Stadt Land Russ'. Kay Sokolowsy

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Название Stadt Land Russ'
Автор произведения Kay Sokolowsy
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783941895492



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Spielchen von Camouflage und Deckelei, die o. a. Ignoranz der »großen« Geschichtsschreibung sowie die »traumatisch bedingte« (Sokolowsky) Schweigsamkeit der Eingeborenen haben eine der dramatischsten Episoden mitteleuropäischer Historie aus den Archiven gelöscht. Nur die konsequente, auch unter persönlichen Opfern erbrachte Anwendung der Grundsätze von Oral history vermochte der Dunkelmännerei vieler Jahre den Garaus zu bereiten.

      Wie wir dank Rudolf und Sokolowsky nun wissen, ist die Fränkische Schweiz seit Abschluß des Westfälischen Friedens das begehrteste Objekt russischer Großmachtpolitik gewesen. Immer und immer wieder setzten die Zaren ihre Heere in Bewegung, um das »Paradies« zu gewinnen oder wenigstens auszuplündern. Seit Peter der Große auf seiner Rundreise durchs westliche Europa auch den »Gottesgarten« (Victor v. Scheffel) erspäht hatte, richteten sich die Gelüste der Herrscher wie ihrer Leibeigenen insonderheit auf dieses friedvolle Gebiet, auf seine üppigen Feldfrüchte und Handwerksgaben.

      Im Stich gelassen von feigen Landesfürsten, mußten die schweizer Franken sich ein ums andre Mal auf eigene Faust der Invasoren erwehren. Dies gelang ihnen mit derselben Beharrlichkeit und Bauernschläue, die ihnen heute dazu dient, Reisende mit »Wellness-Wanderpfaden« oder »Riesenschnitzeln« zu betören und übers Ohr zu hauen. Es seien Tücke und List ihnen verziehen.

      Denn was Fabeln und Anekdoten, Märchen und Lieder erzählen, läßt schier unglaublich erscheinen, daß der fränkische Schweizer überhaupt noch »Auswärtige« in seinem Bezirk dulden mag und nicht sogleich mit Pike und Muskete vertreibt. »Vielleicht«, spekuliert Rudolf, »hat die außerordentliche Qualität des hiesigen Biers die Eingeborenen zu einer generell milden Denkungsart erzogen.« Sokolowsky hingegen führt die fehlende Feindseligkeit (von gewisser »Fremdelei« abgesehen) auf die bevorzugte Beschäftigung der Bevölkerung zurück: »Wer nichts schöneres weiß, als das Selbstgebraute zu trinken, das Selbstgeschlachtete zu verspeisen und die selbstgeschnitzte Angel auszuwerfen, der greift nun einmal nur in ungemeiner Not zur Waffe. Trotz allem.«

      Inzwischen tobt in der einschlägigen Wissenschaft eine hitzige Fehde um die bahnbrechenden Erkenntnisse. Als »plumpe Augenwischerei«, »trunkenes Geschwätz« und »blanke Erfindung« denunzieren die Vertreter traditionell-bornierter Heimatkunde, was Sokolowsky und Rudolf seit 2002 in Fachorganen wie »Konkret« und »Junge Welt« ans Licht der Öffentlichkeit gefördert haben. Auch das Kultusministerium des Freistaats Bayern verweigert den beiden Pionieren bis heute jegliche Unterstützung bei der Introspektion weiterer Geheimnisse der Fränkischen Schweiz. Der Kleinkrieg um Mittel, um Worte und nicht zuletzt um den eigenen Ruf hat das Forscher-Duo jedoch bis heute nicht zermürben können. Emsig graben sie weiter nach Dokumenten, Mythen und Bräuchen, die ihre These zu stützen vermögen. Ob Heiligenstadt oder Pottenstein: Kein Ort scheint ihnen zu unbedeutend, kein Interviewpartner zu dubios, als daß sie jenem und diesem nicht ihre Zeit, ihre Kraft und ihre Nerven widmen möchten.

      Da der immense Aufwand der Feldforschung Rudolf und Sokolowsky selten die Muße läßt, außerhalb wissenschaftlicher Publikationen von ihren Kenntnissen reden zu machen, baten sie uns, die Herausgeber, eine Lesefibel mit den schönsten Mären aus der Fränkischen Schweiz zu veranstalten. Denn was immer die Vertreter der Akademien an Galle zu verspritzen sich genötigt sehen: Die Weisheit und Lebenslust, die Volkes Mund äußert, sollte uns Nachgeborenen als Ansporn, als Belehrung und wohl auch als Trost dienstbar gemacht werden.

      Einer der ersten, feurigsten Anhänger der Rudolf-Sokolowskyschen Lehre ist der Berliner Sittenmaler F. W. Bernstein. Gepackt von der Botschaft, die aus den »Russ‘«-Geschichten raunt, dekoriert er diese Schelmenstücke und Legenden mit aller Kraft und Pracht seiner Kunst. Wir zweifeln nicht daran, daß der eindringliche Strich des Bildners am Triumph der Wahrheit maßgeblich mitwirken wird. Wiewohl heute, leider!, noch Verstocktheit und Erbsenzählerei das große Wort führen.

      Die Herausgeber:

      Gert Ockert / Holger Sudau

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