Seewölfe Paket 8. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 8
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954394975



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zu bieten?

      Das konnte nicht gutgehen. Aber sie irrten sich.

      Philip Hasard Killigrew sagte mit zusammengepreßten Zähnen: „Sehr gut, Donegal! Auf was wartest du noch? Laß es scheppern, aber so, daß sie’s auch spüren. Absolution wird nicht mehr erteilt.“

      „Aye, aye, Sir“, sagte der alte O’ Flynn und setzte sich mit seinen Krükken in Marsch.

      „Donegal“, sagte Hasard hinter ihm. Der Alte stoppte und blickte über die Schulter zurück. „Ich würde es selbst tun“, fuhr Hasard fort, „aber ich kann jetzt nicht das Achterdeck verlassen.“

      „Geht klar.“ Old O’Flynn nickte und humpelte zum Niedergang. Eine halbe Minute später verschwand er im Vordeck – bewaffnet mit einem Tauende.

      „Hm“, murmelte Donegal Daniel O’Flynn Junior, genannt Dan, „bei mir pflegte er für diesen Zweck sein Holzbein einzusetzen, aber ich schätze, das Tauende ist wirksamer.“

      Das waren die richtigen Worte zur rechten Zeit. Ein verstohlenes Grinsen glättete die verkniffenen Mienen der Seewölfe. Insgeheim hatten sie ihrem alten Donegal zugestimmt. Die Schonzeit für die beiden Lümmel war vorbei. Die Kerlchen waren aus der Achterdeckskammer ausgebüxt, um während eines Gefechts vom Vormars aus Abenteuer zu erleben, und das hätte ihr Leben kosten können – ihr Leben und das jenes Mannes, dem sie es eigentlich zu verdanken hatten, daß sie der Kettenkugel entgangen waren.

      Und niemand mochte daran denken, was wäre, wenn es Edwin Carberry, den Profos der „Isabella“, nicht mehr gäbe. Nein, das durfte einfach nicht sein – eine „Isabella“ ohne den grimmigen, eisenharten, fluchenden Mann mit dem goldenen Herzen war nicht mehr vorstellbar. In diesen Minuten spürten sie es ganz intensiv, was Carberry für sie bedeutete.

      Hasard war davon nicht ausgenommen – darum ja auch hatte er den alten Donegal so angeraunzt und im Grunde genommen tief verletzt.

      Die wuchtige Riesengestalt Old Shanes schob sich neben Hasard. Nur für ihn hörbar sagte er: „Es ist alles in Ordnung und gut so, aber denke darüber nach, ob du deine beiden Söhne in eine Kammer einsperren darfst wie Jagdhunde in einen Zwinger, wenn zur Jagd geblasen wird.“

      Hasard schaute den ehemaligen Schmied und Waffenmeister der Feste Arwenack überrascht an. „Wie meinst du das, Shane?“

      „Ich meine, daß wir uns hüten sollten, ihren Ausflug in den Vormars als Ungehorsam anzulegen“, erwiderte Old Shane ernst. „Du kannst sie nicht an die Kette legen. Daß du es nicht kannst, beweist ihr Ausbrechen aus der Achterdeckskammer. Aber es beweist noch etwas anderes. Daß sie nämlich nicht bereit sind, Untätigkeit hinzunehmen, wenn alles, um sie herum in Aktion ist. Sie sind eben keine Duckmäuser. Sie müssen nur lernen, sich einzuordnen, aber das erreichst du bestimmt nicht, indem du sie einsperrst …“

      Bills Ruf aus dem Hauptmars unterbrach ihn.

      „Galeere steuert wieder auf das Flaggschiff zu!“

      2.

      Stärker als zuvor wünschte sich Philip Hasard Killigrew mit der „Isabella“ weit weg von Cadiz, weit weg von diesem unsinnigen Draufloshämmern, weit weg von einem Admiral, der – wie auch sein Schiffsvolk – seine Aufmerksamkeit auf die Hafenstadt konzentrierte und nicht zu bemerken schien, was sich von Riemenschlag zu Riemenschlag näher auf seine Backbordseite zuschob.

      Ja, der Mann, der diese Kriegsgaleere kommandierte, gab noch nicht auf. Nun war eine Galeere kein Segelschiff wie eine Galeone, bei der ein Verlust des Ruderblatts verheerende Folgen haben konnte. Zwar ließ sich der Kurs einer Galeone auch ohne Ruder mittels der Segel stabilisieren. Man konnte auch durch Trimmen der Segel Kursveränderungen vornehmen, das heißt, steuern. Aber das war weiter nichts als eine Notlösung, ganz zu schweigen von der Abdrift oder dem Unvermögen, einen schnellen Kurswechsel durchzuführen. In einem Gefecht wirkte sich das katastrophal aus.

      Die Galeere hingegen blieb manövrierfähig – wenn auch nicht mehr ganz so wendig. Sie konnte mit den Riemen gesteuert werden. Sie konnte sogar auf der Stelle drehen, wenn auf der einen Bordseite an- und auf der anderen Bordseite gegengerudert wurde.

      Alles das schoß Hasard durch den Kopf, während er gleichzeitig Kurs und Geschwindigkeit des Gegners schätzte und dann feststellte, daß die Galeere in der Peilung nicht auswanderte. Das bedeutete, daß die Galeere und die „Isabella“ auf Kollisionskurs lagen. Sie liefen in einem spitzen Winkel aufeinander zu.

      Am Ende des gedachten Winkels aber lag das Flaggschiff Admiral Drakes, die „Elizabeth Bonaventura“.

      Hasard begann zu schwitzen. Da bahnte sich eine Situation an, die ihm gar nicht gefiel. Die Gesamtsituation war sowieso verfahren genug. Fest stand, daß dieser wahnwitzige Galeerenkommandant stur wie ein andalusischer Kampfstier zum Rammstoß entschlossen war. Aller Wahrscheinlichkeit nach beruhte das auf der Erkenntnis, daß man spanischerseits die „Elizabeth Bonaventura“ als das Flaggschiff des englischen Verbandes erkannt hatte.

      Da lohnte sich dieser selbstmörderische Einsatz. Er würde sich noch mehr lohnen und dem Kampf geschehen einen völlig anderen Verlauf geben, wenn es gelang, nach dem Rammstoß zu entern und sich den englischen Admiral zu schnappen. Vielleicht wußten die Spanier sogar, daß der englische Admiral der verhaßte „El Draque“ war.

      Wenn diese Überlegungen stimmten, dann würde der spanische Galeerenkommandant tatsächlich auf Biegen und Brechen seinen Angriff auf das Flaggschiff fortsetzen. Vielleicht war er noch dazu einer von diesen ehrgeizigen Hunden, die sich selbst und ihrer Umwelt immer wieder beweisen mußten, was sie doch für tüchtige Kerle wären.

      Wie dem auch sei, es mußte etwas geschehen, um diesen Angriff zu stoppen, bevor er unmittelbar an das Flaggschiff herangetragen wurde.

      Das bedeutete aber auch, nunmehr von der Rücksichtnahme auf die Galeerensträflinge abgehen zu müssen. Immerhin konnten sie versuchen, ihre Schüsse so zu plazieren, daß sie armen Kerle nicht unmittelbar betroffen wurden.

      Hasard wandte sich zu Al Conroy, dem Stückmeister, um und sagte: „Übernimm die Drehbassen vorn auf der Back, Al. Ich will, daß du versuchst, diesem verdammten Don den elend langen Rammsporn wegzuschießen. Wenn du das geschafft hast, konzentriere dein Feuer auf das Bug- und das Achterkastell sowie auf die Brustwehr vor dem Laufgang, hinter der die Drehbassen und Relingsbüchsen aufgestellt sind. Beeil dich!“

      „Aye, Sir.“ Al Conroy flankte über die Schmuckbalustrade und lief nach vorn.

      „Ben, übernimm die Culverinen“, sagte Hasard zu seinem Ersten. „Für euch gilt das gleiche wie für Al, klar?“

      „Klar.“

      „Dann los. Ihr habt Feuer frei!“

      Ben Brighton sprang zur Kuhl hinunter.

      „Shane, Batuti“, sagte Hasard, „heizt ihm mit Brandpfeilen ein, nehmt die Pfeile mit den Pulverladungen. Schießt auf die Kastelle und Kampfplattformen. Postiert euch vorn bei Al auf der Back. Ab mit euch!“

      Der Gambianeger und Big Old Shane, ein schwarzer und ein weißer, grauhaariger Riese, nickten knapp und verschwanden nach vorn. Sie waren – neidlos von allen anerkannt – die besten Bogenschützen an Bord der „Isabella“. Natürlich benutzten sie Langbogen. Die Präzision ihrer Weitschüsse war unübertrefflich, ihre Schußfloge atemberaubend.

      Eine knappe halbe Minute war nach Hasards Befehlen vergangen, da verwandelte sich die „Isabella“ auf ihrer Backbordseite in ein fauchendes, flammenspuckendes Ungeheuer. Ein Eisenhagel raste hinüber zu der Galeere. Kometengleich, mit einem schmalen Rauchschweif versehen, flitzten Pfeile zum Bug- und Heckkastell.

      Hasard wedelte die Rauchschwaden weg, die ihm die Sicht versperrten, und spähte zu dem Rammsporn der Galeere. Ein Grinsen glitt über sein tiefbraunes, scharfgeschnittenes Gesicht. Von dem Ding war nur noch ein Stummelchen übrig, das keinem mehr wehtun würde. Wieder einmal hatte Al Conroy seine einzigartige Schießkunst unter Beweis gestellt.

      Die