jasper verstummte mitten im Satz und legte die Stirn in Denkerfalten. Dann wiederholte er ein einzelnes Wort: »Tombola.«
Colin sah seinen Freund fragend an. Doch statt einer Antwort sprang Jasper auf die Füße und warf theatralisch die Arme in die Luft.
»Tombola, wie konnte ich das vergessen!«
Norma kam aus der Küche gerannt und sah zwischen Jasper und Colin hin und her. »Haben wir eine Spur?«, fragte sie aufgeregt.
»Das weiß ich nicht, unser Pfarrer spricht neuerdings in Rätseln«, erwiderte Colin und lehnte sich im Sessel zurück. »Nun mach schon, Jasper. Verrate uns, was du mehr weißt als wir.«
»Es hat etwas mit der Tombola zu tun. Ich weiß nicht was, aber die Tombola ist von Bedeutung. Clifford hat es mir selbst gesagt«, rief Jasper und schlug sich mit der Faust in die Handfläche. »Endlich ist es mir wieder eingefallen. Clifford kam während der Krippenspielprobe zu mir. Er wollte später noch mit mir unter vier Augen sprechen. Über die Tombola, wie er sagte.«
»Doch