Название | Seewölfe Paket 26 |
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Автор произведения | Roy Palmer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954399949 |
Die Faktorei des deutschen Kaufherrn Arne von Manteuffel gehörte in den darauffolgenden Tagen zu jenen uneinnehmbaren Widerstandsnestern, die sich im Stadtgebiet gegen die entfesselten Horden behaupteten.
Arne gab sich indessen keinen Illusionen hin. Das Betätigungsfeld für die Plünderer war weit und reich. Was sie bisher gegen seine Faktorei unternommen hatten, konnte man eher als Geplänkel bezeichnen. Ihm und seiner Helferschar gelang es ohne sonderliche Mühe, Einbruchsversuche zu vereiteln. In den Fällen, in denen es sich um größere Einbrechergruppen handelte, wurden Tromblons und Flaschenbomben eingesetzt. Die jeweilige Wirkung war verheerend und nachhaltig. In solchen Nächten riskierte der Pöbel dann meist keinen weiteren Angriff auf die Faktorei.
Bis zum 8. Juli zog sich das Geschehen auf diese Weise hin.
Nach dem Mittagessen begab sich Jörgen Bruhn mit Isabella Fuentes in die Vorratsräume, um in Arnes Auftrag eine genaue Bestandsaufnahme der Lebensmittel anzufertigen.
Jussuf schlüpfte in zerlumpte Sachen, die er für seine gelegentlichen Verkleidungszwecke hatte und trat auf den Hinterhof hinaus. Arne gab ihm aus einem der oberen Fenster ein Zeichen, als die angrenzende Gasse eindeutig menschenleer war.
Unbemerkt verließ der Türke die Faktorei, um seinen Erkundungsgang anzutreten. Für jemanden in bürgerlicher Kleidung war es mittlerweile auch tagsüber unmöglich geworden, die Straßen zu betreten. Die entfesselten Horden wären sofort über ihn hergefallen. Im Stadt- und Hafengebiet hatte der Pöbel fast alle Gewalt an sich gerissen.
Das galt insbesondere, seit Capitán Marcelo nicht mehr einsatzbereit war und das Gros der Bürger sich in die Residenz geflüchtet hatte. Die Offiziere riskierten es nun weder nachts noch tagsüber, Patrouillen in die Straßen und Gassen zu entsenden. Die Verlustquote wäre unvertretbar hoch gewesen.
Jussuf sah aus wie einer der Marodeure. Vor einem Bürgerhaus, dessen Fenster und Türen aufgebrochen worden waren, ergriff er einen herumliegenden goldenen Kerzenleuchter, den er auffällig unauffällig unter seinem Umhang hielt.
Er merkte sich Straße und Hausnummer. Später würde er den Leuchter mit einem entsprechenden Zettel versehen und in der Faktorei aufbewahren. Vielleicht konnte er ihn einmal seinem rechtmäßigen Eigentümer zurückgeben.
Arne überprüfte unterdessen die Sicherheitsmaßnahmen, die er mit seinen Helfern in der Faktorei getroffen hatte. Dank früherer unangenehmer Erlebnisse hatten sie einige Erfahrung im Abwehren von Angriffen auf das Gebäude. Verwundbare Punkte waren insbesondere die vordere Eingangstür und die Fenster im Erdgeschoß. Die Tür hatten sie von innen mit Bohlen und Stützbalken gesichert, desgleichen die Fenster, deren Läden überdies sorgfältig geschlossen worden waren.
Arne überzeugte sich bei einem Rundgang, daß alle Vorrichtungen intakt waren.
Jussuf bangte natürlich besonders um die Taubenschläge. In den zurückliegenden Nächten hatte er kaum noch ein Auge zugetan und freiwillig durchgehende Wachen übernommen, weil er ohnehin erst bei Helligkeit wieder Schlaf fand. Die Befürchtung, daß ein Feuer seinen gefiederten Lieblingen Schaden zufügen könnte, war einfach zu groß.
Bislang hatte sich der Pöbel allerdings noch nicht dazu verstiegen, Feuer zu legen. Offenbar blieb bei aller Mord- und Raubgier die Erkenntnis wach, daß das, was man mutwillig verbrannt hatte, nicht mehr erbeutet werden konnte.
Auch auf dem Hinterhof waren alle Bohlenverstärkungen intakt, die Mauer unbeschädigt. Arne begab sich zurück ins Haus. Er traf Jörgen und Isabella in der Küche. Die junge Frau sah ihn mit zuversichtlichem Lächeln an.
„Hunger werden wir jedenfalls nicht leiden“, sagte sie energisch. „Wir sind bestens gerüstet, um den Halsabschneidern zu zeigen, daß sie sich bei uns mit den Falschen anlegen.“
Arne nickte lächelnd, als er das wildentschlossene Funkeln in ihren dunklen Augen sah. Es erinnerte ihn daran, wie völlig anders sie damals ausgesehen hatte, als Hasard und er sie gemeinsam mit den Gefährten vom Bund der Korsaren aus den Klauender Deserteure gerettet hatten.
Damals war Isabella Fuentes ein bemitleidenswertes Häufchen Elend gewesen. In der Obhut Arnes und seiner Freunde hatte sie sich zu einer selbstbewußten Frau entwickelt, die auch zuzupacken verstand. Das hatte sie in den vergangenen Monaten mehr als einmal bewiesen.
„Unsere Proviantvorräte sind wirklich riesig“, sagte Jörgen Bruhn, der Mann aus Hamburg. „Ich muß die Aufstellung noch zusammenrechnen. Dann kann ich dir die genauen Gesamtmengen mitteilen.“
„Laß dir Zeit damit“, sagte Arne lächelnd. „Ich verlasse mich auf deine Schätzung. Du mußt nicht immer wieder deine Kaufmannsseele durchscheinen lassen.“
Jörgen Bruhn verzog das Gesicht in gespielter Empörung. In der Tat hatte er in jungen Jahren eine Kaufmannslehre in der Hansestadt an der Elbe absolviert. Doch dann hatte er es in den verstaubten Kontoren nicht mehr ausgehalten. Seinen Beschluß, sich den Seewind um die Ohren wehen zu lassen, hatte er seitdem nicht aufgehoben.
„Wer hat mich denn zum Schreiber verdammt?“ rief er.
Arne klopfte ihm auf die Schulter.
„Reg dich nicht auf, Jörgen. Du bist ein getarnter Seemann, das wollen wir nie vergessen.“
„Manchmal scheint es mir aber so, als ob das Gegenteil der Fall sei“, sagte Bruhn, doch er grinste dabei.
Für die ersten Nachmittagsstunden nahmen Arne und Jörgen ihre Beobachtungsposten im Obergeschoß des Hauses ein. Arne hielt sich in den Räumen auf, durch deren Fenster er die Vorderseite mit der Straße am Hafen überwachen konnte. Jörgen beobachtete unterdessen den Hinterhof und die rückwärtige Umgebung des Faktoreigebäudes.
Am späten Nachmittag kehrte Jussuf von seinem Erkundungsgang zurück.
„Ich war bei Señor Herrera“, berichtete er. „Er hat sein Haus ähnlich verrammelt wie wir. Übrigens sollen auch einige andere noch standhalten und sich in ihren Häusern verbarrikadiert haben. Señor Herrera ist voller Bitterkeit. Er versteht die Welt nicht mehr. Er hätte gedacht, daß die Bürger in einer so gefährlichen Situation beherzter handeln würden.“
„Und wie beurteilt er die Lage?“ fragte Arne.
Jussuf bewegte den Kopf von einer Seite auf die andere.
„Er meint, daß die Katastrophe unmittelbar bevorsteht. Wahrscheinlich müßten wir schon in dieser Nacht mit dem Schlimmsten rechnen.“
Die Vermutung des Handelsherrn Felipe Herrera bestätigte sich.
Schon kurz vor Einbruch der Dunkelheit belebten sich die Gassen vor allem in Hafennähe. Wüstes Gegröl schwoll zu vielstimmigem Lärmen an, das die ganze Stadt erfüllte und nicht mehr enden wollte. Nur vereinzelt peitschten Schüsse. Die Plünderer konzentrierten sich auf jene Beuteobjekte, bei denen sie keinen Widerstand zu erwarten hatten.
Krachende Axtschläge waren zu hören. Holz von Türen und Fensterläden zersplitterte. Schmiedeeiserne Tore und Pforten wurden aus den Verankerungen gerissen. Irgendwo quiekte ein Schwein, das aus einem Stall geholt worden war und nun abgestochen wurde.
Überhaupt hatten die Horden herausgefunden, wie angenehm es war, sich an den Köstlichkeiten aus den Vorratskellern der Bürgerhäuser gütlich zu tun. Überall in den Häusern brannte Licht, Freß- und Saufgelage fanden dort statt und die noch übriggebliebene weniger wertvolle Einrichtung wurde restlos verwüstet.
Erst nach Mitternacht wurde es ruhiger. Arne und seine Freunde wußten jedoch, daß die Gefahr noch lange nicht vorüber war. Jene Marodeure, die sich nicht restlos mit Alkohol hatten vollaufen lassen, waren jetzt in Banden unterwegs. Offenbar waren ihnen die Häuser, die noch immer wirkungsvoll verteidigt wurden, ein Dorn im Auge.
Jäh wurde das den Freunden bewußt als sich murmelnde Stimmen von allen Seiten aus der Dunkelheit zusammenscharten. Die zuerst noch verhaltenen Stimmen steigerten sich zu Gebrüll.
Arne teilte Jörgen und