Название | Der kleine Fup |
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Автор произведения | Klaus Bittermann |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862872091 |
Ich muss Fup hinterherlaufen wie eine türkische Ehefrau mit Kopftuch ihrem Mann. Er geht zum Biobäcker. Als ich dort ankomme, hat er schon seine Laugenstange in Empfang genommen. Die Verkäuferin will sie gerade einer Frau berechnen, die als nächstes drankommt.
Ich treffe schon wieder nicht Harald Martenstein. Seit er mal in der Zeit geschrieben hat, ich hätte ihn nicht gegrüßt, gucke ich immer, ob er in der Schlange vor dem Biobäcker steht. Dafür sehe ich aber jede Menge Franzosen und Engländer, die ich nicht verstehe. Ich hätte nicht gedacht, dass ich 40 Jahre später immer noch bereuen würde, in der Schule nicht besser im Englischunterricht aufgepasst zu haben.
Andererseits ist es gar nicht so schlecht, die Leute nicht zu verstehen. Das wird mir klar, als ich Fup gegenüber im Brandi verschwinden sehe. Die Frau hinter dem Tresen hat Fup bereits eine Orangina gegeben als ich komme. Im Brandi ist Harald Martenstein auch nicht, aber mal jemand, den ich verstehe, weil er auf sein Smartphone guckend zu seinem Gegenüber sagt: »Im März? Das ist schlecht, da bin ich in Elternzeit. Da würde ich ungern Termine machen.« Im März? Das ist ein halbes Jahr hin. Ich hab noch nicht mal einen Termin für nächste Woche. Nicht mal einen Terminkalender, und Elternzeit hatte ich auch nie. Ich fühle mich hoffnungslos im Hintertreffen. Ich glaube, ich bin desorganisiert. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur neidisch auf den Termin im März, der nicht zustande kommt.
Fup hat auch einen Kommentar. Er sagt: »Ich muss Kacka.«
Also gehe ich mit ihm auf die Toilette und helfe ihm auf die Kloschlüssel. Dann sieht er zwischen seine Beine hindurch und sagt: »Gleich kommt die Kacka. Da, ich seh sie schon.« Schön, denke ich. »Siehst du sie auch?« Ich sage, ich würde sie auch sehen. Dann geht Fup zurück in den Raum mit den frühstückenden Zeitungslesern und Smartphoneguckern und ruft: »Ich hab Kacka gemacht.«
Alle kichern. Sogar die Franzosen.
Zimtschneckenabhängigkeit
Vielleicht haben die vielen Räuber- und Piratengeschichten doch mehr Einfluss auf Fup, als ich bisher angenommen habe. Oder es liegt an den Genen. Auch das wäre eine Erklärung, denn es ist zwar schon ein bisschen her, aber es gab eine Zeit, da war ich ein Meisterdieb. Aber nur ein kleiner.
Ich hole Fup vom Kinderladen ab, und da er zimtschneckenabhängig ist, stürmt er ins »Monsieur Imbrahim« und verlangt in Piratenmanier eine Zimtschnecke, die ihm sofort ausgehändigt wird. Er setzt sich ans Fenster und stopft sich die Zimtschnecke in den Mund. Draußen sieht er einen Freund. Er klettert behend vom Barhocker herunter, reißt die Tür auf und schreit: »Hallo! Ich bin hier! Es gibt noch Zimtschnecken!«, als hätte er gerade einen Goldschatz entdeckt, den es mit seinem Kumpel zu heben gälte.
Aber nicht nur Zimtschnecken sind für ihn Gold wert, sondern auch kleine Spielzeugautos. Ich verstehe diese Leidenschaft nicht, und schon gar nicht habe ich einen Überblick über die inzwischen stattliche Sammlung an den unterschiedlichsten Modellen. Wenn ich ihn frage, woher dieses Auto schon wieder herkomme, sagt Fup meistens, er hätte es sich ausgeliehen und er würde es wieder zurückgeben. Vom Ausleihen aber wissen seine Kumpels meistens nichts, und man kann nicht behaupten, dass er viel Engagement aufbringt, die Autos ihren rechtmäßigen Besitzern zurückzugeben. Manchmal, wenn seine Kumpels ihn besuchen, fliegt die Sache auf, aber das stört ihn nicht. Er bleibt eisern bei seiner Version. Oder anders ausgedrückt: Er lügt, dass sich die Balken biegen. Aber er hat auch eine andere Strategie auf Lager.
Vom Kinderladen zu Hause angekommen, greift er in seine Jackentasche und zieht ein Auto heraus. Dann noch eins. Und noch eins. Und ein viertes auch noch. Dabei sieht er mich an und fragt mich verwundert: »Weißt du, wie die ganzen Autos in meine Tasche gekommen sind?«
Gallery Weekend
Schon wieder ein Ereignis in Berlin, das man nicht verpassen darf. Und das heißt Gallery
Weekend. Die meisten Events verpasse ich, ohne dass ich das Gefühl hätte, etwas verpasst zu haben. Aber wie der Name Gallery Weekend schon sagt, findet das Ereignis am Weekend statt und da ist Programm manchmal nicht schlecht, um nicht den ganzen Tag mit Fup auf dem Spielplatz herumzuhängen. Außerdem wird Fup ein bisschen Kunst und Kultur schon nicht umbringen. Jedenfalls tut er immer so, als wollte ich ihn umbringen, wenn ich das Wort »Ausstellung« in den Mund nehme. »Komm, wir gehen in eine Ausstellung«, sage ich. »NEIIIIIN!«, schreit Fup außer sich. Also sage ich: »Los, lass uns Bilder angucken.«
Vorher müssen wir uns noch im Café Einstein für die Kunst mit einem Schnitzel stärken. Die erste Station ist die Galerie Buchholz in der Fasanenstraße. Belle Étage. Eine große Großbürgerwohnung mit großen Fenstern und Parkett und Balkon, die mir sehr gut gefällt. Ich sage Fup, dass er bloß nichts anfassen soll, denn das ist Kunst. Im Berliner Zimmer stehen vier Bisons. Eigentlich sind es zusammengenagelte Holzgerüste, die auf unterschiedliche Weise mit Material behangen sind, damit man gerade noch so erkennt, dass es sich um Bisons handelt. Fup ist begeistert. Aber da er sie nicht anfassen darf, ist seine Begeisterung schnell verflogen. Ich habe auch nicht das Bedürfnis, mir längere Gedanken über die unvollendeten Holzbisons zu machen. Also verlassen wir nach ein paar Minuten die Galerie und fahren zu Johann König in die Dessauer Straße, eine Gegend, wo ich jetzt nicht unbedingt eine Gallery vermutet hätte.
Johann König ist sehr angetan von Fups Mantel. Offenbar hält er mich für einen Käufer, aber ich habe weder das Geld noch das Bedürfnis, mir ein Bild zu kaufen, das ein Künstler schwarz grundiert und dann weiß überstrichen hat. Außerdem bin ich damit beschäftigt, Fup zu ermahnen, die Kunst nicht anzufassen.
Auf dem Weg zur nächsten Gallery lässt Fup seine Finger miteinander reden. Der eine Finger sagt bedrohlich: »Du hast die Kunst angefasst!« Der andere erwidert kleinlaut: »Aber ich hab doch hier nur geputzt.«
Fups Tränen
Ich gehe jeden Tag mit Fup auf den Spielplatz und trainiere seine Schusstechnik und Ballbehandlung, damit er später mal die ganzen Lücken füllen kann, die die Weggänge reißen, sobald jemand beim BVB zum guten Spieler herangereift ist. Bevor wir allerdings mit dem Training beginnen können, muss Fup einige Dinge klären.
»Du bist Frankreich und ich bin Dortmund«, sagt er.
Ich sage: »Solange ich nicht Bayern sein muss, ist mir alles recht.«
Wer wer ist, ist deshalb wichtig, weil er dann eins der beiden BVB-Trikots anzieht. Auf einem steht »Rosicky«, und der, versichere ich ihm, »war einer der besten Spieler Dortmunds«. Denn irgendein Spieler will Fup nicht sein. Auf dem anderen Trikot steht »Lucas«. Von Lucas Barrios. Ich weiß nicht, warum »Lucas« draufsteht und nicht »Barrios«, denn Barrios ist schließlich nicht so kompliziert wie Błaszczykowski, weswegen bei Błaszczykowski »Kuba« auf dem Trikot steht. Aber ich hatte das »Lucas«-Trikot nur gekauft, weil »Götze« ausverkauft war.
Und im Nachhinein war das auch gut so. Wenn Fup Frankreich ist, zieht er ein Frankreich-Trikot mit dem Namen »Henry« an. Nachdem die Kleiderfrage geklärt ist, muss noch geklärt werden, wer ins Tor geht und wo das Tor überhaupt steht. Das zieht sich. Fup gewinnt immer 2:2 oder 3:3, manchmal auch 4:4.
Beim Pokalfinale BVB gegen die Bayern sitzt Fup auf einem BVB-Ball im BVB-Trikot und fragt alle fünf Sekunden: »Wer gewinnt?« Da zunächst keine Tore fallen, beziehungsweise nur das eine, das der Schiedsrichter nicht anerkennt, schießt Fup selber ein paar Tore. Am Ende aber, als Bayern gewonnen hat, weint Fup ganz schlimm.
»Das ist so gemein«, schluchzt er.
Nadja macht ein Foto von Fups Tränen.
Fup sagt, wir sollen das dem BVB schicken, damit die sehen, wie schlimm das war. Ich schicke es dann aber nur Friedrich Küppersbusch, der mir schreibt, ich solle Fup zum Trost ein Foto von Hoeneß zeigen, wie er in den Knast muss.
Als Superman unterwegs
Statt