Seewölfe Paket 8. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 8
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954394975



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durch!“ schrie Ed.

      Unter lautem Gebrüll, sich gegenseitig anfeuernd, legten sich die Männer in die Spillspaken. Sie traten auf der Stelle, bis die erste Trägheit der steifen Trossen überwunden war, und stemmten sich dann hart von den Planken ab.

      Anfangs schienen die Trossen brechen zu wollen, in den Taljen und Blöcken knarrte und quietschte es, und dann ging es nicht mehr weiter. Die Trossen waren zum Zerreißen gespannt.

      „Ruht euch ja nicht aus, ihr Müdmänner!“ brüllte Ed. „Geht keine Spanne zurück, holt durch, holt durch! Willig, willig!“

      Sturzbäche von Schweiß liefen über die Gesichter. Die Muskeln traten hart hervor, und es hatte den Anschein, als würden die Kräfte der Männer unter dem ungeheuren Zug schon jetzt erlahmen.

      „Das ist nur der Anfang“, sagte Carberry. „Das dauert solange, bis der Kasten kapiert, daß er nicht mehr dagegen an kann, und dann gibt er nach. Hol weiter durch!“

      Was er brüllte oder schrie, galt nur für die anderen. Den Seewölfen brauchte er es nicht zu sagen, die wußten, was sie zu tun hatten und feuerten sich gegenseitig an.

      Auf der „Isabella“ ging plötzlich ein Schrei hoch.

      „Ar-we-nack!“ brüllte jemand, und sofort pflanzte sich der alte Kampfschrei der Seewölfe fort, jagte den Soldaten und Seeleuten einen kalten Schauer über die Rücken und animierte sie dazu, alles herzugeben, was in ihren Kräften stand.

      Schaurig laut und beängstigend klang dieses „Ar-we-nack“ durch die Nacht, bis es unter dem Kiel des Flaggschiffes zum ersten Male hörbar zu knirschen begann. Der Ruck war durch das ganze Flaggschiff zu spüren. Es wälzte sich schwerfällig über den Sand, das Spill drehte sich für Augenblicke schneller, es ging etwas leichter, und die „Elizabeth Bonaventura“ rutschte eine Handbreite achteraus.

      Dieser Erfolg wurde von einem orkanartigen Brüllen begleitet und stachelte die Männer an. Dazwischen klang Carberrys Stimme wie Donnergrollen.

      „Holt durch, holt durch!“ schrie er. „Holt weiter durch, ihr Rübenschweine, bis euch das Wasser im Hintern kocht. Seid ihr Säuglinge oder Wickelkinder, was, wie?“

      Carberrys Worte versetzten Drakes Seeleute in Raserei und nötigten ihnen einen ungeheuren Kraftaufwand ab. Wenn sie sich in die Spaken legten und schrien, dann war das blanke Wut, und die ließen sie im Geiste an dem tobenden und brüllenden Profos aus, ganz so wie Ed das beabsichtigt hatte. Was sie in den Händen hielten, waren Knüppel, um den Profos damit zu erschlagen, diesen narbigen Rauhbautz, der sie zutiefst beleidigte.

      Ed hockte im Boot, grinste fürchterlich und schrie sich die Kehle heiser, bis die ersten Flüche erschallten.

      „Du Hund, du lausiger!“ schrien einige, mit Wut bis zum Bersten angefüllt. „Warte es nur ab! Dir werden wir es schon zeigen!“

      „Ha, ihr kraftlosen Säcke!“ brüllte Carberry zurück. „Ihr habt ja keinen Mumm in den Knochen!“

      Ihr Brüllen steigerte sich, und ihre Wut wuchs, und gleich darauf erfolgte der nächste Ruck. Unter dem Kiel schabte es, die schwere Galeone legte sich unmerklich auf die Seite, und als sie sich erneut grimmig in die Spaken legten, zog sich das Flaggschiff wie von Geisterhänden bewegt, noch weiter achteraus.

      Carberry versprach, lockte, drohte und bepöbelte die Kerle, versprach ihnen die Hölle auf Erden, drohte ihnen mit der Neunschwänzigen und schaffte es, den Haufen Kerle in eine niegekannte Raserei zu versetzen, indem er sie lauthals beleidigte und mit allem möglichen Ungeziefer verglich.

      „Die hassen ihn so, daß sie ihn später totschlagen werden“, sagte Thomas Fenner erschüttert.

      „Aber er erreicht, was er will“, erwiderte Drake. „Und wenn wir frei sind, werden sie ihn nicht totschlagen, sondern ihm um den Hals fallen. Dieser Mann hat eine unglaubliche Begabung mit den Leuten genau richtig umzuspringen. Im Geist haben sie ihn tausendmal umgebracht.“

      Fenner sagte gar nichts mehr. Ein neuer Ruck erfolgte und brachte sie wieder ein Stück von der Sandbank herunter. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis das Flaggschiff frei war, denn jetzt wollten es die tobenden Männer ganz genau wissen, um dem Profos zu beweisen, daß sie es schafften und er Unrecht hatte.

      Am Horizont begann es dämmrig zu werden. Da hatten sie sich längst die Kehlen heiser geschrien und waren total erschöpft. Sie hatten auch keinen Haß mehr auf den Profos, denn sie erkannten seine Taktik, mit der er bis aufs Blut gereizt und immer wieder angespornt hatte.

      Das Flaggschiff war frei, es hatte wieder Wasser unter dem Kiel.

      Drake ließ an die Männer Rum ausgeben, und als Carberry an Bord kletterte, sahen sie ihn stumm an, bis einer der Soldaten erschöpft grinsend das Gesicht verzog und auf ihn deutete.

      „Seht euch diesen Himmelhund an“, sagte er, „seht euch diesen häßlichen Klotz genau an. Wollten wir ihn vorhin nicht in einzelne Fetzen reißen? Ich sage Hurra, er kriegt die Hälfte von meinem Rum.“

      „Hätte ich von euch gar nicht erwartet, ihr Hurensöhne!“ sagte Ed und grinste sie an.

      Die Hurra-Rufe wurden lauter und lauter, und dann war Ed Carberry der Held des Tages. Sie ließen ihn hochleben und schrien, bis Francis Drake sich oben auf dem Achterdeck an Fenner wandte, der wie gebannt auf die Szene starrte.

      „Ein merkwürdiger Vorgang“, sagte er. „Zuerst wollten sie ihn umbringen, und jetzt küssen sie ihm die Stiefel. So ähnlich habe ich mir das gedacht. Können Sie sich in die Lage des Schiffsvolkes versetzen, Mister Fenner?“

      „Nein“, sagte Fenner erschüttert, „nein, Sir, das kann ich nicht, wirklich nicht.“

      „Mitunter begreife ich es auch nicht. Vielleicht hätte ich ihn damals doch nicht so zurückstellen sollen.“

      Das Flaggschiff schwamm jetzt. Die beiden Schiffe lösten sich vorsichtig voneinander und suchten tieferes Wasser auf.

      Ferris Tucker, Big Old Shane und der Zimmermann des Flaggschiffes waren damit beschäftigt, einen neuen Bugspriet zu zimmern. Tucker verwendete dazu das afrikanische Hartholz, das sie auf der „Isabella“ mitführten, eine Holzsorte, die sich bisher allerbestens bewährt hatte.

      Dabei konnte der Schiffszimmermann von Tucker einiges lernen, was Schnelligkeit und äußerste Genauigkeit betraf, denn Big Old Shane und Tukker waren ebenfalls aufeinander eingespielt, so daß alles reibungslos und ohne große Worte verlief und der Zimmermann sich immer wieder verblüfft den Schädel kratzte, wenn er Tucker bei der Arbeit zusah. Der rothaarige Kerl schien den ganzen Tag nichts anderes zu tun, als neue Bugspriets einzusetzen.

      Und wenn er seine riesengroße, beängstigend scharfe Axt hoch über den Kopf schwang, dann schlug er nie daneben, und traf immer genau das, was er auch wollte.

      Der Respekt vor den Seewölfen wuchs, gleichzeitig aber bemerkte die Mannschaft auch, daß der Admiral immer wieder nachdenklich auf die Seewölfe blickte und seine eigene Crew fast geringschätzig musterte. Sie alle wußten, daß sie sich von diesen Kerlen eine große Scheibe abschneiden konnten, denn die hatten es ihnen in dieser Nacht überdeutlich bewiesen, was echte Seemannschaft hieß.

      Einige vertrugen das nicht, andere nahmen es gelassen hin, und der Rest war ziemlich beschämt.

      Im Morgengrauen ging es ankerauf, und die Segel wurden gesetzt. Beide Schiffe schwangen auf Südkurs und nahmen Fahrt auf.

      9.

      Das erste Schiff, das im Laufe des Morgens gesichtet wurde, war die „Dreadnought“ unter Kapitän Robert Seymour, die von Norden heransegelte und sich dem Flaggschiff anschloß.

      Die „Elizabeth Bonaventura“ und die „Isabella“ segelten langsam weiter, damit die anderen Zeit hatten, aufzuschließen.

      Etwas später gesellten sich die „Rainbow“ unter Kapitän John Wight, die „Golden Lion“ geführt von Vizeadmiral William Borough und