Seewölfe - Piraten der Weltmeere 263. Frank Moorfield

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 263
Автор произведения Frank Moorfield
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954395996



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den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Jedenfalls machte Gary Andrews diese Erfahrung in allen Einzelheiten durch. Als sich die vier Männer gegen Mittag auf den Weg zurück zum Hafen begaben, hatte er sich schon fast an sein Ziegenbesitzerdasein gewöhnt. Das Tier trottete, sehr zum Ärger Arwenacks, willig hinter dem kleinen Trupp her und ließ ab und zu sogar ein fröhliches Meckern hören.

      Gary Andrews, der mit Schrecken an jenen Augenblick dachte, an dem sie mit dem Rest der Crew zusammentreffen würden, überlegte krampfhaft die Möglichkeiten, die er hatte.

      „Ob ich die Ziege unterwegs wohl verkaufen oder verschenken kann?“ fragte er den neben ihm gehenden Bob Grey.

      „Wie stellst du dir das vor?“ erwiderte Bob. „Du bist ein Giaur, und ich glaube nicht, daß einer von Allahs Gläubigen dir einen ungläubigen Ziegenbock abkaufen wird. Und verschenken ist nicht drin, schließlich hat das liebe Tierchen eine schöne Stange Geld gekostet. Da du nicht gefeilscht hast, hat dir der dicke Händler bestimmt den fünffachen Preis abgeknöpft.“

      Das sah Gary Andrews ja alles ein, aber er hatte trotzdem ein verdammt flaues Gefühl in der Magengegend, als sie sich dem Hafenviertel näherten.

      Philip Hasard Killigrew, der Seewolf, war ein Mann, der viele Blicke auf sich zog. Er war mehr als sechs Fuß groß, breitschultrig, schmalhüftig und hatte schwarze Haare und klare, eisblaue Augen. Aber er bildete sich auf sein beeindruckendes Äußeres so wenig ein, wie auf den Titel „Sir“, den er führen durfte, seit ihn die englische Königin, deren Kaperbrief er besaß, zum Ritter geschlagen hatte. Der Seewolf war vielmehr ein willensstarker, charakterfester Mann, der sich immer bemüht hatte, seiner Crew nicht nur ein zuverlässiger Kapitän, sondern auch ein Kamerad zu sein, mit dem man durch Dick und Dünn gehen konnte.

      Ben Brighton, sein Stellvertreter und Erster Offizier, ergänzte die Eigenschaften Hasards in geradezu klassischer Weise. Er war ein zuverlässiger, immer ruhiger und besonnener Mann, der, obwohl er ein guter Seemann und schlagkräftiger Kämpfer war, immer erst einigen Anlauf brauchte, bis er in Fahrt geriet. Er war breitschultrig, untersetzt, und hatte dunkelblonde Haare. Gewissermaßen galt er als der ruhende Pol der Seewölfe-Crew.

      Die beiden Männer streiften mit wachen Augen an den Piers entlang. Begleitet wurden sie von Big Old Shane, dem ehemaligen Schmied der Feste Arwenack in Cornwall, von Al Conroy, dem stämmigen, schwarzhaarigen Stückmeister der verlorenen „Isabella“, sowie von Philip und Hasard junior, den Zwillingssöhnen des Seewolfs, die in ihr zwölftes Lebensjahr gingen.

      Hasard war ganz froh darüber, daß die beiden „Rübenschweinchen“, wie sie der Profos meist zu nennen pflegte, nicht mit den übrigen Männern in die Stadt aufgebrochen waren, denn er konnte sie hier recht gut als Dolmetscher gebrauchen. Sie kamen mit der türkischen, aber auch mit der arabischen Sprache gut zurecht, seit er sie damals, im Jahr 1587, in Tanger bei Kalibans türkischer Gauklertruppe wiedergefunden hatte.

      Der Hafen von Alexandria bot, wie auch die ganze Stadt, ein buntes und bizarres Bild, das durch ein geschäftiges Treiben bestimmt wurde. An den Piers waren Wasserfahrzeuge der verschiedensten Gattungen vertäut. Galeonen und Karavellen waren nur vereinzelt zu sehen, dafür aber eine Vielzahl von Feluken, Sambuken und Dhaus, außerdem ein riesiges Heer von winzigen Küstenseglern und Fischerbooten.

      Doch das lebhafteste Stimmengewirr herrschte in den Gassen des Hafengebietes, an Ecken und in unzähligen kleinen Läden, wo Handel getrieben und lebhaft um Preise gefeilscht wurde.

      Philip Hasard Killigrew und Ben Brighton interessierten sich jedoch besonders für Segler jener Größenordnung, mit der man zumindest das Mittelmeer hinter sich bringen konnte. Die Crew hatte längst abgestimmt und sich dafür entschieden, zu eben diesem Zweck auf größere Segler umzusteigen.

      „Es sieht hier nicht so aus, als ob jede Menge Schiffe zum Verkauf stehen würden“, stellte Hasard mit prüfendem Blick fest. „Am besten wird sein, wenn wir uns etwas bei den Händlern umhören. Sie sind meist die Ersten, die wissen, wo ein Geschäft zu tätigen ist.“

      Ben Brighton nickte.

      „Soviel Glück wie Ferris mit seiner Gruppe in Damiette hatte, wird uns hier nicht beschieden sein. Bis jetzt habe ich kein Schiff entdeckt, das so aussieht, als ob man dort anheuern könnte.“

      Big Old Shane und Al Conroy, die sich einige Yards hinter Hasard und Ben befanden, waren in ein Gespräch mit den Zwillingen vertieft, deshalb hatte zunächst niemand die zerlumpte Gestalt beachtet, die ihnen seit einiger Zeit folgte. Jetzt aber hatte der Araber, der wie ein Bettler aussah und mit seinem gekrümmten Rücken einen erbärmlichen Eindruck erweckte, die Seewölfe erreicht. Sofort streckte er ihnen beide Hände entgegen und begann laut zu jammern.

      Er war beileibe nicht der erste Bettler, der die Männer um ein „Bakschisch“ anging, aber er war mit Abstand der hartnäckigste.

      Hasard griff zum Gürtel und holte einige kleine Münzen hervor. Sie verschwanden blitzschnell unter der zerrissenen Djelaba des Mannes. Aber statt nun die üblichen Segnungen Allahs auf die edlen Spender herabzurufen, streckte ihm der Bettler wieder die offenen Hände entgegen.

      „Hast du da noch Töne!“ sagte Big Old Shane, ein gewaltiger Mann mit einem wilden, grauen Bart. „Schüchtern scheint der Bursche wirklich nicht zu sein. Soll ich ihm mal etwas Dampf unter den Achtersteven machen?“

      Hasard winkte ab.

      „Es wird besser sein, wenn wir ihm keine Beachtung mehr schenken“, erwiderte er. „Schließlich wollen wir hier nicht unbedingt unangenehm auffallen.“

      Aber wenn die Seewölfe dachten, jetzt unbehelligt weitergehen zu können, dann hatten sie sich getäuscht. Der verluderte Kerl wurde ständig dreister. Seine Stimme, die keinen Atemzug lang aussetzte, wurde immer schriller, und seine schmutzigbraunen Hände packten Hasard am Arm.

      Da wurde es dem Seewolf doch zu bunt. Er schüttelte den Burschen ab und gab ihm durch eine unmißverständliche Geste zu verstehen, daß er in Ruhe gelassen werden möchte.

      Zu seinen beiden Sprößlingen gewandt, sagte er: „Verklart ihm, daß er verschwinden soll. Hier gibt’s nichts mehr zu holen.“

      Sofort legten die beiden „Rübenschweinchen“ abwechselnd in türkisch und arabisch los, und in Hasard, ihrem Vater, verhärtete sich der Verdacht, daß sie weit mehr sagten, als er ihnen aufgetragen hatte. Im stillen war er davon überzeugt, daß da gerade einige Lieblingssprüche Edwin Carberrys losgelassen wurden. Aber da er nichts davon verstand, behielt er seinen Verdacht lieber für sich.

      Der Bettler ließ sich auch durch die Erhebung in den Stand eines „kümmeligen Affenarsches“ nicht beeindrucken. Er schien sich ein gewisses Ziel gesetzt zu haben, das er unter allen Umständen zu erreichen versuchte. Und ehe sich der Seewolf versah, grapschte der Kerl mit flinken Fingern nach seinem Gürtel. Er schien zu ahnen, wo der „Giaur“ seine Gold- und Silberstücke sowie niedliche Perlen und Piasterchen untergebracht hatte.

      Da aber war Hasards Geduld zu Ende. Wütend klopfte er dem aufdringlichen Bettler auf die Finger und stieß ihn von sich. Damit war der Fall keineswegs ausgestanden. Während seine Begleiter, Ben Brighton, Al Conroy, Big Old Shane und die Zwillinge halb verärgert und halb amüsiert die Szene beobachteten, entging ihnen der Aufmarsch von mindestens zehn weiteren zerlumpten Gestalten, denen man ihr Gewerbe auf die Entfernung von zehn Seemeilen ansehen konnte.

      Und siehe da! So mancher gekrümmte Rücken war plötzlich kerzengerade geworden, und so mancher bisher Hinkende bewegte sich plötzlich so geschmeidig vorwärts wie eine Katze, die eine Maus im Visier hat.

      Aber nicht nur die zahlreichen verluderten Gestalten waren es, die in den vier Männern und zwei Jungen ernsthafte Bedenken aufsteigen ließen, sondern die Krummdolche in ihren Händen, deren Klingen im Sonnenlicht mörderisch blitzten.

      „Jetzt fehlen uns nur noch ein Kamel und ein Krokodil“, sagte Dan O’Flynn, „dann können wir als Gaukler durch die Lande ziehen und eine Menge Piasterchen verdienen. Einen Affen und eine Ziege haben wir ja schon.“

      „Damit kannst du hier niemandem das Geld aus