Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis. Walter G. Pfaus

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Название Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis
Автор произведения Walter G. Pfaus
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745214024



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sich auf der Armlehne eines Sessels nieder.

      „Es geht um die Leggins. Sie wissen sicherlich, dass es Charly erwischt hat, Ihren Freund, aber möglicherweise ist es neu für Sie, dass auch Virginia dran glauben musste.“

      „Virginia?“, echote Finch. Seine Stimme klang heiser, und in seine braunen Augen trat ein Ausdruck, den Bount nicht zu definieren vermochte, der aber sicherlich auch Elemente von Angst enthielt.

      „Ja. Als sie in ihren Honda kletterte und die Zündung betätigte, explodierte der Schlitten. Ich war dabei, als es passierte, konnte ihr aber nicht helfen. Sie muss sofort tot gewesen sein.“

      „Oh, Gott“, murmelte Finch. Er wurde von einem jähen Zittern überfallen, hatte sich aber sofort wieder in der Gewalt.

      „Wer war es?“, fragte Bount ruhig.

      Finch zuckte zusammen.

      „Warum fragen Sie mich? Ich habe mit der Sache nichts zu tun, verdammt noch mal! Virginia ist ein Miststück gewesen, der weine ich keine Träne nach, aber Charly war ein Kumpel, mit dem sich reden ließ ...“

      „Wann haben Sie das letzte Mal mit ihm gesprochen?“

      „Lassen Sie mich nachdenken. Das war vor zwei Tagen.“

      „Hier in Miami Beach?“

      „Ja.“

      „Zu diesem Zeitpunkt wohnte er schon im Kenwood Plaza vom Palm Beach.“

      „Tatsächlich? Davon hat er kein Wort gesagt.“

      „Wie erklären Sie sich sein Verhalten? Er ist in dem Hotel unter dem Namen Burns abgestiegen, obwohl er hier, nur siebzig Meilen von dem Hotel entfernt, ein gemütliches Heim besaß. Vieles spricht dafür, dass er das Hotel in Brand zu stecken versuchte. Jedenfalls war er bemüht, die Sprinklerzentrale lahmzulegen und damit die Löscharbeiten zu erschweren. Mir ist klar, dass er dies nicht aus eigenem Antrieb, sondern auf fremden Befehl hin tat. Für wen war er tätig?“

      „Das hätten Sie Virginia fragen sollen. Die wird es gewusst haben“, meinte Finch.

      „Sie behauptete, so gut wie nichts von seinen Aktivitäten erfahren zu haben.“

      „Das haben Sie ihr abgekauft?“, höhnte Finch. „Mann, sind Sie naiv! Virginia konnte lügen wie gedruckt.“

      „Können Sie das auch?“

      „Wenn's sein muss, bin ich darin nicht schlecht“, meinte Finch und stand auf. „So, jetzt muss ich gehen. Ich bin in Eile.“

      „Ich muss wissen, wie und wo ich Sie erreichen kann.“

      „Ich werde mich hüten, Sie davon in Kenntnis zu setzen. Ich brauche Ruhe.“

      „So plötzlich? Es gibt in Ihrem Leben ein paar sehr auffällige Veränderungen, die eine Erklärung verlangen. Bis vor kurzem wohnten Sie in einem Haus, das verteufelte Ähnlichkeit mit einer Ruine hat, aber seit einer Woche können Sie sich eine Bleibe leisten, die zur Luxusklasse gehört. Ein ebenso jäher, wie bemerkenswerter Wechsel. Mich würde interessieren, wie er zustande gekommen ist.“

      „Ich bin umgezogen, das ist alles. Verdammt, ich hatte es einfach satt, täglich von Pennern belästigt und angepumpt zu werden. Ich bin bestohlen worden. In der alten Bruchbude gab es keinen Strom.“

      „Sie sind plötzlich zu Geld gekommen“, sagte Bount. „Wann und wie ist das geschehen?“

      Finch trat auf Bount zu, stieß ihm den ausgestreckten Zeigefinger gegen die Brust und sagte: „Jetzt reicht's. Ich bin Ihnen gegenüber zu keinerlei Auskünften verpflichtet. Ich hasse Schnüffler. Ich hasse jeden, der mit mir Ball zu spielen versucht. Schreiben Sie sich das hinter die Ohren!“ „Wenn es stimmt, dass Sie Charlys Freund waren, sollte Ihnen daran gelegen sein, dass sein Tod aufgeklärt und gesühnt wird“, sagte Bount.

      „Ich weiß nicht, ob ich Charlys Freund war, ich weiß nicht, ob es in diesem verdammten Land noch wirkliche Freundschaft gibt“, meinte Finch, „aber ich weiß, dass ich nichts tun werde, um Sie bei Ihrer Arbeit zu unterstützen. Ich sage Ihnen gern den Grund. Ich will nicht enden wie Charly und wie Virginia. Ich will leben. Kapiert?“

      „Das war deutlich“, sagte Bount. „Ihren Worten ist zu entnehmen, dass Sie mit Charly gemeinsame Sache gemacht haben und wissen, wer ihn tötete.“

      „Was heißt hier gemeinsame Sache? Was wollen Sie damit ausdrücken?“, schnaubte Finch.

      „Sie sind zu Geld gekommen, als Charly den Kenwood-Auftrag erhielt“, sagte Bount. „Wofür hat man Sie bezahlt? Für das Herstellen der Benzinbomben? Haben Sie Angst, für deren Versagen geradestehen zu müssen?“

      „Wovon reden Sie überhaupt?“

      „Immer noch vom Tod der Leggins, und immer noch von dem, was Sie zur Flucht bewegt.“

      „Sie halten mich auf.“

      „Keineswegs. Sagen Sie mir, an wen ich mich wenden muss, um den Fall klären zu können, und wir können die Unterhaltung als beendet betrachten.“

      „Ich habe nichts zu sagen. Ihnen schon gar nicht!“

      „Dann sagen Sie es der Polizei.“

      „Mit Bullen rede ich nicht.“

      „Das könnte Ihnen eines Tages noch leidtun“, meinte Bount.

      „Gehen Sie mir aus dem Weg, oder ich ziehe andere Saiten auf!“

      Bount lächelte, obwohl er wusste, dass er die gespannte Stimmung damit anheizte. Er hatte ein Gespür für das, was auf ihn zukam, und glaubte zu wissen, dass die Eskalation des Gesprächs mit einer Prügelei enden würde. Er hasste diese Art der Auseinandersetzungen, aber es gab nun mal Leute, die erst dann zur Vernunft kamen, wenn ihnen klargemacht worden war, dass sie ihrem Gegner eindeutig unterlegen waren.

      Finch gab Bount einen Stoß, ging an ihm vorbei und marschierte in die Diele. Dort bückte er sich nach den beiden Reisetaschen und hob sie auf.

      „Wenn Sie wollen, können Sie es sich hier bequem machen“, höhnte er. „Die Miete für das nächste Vierteljahr ist bezahlt. Im Voraus.“ Er machte kehrt und verließ die Wohnung. Die Tür ließ er offen. Der blaue Hartschalenkoffer blieb in der Diele zurück. Bount bückte sich danach und versuchte ihn zu öffnen, aber der Koffer war abgeschlossen. Bount fischte das kleine Lederetui aus seiner Hosentasche. Der Mini-Werkzeugset enthielt ein paar sehr nützliche Instrumente zur Überwindung von Schlössern und ähnlichen Widerständen. Bount machte nur ungern davon Gebrauch, da ihre Benutzung rechtliche Probleme aufwarf, aber es gab Situationen, wo er ihre Anwendung für zulässig hielt.

      Die Schlösser sprangen auf. Bount öffnete den Kofferdeckel. Das wüste Durcheinander von Wäsche und Kleidung, das ihm entgegenquoll, war nicht überraschend und passte zu Mike Finchs Mangel an Ordnungssinn. Bount verzog das Gesicht, als er einige der Kleidungsstücke beiseite schob. Dann stieß er einen Pfiff aus. Unter der Textilschicht befand sich gebündeltes Papier. Es waren Dollarscheine, größtenteils Zwanziger und Fünfziger.

      Bount war so verblüfft von der Geldmenge, dass er den Schatten nicht bemerkt, der plötzlich über ihn fiel. Als Bount hochblickte, war es schon zu spät. Irgendetwas kam auf ihn zu und traf ihn am Kopf. Bount stemmte sich gegen den Schmerz, er wehrte sich gegen die Schwäche, die sich damit verband, aber das erwies sich als nutzlos. Er kippte zur Seite und verlor das Bewusstsein.

      5

      Er hörte Radiomusik. Oder kamen die Laute aus einem TV-Gerät? Sie waren sehr, sehr leise, kaum wahrnehmbar und wirkten wie in Watte verpackt. Bount öffnete die Augen. Sein Schädel schmerzte. Es dauerte Sekunden, ehe ihm klar wurde, weshalb er auf dem Dielenboden lag und wo er sich befand. Er richtete sich auf. Der Koffer lag neben ihm. Die Wäsche war herausgerissen worden. Das Geld war verschwunden.

      Bount griff