Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel

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Название Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2)
Автор произведения Hans Kneifel
Жанр Языкознание
Серия Atlan classics Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783845347400



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seltsamerweise nicht von mir gesehen worden war.

      Ich hörte ein Kreischen, dann das Puffen einer Implosion, taumelte gegen eine kalte Wand und tastete vergeblich nach dem Etwas, gegen das ich geprallt war.

      »Helft mir lieber, anstatt eine Nummer abzuziehen, die Parterreakrobaten würdiger wäre!«, schimpfte Anima.

      Ich drückte einen Daumenballen auf die Schwellung, die auf meiner Stirn wuchs und musterte Neithadl-Off – die mit einem Quintadimwerfer zwischen den Vordergliedmaßen dastand und anscheinend die Implosion schräg hinter mir verursacht hatte – sowie Anima, Nussel und das Wesen, das zwischen dem Einhorn und einer großen leeren Holzkiste klemmte.

      Es handelte sich um ein hominides Lebewesen.

      Der Artenreichtum dieser Lebewesen war ungeheuer, dennoch wusste ich beim Anblick dieses Hominiden sofort, zu welcher der zahlreichen Arten und Unterarten er gehörte.

      Er war ein Saltic!

      Ich wusste es deshalb so sicher, weil er ein unübersehbares Merkmal besaß, das mir bei zwei Vertretern seiner Art schon damals in der Hypton-Station MANAM-PZAN aufgefallen war.

      Ein fast unwahrscheinlich harmonischer Körperbau!

      Es war die perfekte Symmetrie ihrer Körperseiten, die diesen Eindruck hervorrief. Ich hatte die beiden Saltics, die als Gefangene der Hyptons in MANAM-PZAN gelebt hatten, deshalb in Gedanken als Schönlinge bezeichnet.

      Aber erst jetzt wurde mir klar, dass die Diebstähle in der Hypton-Station erst begonnen hatten, als die beiden Saltics dort einquartiert worden waren.

      Sie mussten die Meisterdiebe sein, die für das Verschwinden von Robot-Kodebändern, Strahlwaffen, Nasenspülmaschinen, Schmuck, Teppichen und anderen Gegenständen verantwortlich gewesen waren – und die den Hyptons, als sie noch die RAJJA beherrschten, fünfzehn Stahlmänner gestohlen und die diese Roboter wieder heimlich zurückgebracht hatten, nachdem die Hyptons aus dem Schiff vergrault gewesen waren.

      Das alles ging mir in Sekundenschnelle durch den Kopf, dann achtete ich nur noch auf die Wunde, die Nussel dem eingeklemmten Saltic – bestimmt nicht absichtlich – zugefügt hatte.

      Sein Horn hatte den Körper unterhalb der Rippen durchstoßen und sich dann in die Holzkiste gebohrt.

      Aber als ich genauer hinsah, wurde mir klar, dass die Verletzung kaum lebensgefährlich sein konnte. Wenn die inneren Organe des Saltics ähnlich angeordnet waren wie meine, dann war keines von ihnen voll getroffen worden.

      Aber die genaue Diagnose musste Anima stellen.

      Ich winkte ab, als Neithadl-Off zu einer Entschuldigung dafür ansetzte, warum sie ihren Sextadimwerfer abgefeuert hatte. Mir war auch so klar, dass es sich um eine versehentliche Fehlhandlung handelte, ausgelöst durch das – vorerst nur von mir angenommene – Auftauchen beziehungsweise Sichtbarwerden eines Lebewesens, dessen äußere Erscheinungsform auch der Vigpanderin von der MANAM-PZAN her bekannt war.

      Natürlich hätte sie mich treffen können. Doch das war Theorie, denn hätte sie mich getroffen, könnte ich nicht darüber nachdenken. Ich hoffte nur, sie hatte auch das andere Lebewesen nicht getroffen. Die Saltics waren sicher Meisterdiebe, aber sie waren nicht unsere Feinde. Sie hatten uns sogar einmal das Leben gerettet.

      »Nur eine Fleischwunde«, stellte Anima fest, nachdem sie den Saltic einer – körperlich flüchtigen – Untersuchung unterzogen hatte.

      »Dann fällt es dir ja leicht, ihn zu heilen«, sagte ich.

      Die Hominidin sah mich rätselhaft an, dann schüttelte sie den Kopf.

      »Bei ihm kann ich überhaupt nichts tun«, erklärte sie. »Das, was wir von ihm sehen, ist nur eine angenommene Gestalt. Die Grundgestalt ist völlig anders. Da ich sie nicht zu erkennen vermag, kann ich auch nicht in den Wundheilungsprozess eingreifen. Aber er wird unkompliziert verlaufen und nicht lange dauern.«

      »Vorausgesetzt, Nussel gibt ihn endlich frei«, warf Neithadl-Off ein.

      »Wenn ich nur könnte!«, sagte das Einhorn. »Ich wage nicht, mich heftig zu bewegen, um das Wesen nicht noch stärker zu verletzen, aber ohne gewaltsame Anstrengung bekomme ich das Horn nicht von der Kiste frei. Dazu steckt es zu fest.«

      »Ich protestiere!«, sagte der Saltic.

      Ich musterte ihn von oben bis unten.

      Er war einwandfrei hominid, eine Kleinigkeit größer als ich und ein bisschen kräftiger – und eben sehr ebenmäßig gebaut. Seine Haut war hellbraun, die Augen hellblau. Das blonde Haar fiel in langen welligen Locken bis auf die Schultern. Die Bekleidung bestand aus einer leichten Raumkombination der H-Standard-Klasse.

      »Wogegen, Saltic?«, fragte ich.

      Er zuckte zusammen.

      Hatte er wirklich geglaubt, Anima, Neithadl-Off und ich würden ihn trotz unserer Begegnung in MANAM-PZAN nicht wiedererkennen? Oder war das ein anderer Saltic?

      »Wir müssen das Horn absägen«, erklärte Neithadl-Off.

      Nussel wieherte protestierend, schüttelte heftig den Kopf und stemmte die Hufe gegen den Boden.

      Im nächsten Moment war sein Horn aus der Kiste befreit – und auch aus dem Körper des Saltics.

      »Na, also!«, sagte Neithadl-Off zufrieden.

      Demnach hatte sie die Fluchtreaktion Nussels mit ihrem Vorschlag, das Horn abzusägen, bewusst provoziert. In Kosmopsychologie kannte sie sich aus.

      Anima fing den Saltic, der plötzlich zusammensackte, mit beiden Armen auf und ließ ihn langsam und vorsichtig zu Boden sinken. Danach öffnete sie seine Kombination und tupfte die Wunden an Bauch und Rücken mit einem sterilen Tuch aus ihrer Medobox ab.

      Unterdessen hatte ich meine »entflohenen« Module wieder unter Kontrolle und fing mit der Reintegration an. Deshalb vergaß ich eine Weile alles andere um mich her.

      Als ich die Reintegration abgeschlossen hatte und mich umsah, wirkte alles irgendwie anders. Es war nicht nur, als hätte die Innenbeleuchtung sich heruntergeschaltet. Sicher, es war nicht mehr hell, sondern halbdunkel, aber die Veränderung ließ sich nicht auf das Optische reduzieren. Es herrschte eine düstere, unheimliche Stimmung im Schiff. Zugleich war es totenstill.

      Ich lauschte angestrengt.

      Die Maschinen!

      Bei normaler Belastung liefen die Schiffsaggregate außerhalb von Planetenatmosphären fast geräuschlos, aber eben nur fast. Die zahlreichen hochenergetischen Kraftfelder, die Plasma verdichteten und Energie bändigten, erzeugten immer Schwingungen, die sich über andere Medien wie Wände, Verstrebungen und Klimasysteme als stetige »unterschwellige« Geräuschkulisse auswirkten, die vom Gehör kaum noch wahrgenommen wurde.

      Aber ihr Fehlen wurde bemerkt!

      Die Totenstille, die jetzt im Schiff herrschte, schnürte mir fast die Kehle zu und rief Angstgefühle hervor. Das hatte nichts mit Hysterie zu tun, sondern mit der Erfahrung, dass Totenstille im Schiff stets allerhöchste Gefahr bedeutete.

      Ich sah es Neithadl-Off und Anima an, dass sie ebenso empfanden wie ich. Sie waren förmlich erstarrt.

      Dem Saltic erging es nicht anders. An seinen offenen Augen erkannte ich, dass er das Bewusstsein zurückerlangt hatte. Aber aus ihnen sprach auch die Angst vor dem Unbekannten und Unheimlichen.

      Als er sich bewegte, vermochte auch ich die Starre meiner Glieder zu überwinden.

      Ich sprang neben ihn, beugte mich hinab und packte mit beiden Händen seinen linken Oberarm.

      »Bleib hier!«, sagte ich eindringlich. »Wir sind weder Feinde noch Gegner. Lass uns gegen die Gefahren zusammenstehen, die uns drohen und die noch auf uns zukommen werden! Mein Name ist Goman-Largo. Meine Gefährtinnen heißen Neithadl-Off und Anima – und das Tier ist ein Einhorn von Mohenn namens Nussel.«

      »Mit mir kannst du auch Manam-Turusch sprechen«, erklärte Nussel. »Es tut mir leid, dass