Seewölfe Paket 8. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 8
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954394975



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und wenn mich mein Gedächtnis nicht im Stich läßt, drohten Sie uns sogar noch mit einer Breitseite. Sie werden verstehen, daß ich das nicht teilnahmslos hinnehmen kann. Im übrigen ist der ehrenwerte Admiral an seiner Misere selbst schuld. Er ist nun einmal beutegierig und lief blindlings hinter uns her. Das wertet fast seine seemännischen Qualitäten etwas ab. Und dann will er mir auch noch auf der Nase herumtanzen und mich kommandieren? Zum Teufel, Mister Fenner!“

      „Was? Sie wagen es“, schrie Fenner mit hochrotem Schädel, „die seemännischen Qualitäten eines Sir Francis Drake anzuzweifeln? Sie sind wohl nicht bei Trost, Killigrew! Es gibt keinen besseren Mann als Drake.“

      „Dann seien Sie froh, daß Sie ihn haben. Im Entern von Sandbänken hat er jedenfalls erstklassige Qualitäten.“

      „Auf was bilden Sie sich etwas ein?“ schrie Fenner, der mitunter einfach keine Erwiderung auf des Seewolfs Worte fand.

      „Auf meine Freiheit, Fenner! Sonst auf nichts. Stolpern Sie nicht, wenn Sie von Bord gehen, vergessen Sie nicht, den Admiral zu grüßen und richten Sie ihm aus, er möge sich gefälligst persönlich an Bord meines Schiffes bemühen, wenn er etwas will. Ihre Bekanntschaft war mir eine Ehre, Sir!“

      Fenner war sprachlos. Er sah sich fassungslos nach allen Seiten um und glaubte noch immer, sich verhört zu haben.

      Aber die Augen, die zurückblickten, gaben ihm überdeutlich zu verstehen, was die Männer von seinem Kommandoton hielten.

      Nichts, dachte er erschauernd, sie hielten überhaupt nichts von ihm, und dieser schwarzhaarige Bastard dachte nicht im Traum daran, einem Befehl Drakes zu gehorchen. Der zeigte nicht nur die Zähne, dieser Kerl, der zeigte ein Prachtgebiß wie ein reißender Wolf, ein Seewolf.

      „Sie verlangen, daß der Admiral sich selbst herbemüht? Sie müssen größenwahnsinnig sein, Sie – Sie … Darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.“

      „Dann ruhen Sie sich meinetwegen bis in alle Ewigkeit auf der Sandbank aus“, erwiderte Hasard trokken. „Sie selbst schaffen es ja doch nicht, die Galeone auch nur eine Handbreite aus dem Dreck zu ziehen.“

      „Sie werden noch von uns hören!“ schrie Fenner. „Sie werden jedes Ihrer Worte noch bereuen, das verspreche ich Ihnen! Vielleicht hängen Sie eines Tages noch an der Großrah eines Mastes und genießen einen weiten Ausblick!“

      „Der wird dann sicher auf Ihrer gestrandeten Galeone wohlwollend ruhen, Fenner. Fallen Sie nicht von der Jakobsleiter, manche Stürze können sehr unangenehm sein!“

      Damit war Fenner verabschiedet.

      Er warf einen letzten fassungslosen Blick auf den Seewolf, schüttelte dann den puterroten Kopf, schnaufte erregt und stieg über das Schanzkleid, düstere Prophezeiungen vor sich hinmurmelnd.

      Noch während er ins Boot stieg, packte ihn eine unbeschreibliche Wut, und bevor er hineinsprang, hämmerte er mit beiden Fäusten voller Zorn und hilfloser Enttäuschung wie ein Wilder an die Bordwand.

      „Bestes Holz, Sir“, versicherte Ferris Tucker freundlich, der ihm ausdruckslos nachblickte. „Da geht so schnell nichts kaputt. Es bleiben nicht mal Kratzer, selbst wenn man zufällig mal irgendwo aufläuft.“

      Fenner wartete nicht mehr länger, er wandte den Seewölfen den Rükken zu und schrie die beiden Männer an, endlich loszupullen.

      „Ich wette, er heult jetzt“, sagte Matt Davies. „Deshalb dreht er sich auch nicht mehr um. Wie weh muß ihm ums Herze sein!“

      Ein paar Seewölfe prusteten los, bis Carberry ihnen sein grimmiges Gesicht zuwandte.

      „Wenn ich jemanden lachen höre“, sagte er im Plauderton und ohne jeden Ausdruck, „dann jage ich ihn solange in die Wanten; bis er mit einem ellenlangen grauen Bart zurückkehrt. Habt ihr das kapiert, ihr Hafenratten, ihr verwanzten, was, wie?“

      Sie lachten auch nicht mehr, sie warfen ihrem Kapitän nur einen bewundernden Blick zu, denn der hatte Fenner und Drake mit ein paar Worten so tief gekränkt, wie es noch niemand getan hatte.

      Fenner schien tatsächlich zu heulen.

      Fenners Rückkehr ließ den erwartungsvollen Francis Drake fast in die Knie gehen und setzte allem die Krone auf.

      Mit vor Zorn versagender und immer wieder überkippender Stimme erstattete er dem Admiral Bericht.

      Er wagte kaum, dem Admiral dabei in die Augen zu blicken.

      Der erwartete und befürchtete Tobsuchtsanfall folgte auch sofort danach.

      Drake hörte erst schweigend zu, dann verfärbte er sich, und Fenner sah, wie seine Hände zu zittern begannen. Diese Reaktion setzte sich fort, bis Drakes Schultern vor Wut bebten, sein Kopf knallrot anschwoll und er sich ruckartig umdrehte, weil auch er glaubte, sich verhört zu haben.

      Was Fenner dann zu hören kriegte, übertraf alle seine befürchteten Erwartungen. Er hatte Drake jetzt schon ein paarmal tobend und brüllend erlebt, aber diesmal erinnerte es Thomas Fenner an eine Nierenkolik, bei der der bedauernswerte Patient sich die Lunge aus dem Hals schrie.

      Dabei sparte der sonst so zurückhaltende und immer auf Würde bedachte Admiral auch nicht mit Kraftausdrücken. Im Gegenteil: Er wandte sie lautstark an und tobte sich aus, bis ihm vor Erregung die Stimme versagte.

      Er würdigte Fenner keines Blickes mehr, drehte sich auf dem Absatz um und verschwand unter Deck in der achteren Kammer.

      Er ließ sich auch vorerst nicht mehr blicken. Kapitän Thomas Fenner blieb hilflos und verwirrt auf dem Achterdeck zurück und dachte über die Ungerechtigkeit der Welt nach.

      6.

      Weit nach Mitternacht, der Mond schien unverändert von einem klaren Himmel, wurden aus dem Ausguck der „Isabella“ vier langgestreckte Schiffe gesichtet.

      Der blondhaarige Schwede Stenmark meldete sie aus dem Ausguck, auf den Hasard keine Sekunde lang verzichtete.

      „Vier Galeeren!“ rief er zum Deck hinunter. „Sie laufen von der Küste auf uns zu.“

      Im Nu war alles auf den Beinen. Hasard, der sich in seine Kammer zurückgezogen hatte, erschien fast gleichzeitig mit Ben Brighton auf dem Achterdeck, legte die Hand über die Augen und suchte die See ab.

      Da krebsten sie heran, anfangs schwerfällig, als suchten sie mühsam nach dem Ziel, doch dann wurden sie immer schneller, änderten den Kurs und hielten auf die „Elizabeth Bonaventura“ zu.

      „Kein Wunder“, sagte der Seewolf, „das Licht lockt sie magisch an. Sie scheinen es schon seit einer ganzen Weile bemerkt zu haben. Ben, Feuerbereitschaft, Anker auf! Klar Schiff zum Gefecht!“

      „Aye, Sir! Alle Mann auf Stationen!“

      Der Ruf hallte über das Deck, und von überall tauchten die Seewölfe auf, schnell und wendig wie Riesenameisen aus einem Bau erschienen sie und besetzten ihre Stationen.

      Das Flaggschiff bot einen Anblick wie eine brennende Riesenfackel, die die Nacht ringsum erleuchtet.

      Schiffslaternen brannten, Fackeln waren entzündet worden, überall flackerte Licht und tauchte das Schiff in Helligkeit.

      Natürlich hatte das den Spaniern keine Ruhe gelassen, und so krebsten sie jetzt mit vier Galeeren heran, um sich der Beute zu bemächtigen.

      Auf dem Vordeck der „Isabella“ wurde der Anker gehievt, die Männer legten sich hart in die Spillspaken, während in der Kuhl die Culverinen überprüft und einsatzbereit gemacht wurden. Kugeln und Pulverfässer wurden gemannt, die allgemeine Hektik lief nach einem genau ausgetüftelten Schema ab. Jeder hatte seinen ganz bestimmten Platz, jeder kannte seine Handgriffe im Schlaf, es saß alles auf Anhieb, ohne daß es großer Worte bedurft hätte.

      Hasard blickte durch das Spektiv und nickte dem Gefechtsrudergänger Pete Ballie zu, der schon längst seinen Posten eingenommen hatte und am Ruder stand.

      „Pete“,