Fettnäpfchenführer USA. Kai Blum

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Название Fettnäpfchenführer USA
Автор произведения Kai Blum
Жанр Книги о Путешествиях
Серия Fettnäpfchenführer
Издательство Книги о Путешествиях
Год выпуска 0
isbn 9783958892323



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Guten Appetit: Root beer und Filet-O-Fish

      Im Großen und Ganzen ähneln sich die Filialen von McDonald’s natürlich weltweit. Bei den Details kann es aber eine Menge kleine und große Unterschiede geben. Z. B. kann man bei McDonald’s in den USA, im Gegensatz zu den deutschen Niederlassungen, kein Bier bekommen.

      Das von Torsten irrtümlicherweise bestellte root beer ist ein alkoholfreies Getränk aus Kräuter- bzw. Wurzelextrakten, an dem wohl nur die wenigsten Europäer Gefallen finden. Es ist in den USA und Kanada beliebt und wird oft mit dem deutschen Malzbier verglichen.

      Dieser Vergleich, den auch Mark gezogen hatte, ist jedoch nicht richtig. Malzbier wird aus Gerstenmalz, Hefe, Zucker und Kohlensäure hergestellt und schmeckt ganz anders als root beer, das ursprünglich aus den Wurzeln des Lorbeergewächses Sassafras hergestellt wurde. Heutzutage wird der Sassafras-Geschmack jedoch künstlich erzeugt und oft durch andere Geschmacksstoffe, wie z. B. Vanille oder Muskat, ergänzt.

      In Nordamerika gibt es Hunderte Wurzelbier-Marken, die alle nach verschiedenen Rezepten hergestellt werden. Die Bekannteste ist A&W, die es schon seit 1922 gibt. In den USA gibt es auch mehr als 200 A&W-Restaurants, die für ihre sogenannten root beer floats bekannt sind. Dabei handelt es sich um ein Glas root beer, in dem, wie Mark erwähnt hatte, eine Kugel Vanille-Eis schwimmt. Eine andere beliebte Version mit Schoko-Eis wird chocolate cow oder brown cow genannt. Soweit die Fakten. Warum die Amerikaner root beer köstlich finden, bleibt unerklärlich.

      Pommes Frites heißen in den USA French fries. Bemühungen konservativer Politiker, die frittierten Kartoffelstreifen wegen der mangelnden Unterstützung des Irak-Krieges durch die französische Regierung in freedom fries umzubenennen und die (ahnungslosen) Franzosen auf diese Weise zu »bestrafen«, fruchteten allerdings nicht.

      Der Fishmäc, der in den USA schon immer und seit einiger Zeit nun auch, wie Susanne richtig bemerkte, in Deutschland Filet-O-Fish heißt, wurde 1962 von Lou Groen erfunden, der eine McDonald’s-Filiale in Cincinnati (im Bundesstaat Ohio) betrieb und dessen Kundschaft hauptsächlich aus Katholiken bestand. Da diese am Freitag keine Hamburger kauften, kreierte er zum Ausgleich des Umsatzverlustes an diesem Tag einen Fisch-Burger.

      Die Konzernleitung von McDonald’s hatte sich zu dieser Zeit auch schon Gedanken über eine fleischlose Alternative gemacht: Der hula burger hatte statt Fleisch eine Ananas-Scheibe in der Mitte. Im Testverkauf setzte sich das Fisch-Sandwich allerdings auf Anhieb durch und begann damit seinen weltweiten Siegeszug.

      Der Hamburger wurde übrigens nicht von McDonald’s erfunden. Die älteste Hamburger-Fastfood-Kette ist vielmehr White Castle. Das Unternehmen wurde 1921 in Wichita (Kansas) gegründet und hat heute 420 Filialen, die hauptsächlich im Mittleren Westen und im Großraum New York zu finden sind.

      Die Gründer, der Koch Walter Anderson und der Versicherungsverkäufer Billy Ingram, mussten anfangs aber erst einmal die Hackfleisch-Abneigung der amerikanischen Bevölkerung überwinden. Der Schriftsteller Upton Sinclair hatte nämlich 1906 in seinem Roman The Jungle einem Massenpublikum die hygienischen Missstände in den Schlachthöfen und Konservenfabriken Chicagos vor Augen geführt. Um den Eindruck kompletter Reinlichkeit zu vermitteln, wurden die White-Castle-Restaurants, die damals wie heute ein wenig wie kleine mittelalterliche Festungen aussehen, außen mit weißer Emaille verkleidet und innen mit viel Edelstahl versehen. Die Angestellten waren in makellos saubere Uniformen gekleidet. Die Restaurants maßen nur 8,5 mal 8,5 Meter und wurden als Bausätze geliefert.

      Walter Anderson erfand nicht nur den Hamburger, sondern entwickelte auch die Fließbandmethode in der Küchenarbeit, die sich schnell und ohne großen Aufwand an unausgebildete Arbeitskräfte vermitteln ließ. Damit einher ging eine Standardisierung der Speisen, sodass die Kunden in jedem White-Castle-Restaurant das Gleiche erwarten konnten. Damit war das moderne Fast Food geboren.

      A&W, der oben erwähnte Root-Beer-Hersteller, entwickelte dann 1924 das Franchise-Konzept, d. h. die Eröffnung von Lizenzbetrieben durch selbständige Betreiber, die den Markennahmen, die Ausstattung und die Produkte der Mutterfirma nutzen. Bald schossen überall Fast-Food-Restaurants aus dem Boden. Heutzutage gibt es z. B. mehr als 30.000 McDonald’s-Restaurants in den USA, die als Franchise betrieben werden.

       DER UNTERSCHIED ZWISCHEN DRIVE-IN UND DRIVE-THRU

      In den USA parkt man bei einem drive-in an individuellen Wechselsprechanlagen, die rund um das jeweilige Fast-Food-Restaurant aufgestellt sind, und gibt dort seine Bestellung durch. Einige Minuten später werden Essen und Getränke zum Auto gebracht und in der Regel auf ein Tablett, das am heruntergekurbelten Fenster festgemacht wird, gestellt. Die meisten Leute essen dann gleich an Ort und Stelle im Auto.

      Bei einem drive-thru bestellt man ebenfalls über eine Wechselsprechanlage, man fährt aber danach kurz an ein Seitenfenster des Restaurants heran, wo einem das Bestellte ins Auto gereicht wird. Viele Schnellrestaurants auf beiden Seiten des Atlantiks bieten diesen Service, der in Deutschland jedoch oft fälschlicherweise als Drive-in bezeichnet wird, womöglich weil es leichter auszusprechen ist. Den Begriff McDrive, den McDonald’s in Deutschland verwendet, gibt es in den USA nicht.

      Den drive-in gab es lange vor dem drive-thru. Der erste drive-in wurde 1921 in Dallas unter dem Namen Pig Stand eröffnet. Die Firma gleichen Namens, die als erstes Restaurant in Amerika fried onion rings anbot und die heute noch Filialen in Beaumont, San Antonio und Houston betreibt, wuchs schnell und die Idee fand viele Nachahmer.

      McDonald’s läutete in den Vierzigerjahren den Niedergang der drive-in-Restaurants ein, als man die Kunden dazu bewegte, sich das Essen selbst vom Gebäude zu holen, statt es sich bringen zu lassen. Überraschenderweise nahm die Kundschaft diesen Rückschritt in Sachen Service hin. Der niedrige Preis der Speisen muss wohl eine Rolle gespielt haben.

      1951 begann Jack in the Box dann als erstes Unternehmen, das Essen aus einem Seitenfenster des Restaurants ins Auto zu reichen, nachdem es zuvor über eine Wechselsprechanlage bestellt wurde. Damit war der drive-thru geboren. Die meisten Fast-Food-Restaurants haben heute diesen Service. Es gibt aber auch viele Banken, Apotheken und andere Geschäfte, die einen drive-thru haben. In Las Vegas kann man sogar in einem speziellen drive-thru heiraten.

      Von den 3.500 Filialen der 60 Jahre alten Fast-Food-Kette Sonic einmal abgesehen, sind Drive-in-Restaurants heutzutage nur noch selten zu finden, ebenso wie die Drive-in-Freiluftkinos, in denen man Filme im Auto sitzend anschauen kann. Das erste dieser Drive-ins wurde 1933 in Camden, New Jersey, eröffnet. Mitte der Fünfzigerjahre erreichten diese Kinos mit mehr als dreieinhalbtausend Spielstätten ihren Höhepunkt. Heutzutage sind weniger als 600 übrig geblieben.

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       DAS TISCHGEBET

       26. JULI, ANN ARBOR, MICHIGAN

      Torsten | Mein Opa hat immer diesen Spruch gehabt, den von der Kirche im Dorf lassen und so. Nun ja, die Amerikaner lassen die Kirche jedenfalls nicht dort, nein, sie nehmen sie mit nach Hause – und zwar bis an den Esstisch.

      Sarah hatte für uns heute Abend eine Lasagne gekocht. Als wir alle am Tisch saßen, sagte ich höflich »Guten Appetit!« und wollte schon nach dem Besteck greifen, als Sarah plötzlich meine Hand nahm und auch die von Mark, der schon Susannes kleine Hand in seiner gewaltigen Krankenpflegerpranke hielt. Was zum Teufel war denn jetzt los?

      Während Mark und Sarah den Kopf gesenkt hatten und Susanne und ich uns fragend ansahen, fing Mark mit dem Beten an. Das Ganze zog sich in die Länge. Mark sagte irgendwas von Brot (obwohl wir doch Lasagne essen würden) und auch unsere Namen fielen. Am Ende folgte Marks »Amen!«, auch Sarah sagte »Amen!« und drückte meine Hand gleichzeitig etwas fester.

      Susanne stimmte