Название | Seewölfe Paket 27 |
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Автор произведения | Roy Palmer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954399956 |
„Die Möglichkeit besteht durchaus. Dennoch werden wir die Insel einmal runden und uns die Nordseite ansehen. Ich möchte gern herausfinden, was es damit auf sich hat.“
Die anderen waren ebenfalls, dafür, und sie plagte ganz beträchtlich die Neugier. Also wurde beschlossen, die Insel einmal zu runden, um sich einen genaueren Überblick zu verschaffen.
An dem porösen Korallenschutt, der zwischen aufgetürmte Basaltsäulen gefüllt war, erkannte Hasard den Tidenunterschied. Augenblicklich herrschte Ebbe, aber bei Flut waren die Kanäle sicher gut mit dem Beiboot zu durchfahren.
Unmerklich ging das Wasser zurück. Seichte Priele waren zu sehen, in denen sich quaddelige Seegurken tummelten. Kleine Fische flitzten hin und her und versuchten, tieferes Wasser zu erreichen.
„Das sieht wie eine sehr alte Verteidigungsanlage aus“, meinte Dan O’Flynn. „Aber wer oder was sollte hier mitten im Meer verteidigt werden? War es vielleicht mal ein Häuptling, ein Stammesfürst oder ein Papalagi, der hier hauste?“
Er war der Lösung des Rätsels ziemlich nahe. Doch das erfuhren sie erst viel später. Fest stand lediglich, daß diese Insel einstmals künstlich angelegt worden war und ihre Erbauer mit unglaublicher Präzision gearbeitet haben mußten, um dieses Labyrinth zu erschaffen. Der Ursprung dieser Insel mochte sich im Laufe der Jahrhunderte irgendwo im mythischen Nebel verloren haben.
Sie zuckten unmerklich zusammen, als ein seltsam klagender Ton zu hören war. Es hörte sich an, als würde auf einer Muscheltrompete geblasen, ein leises fernes Klagen, das sich sofort darauf verlor.
„Geister“, sagte Old O’Flynn prompt, denn derartige Klänge waren für ihn der Beweis, daß sie von Geistern stammten. „Wir sind in einer Geisterstadt gelandet und werden verflucht sein.“
„Hör bloß mit deinen Geistern auf!“ fuhr Hasard ihn an. „Noch sind wir in keiner Geisterstadt gelandet und auch noch nicht verflucht. Es gibt für alles eine natürliche Erklärung.“
„Für alles nicht“, behauptete Donegal störrisch. „Es gibt auch Dinge, die unerklärbar sind. Da stecken dann immer irgendwelche überirdischen Mächte …“
„Jaja, schon gut“, wehrte Hasard ab. Er konnte sich den seltsam klagenden Ton auch nicht erklären, aber deshalb mußte er noch lange nicht von „irgendwelchen Geistern“ stammen, oder von „überirdischen Mächten“, die auch zum Lieblingsthema des Alten gehörten.
Das Wasser ging noch weiter zurück.
„Wir müssen weiter aufs Meer verholen“, sagte Hasard, „sonst sitzen wir fest.“
Er blickte zum Meer hin. Nicht weit von dieser großen Insel gab es noch weitere, die aber alle kleiner waren. Auch sie schienen künstlich aus Korallenschutt und Basaltsäulen angelegt worden sein. Man hatte sie auf den natürlichen Untiefen des Meeres gebaut.
In den zahlreichen Kanälen wurde das Wasser immer seichter. Der Hauptkanal war jetzt nur noch mit einem flachen Boot zu befahren. Seine Breite betrug hier etwa sechs Yards.
Hasard fielen wieder die beiden Eingeborenen ein, die sich so betont unauffällig von der Insel entfernt hatten. Was mochten sie hier getan haben? Warum hatten sie von der Galeone keine Notiz genommen und sie einfach ignoriert?
Achselzuckend kehrte er aufs Achterdeck zurück. Etwas an diesem Insellabyrinth beunruhigte ihn, ohne daß er zu sagen wußte, was es war. Wahrscheinlich das Geheimnisvolle, daß es eine künstliche Insel im Pazifik gab, die offensichtlich schon vor Jahrhunderten angelegt worden war und einstmals mächtigen Königen als Herrschersitz gedient haben mochte.
„Hievt den Anker“, sagte er, „wir umrunden die Insel und sehen sie uns genauer an.“
6.
Nan Madol, so hieß die geheimnisvolle Insel, gehört zu Ponape und bedeutet soviel wie „Ort der Zwischenräume“. Der Sage nach befand sich hier einst das mit Schätzen überladene Grabgewölbe der Saudeleur, der einstigen Herrscher über Ponape.
Die Eingeborenen sprachen von einem großen Mann namens Olosopha, der in einem Kanu hier landete und sich selbst zum Herrscher von Nan Madol ernannte. Er war ein kriegerischer Mann, der die Insel in drei Distrikte aufteilte und die Festung Nan Dowas bauen ließ.
Weiter besagt die Gründungssage, daß früher Zwerge auf Ponape hausten, deren Sprache wie das Schnarren von Fledermäusen klang, und die auf geheimnisvolle Weise verschwanden, als zwei Weitere Riesen, Li-ot und Konat, die Insel betraten. Die beiden plattnasigen Riesen riefen Flugechsen und Drachen herbei, die mit ihrem wilden und feurigen Schnauben die Kanäle aushoben.
So wurde Nan Madol zur Festung ausgebaut und bestand jahrhundertelang unter der Saudeleur-Dynastie. Der letzte König namens Saudemwohi wurde von dem aus Kosrae kommenden Isokelekel getötet, der die neue Herrscher-Dynastie der Nahnmwarki begründete. Nach seinem Tod wurde Ponape in fünf Reiche zergliedert.
Von all dem wußten die Arwenacks nichts, als sie die Insel rundeten.
Das Wasser war noch weiter zurückgegangen und hatte jetzt seinen tiefsten Punkt erreicht. Sie mußten höllisch aufpassen, um nicht auf Untiefen zu geraten.
An der Nordseite gingen sie vor Anker und fierten das Boot ab.
Hasard blickte zum Himmel. Die Sonne neigte sich im Westen dem Meer zu und würde in einer halben Stunde untergehen. Dann herrschte Dunkelheit, und jede Exkursion war zum Scheitern verurteilt.
„Morgen, in aller Frühe“, sagte der Seewolf, „dürfte das Wasser wieder seinen höchsten Stand erreicht haben. Dann ist die Zeit günstig, um ins Innere der Insel vorzustoßen. Die Tiden folgen etwa im Rhythmus von sechs Stunden.“
Er unterbrach sich, als ein lautes Klatschen zu hören war. Es hörte sich an, als sei ein großer Stein ins Wasser gefallen. Das allgemeine Augenmerk wandte sich sofort in die Richtung, wo jetzt leises Rauschen zu hören war.
„Krokodile“, sagte Batuti. „Salzwasserkrokodile, die ganz großen Echsen. Dort vorn schwimmt es.“
In einem acht Yards breiten Kanal ging gerade ein Salzwasserkrokodil auf Tiefe. Sie sahen nur noch die Schnauze aus dem Wasser ragen, hörten das Rauschen und blickten genauer hin. Aber da war die Riesenechse bereits verschwunden.
„Vor denen müssen wir uns morgen vorsehen“, warnte Hasard. „Das sind wahre Teufelsbiester und sehr angriffslustig.“
Er blickte zu der Stelle hin, doch das Krokodil war nicht mehr zu sehen. Nur das Wasser kräuselte sich noch an jener Stelle.
Die Sonne ging in einem farbenprächtigen Schauspiel unter und versank im Meer. Schon lange vorher war der Mond zu sehen, doch jetzt bei der Dunkelheit schien er immer größer und aufgeblähter zu werden.
Sein geheimnisvolles Licht strahlte auf die Ruinenstadt Nan Madol, die auf unheimliche Weise zum Leben erwachte.
Stumm saßen oder standen die Arwenacks an Deck und lauschten den Tönen. Old O’Flynn zog ein sehr bedenkliches Gesicht. Diese Insel war ihm von Anfang an nicht geheuer. Hier schienen wahrhaftig nächtliche Geister ihr Unwesen zu treiben.
Hinter den Basaltblöcken und mächtigen Säulen bewegte sich etwas, darauf hätte er geschworen. Und die Töne ließen sich auch nicht wegleugnen, denn jeder konnte sie hören.
Da war wieder jener Klang, der sich wie Äolsharfen anhörte, durch die leise der Wind streicht. Die Harfen wimmerten und klagten, oder sie stöhnten verhalten. Dazwischen blies mit seltsamer Eindringlichkeit die Muscheltrompete. Nach wenigen Sekunden brach der Ton ab und erklang dafür an anderer Stelle neu.
Smoky, der Profos und Old Donegal sahen sich unbehaglich an. Ihre Gesichter waren im bleichen Mondlicht blaß, wie ausdruckslose helle Scheiben ohne Leben.
Der