Dr. Brinkmeier Staffel 3 – Arztroman. Sissi Merz

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Название Dr. Brinkmeier Staffel 3 – Arztroman
Автор произведения Sissi Merz
Жанр Языкознание
Серия Dr. Brinkmeier Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740972387



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nahm ihr Gesicht in beide Hände uns schenkte ihr ein inniges Busserl. »Dafür kannst du gewiss nix. Das haben deine Eltern verbrochen, weil sie dich net so behandelt haben, wie man ein Kind behandeln sollte. Aber zusammen kriegen wir das in den Griff, das haben wir doch schon öfter geschafft.«

      »Du hast so viel Geduld mit mir, ich schäme mich fast.«

      »Ich hab’ dich lieb und möchte, dass du glücklich bist«, erklärte er schlicht. »Und dafür würde ich alles tun…«

      Zur gleichen Zeit hockte Peggy im Schneidersitz auf ihrem Bett und starrte verbissen vor sich hin. Susanne bedachte sie von Zeit zu Zeit mit einem unsicheren Blick, wagte es aber nicht, sie anzusprechen. Irgendetwas musste passiert sein. Seit dem Vormittag benahm Peggy sich sehr seltsam. Sie redete kaum ein Wort und wirkte ständig geistig abwesend.

      »Ich brauche deine Hilfe«, sagte sie nun und schaute ihre Freundin so unglücklich an, wie diese es noch nie erlebt hatte.

      »Was ist denn los, Peggy? Was ist passiert?«

      »Ach, es ist grauenhaft…« Sie brach in Tränen aus und heulte wie ein Schlosshund. Susanne wurde allerdings den Eindruck nicht los, dass es sich nur um Krokodilstränen handelte. Trotzdem setzte sie sich zu Peggy aufs Bett, legte einen Arm um ihre Schulter und bat: »Erzähl mir halt, was los war.«

      »Dieser Neumann ist ein Scheusal. Er hat sich mir gegenüber widerlich benommen, du kannst es dir gar nicht vorstellen!«

      Susanne stutzte. »Widerlich? Willst damit sagen…? Ist er am End’ zudringlich geworden? Aber er hat dich doch bis jetzt immer abblitzen lassen.«

      Das blonde Mädchen wischte sich die Tränen ab und schneuzte sich. So hatte Peggy Gelegenheit, zu überlegen. Denn was Susanne da gerade angedeutet hatte, erschien ihr als geniale Idee, die sie sofort in die Tat umsetzen wollte.

      »Ich kann gar nicht darüber reden«, behauptete sie dann mit gesenktem Blick. »Er hat meine Gefühle schamlos ausgenutzt. Und als ich nicht so wollte wie er, da… ist er sogar richtig grob geworden. So was habe ich noch nie erlebt.«

      »Peggy!« Die pummelige Schülerin starrte ihr Gegenüber erschrocken an. »Ist das auch wahr? Wennst so was nur erfindest, dann kannst in Teufels Küche kommen!«

      »Erfinden? Ich brauche nix zu erfinden, weil alles passiert ist. Es war schrecklich. Und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Wenn ich die Augen schließe, dann sehe ich ihn wieder… Nein, ich kann es nicht aussprechen!«

      »Du musst mit der Mutter Oberin reden. Wenn der Neumann dir so etwas angetan hat, dann soll er dafür auch bestraft werden.«

      Peggy schüttelte vehement den Kopf. »Ich kann nicht, ich schäme mich zu sehr. Sie werden mir die Schuld geben, sagen, ich hätte mich an ihn rangeschmissen. Und das stimmt ja auch. Aber ich habe doch nicht ahnen können, was für ein Scheusal er ist. Bitte, Susanne, du musst mir helfen. Du musst mir beistehen!«

      »Freilich helfe ich dir, das versteht sich doch von selbst.«

      »Danke, das ist lieb von dir. Wenn dich einer fragt, dann darfst nicht verraten, dass ich für den Neumann geschwärmt habe. Du musst sagen, er hat sich an mich rangemacht, nicht umgekehrt. Und das stimmt ja auch.«

      Susanne zögerte. »Ich weiß net… Warum sagst net einfach, wie es gewesen ist? Schließlich kann sich jeder verlieben, das ist doch kein Verbrechen. Aber was der Neumann getan hat…«

      »Aber sie werden mir nicht glauben, wenn herauskommt, dass ich mit ihm geflirtet habe. Dann kriege ich große Schwierigkeiten. Wahrscheinlich werden meine Eltern mich auf eine andere Schule schicken. Und außerdem wird der Neumann sich dann immer weitere Opfer suchen, die er so widerlich begrapscht und…«

      »Sei still, ich mag das net hören! Und ich will auch net, dass du fortgehst. Also schön, ich sage, was du verlangst. Geschieht dem Neumann ganz recht. Der hat Strafe verdient!«

      Peggy lächelte boshaft. »Ja, das geschieht ihm ganz recht…«

      *

      Lissy Meir, die Magd vom Brinkmeier-Hof, machte sich gleich nach dem Abendessen auf den Weg zur Almhütte. Sie trug einen Weidenkorb mit Essen bei sich und achtete darauf, dass keiner sie sah. Schließlich hatte die Bäuerin ihr ja eingeschärft, dass niemand etwas von dem Fremden auf der Alm erfahren durfte.

      Ein wenig seltsam war dem Madel schon zumute, während sie zur Hütte aufstieg. Man hörte schließlich so allerlei. Und wenn der Fremde nun ein gesuchter Verbrecher war? Schließlich befand sich in dieser Gegend doch ein Bankräuber auf der Flucht…

      Lissy schauerte leicht zusammen, schob diesen Gedanken aber rasch wieder von sich. Einen Kriminellen hätte die Bäuerin ganz sicher nicht geschützt. Gewiss war alles in Ordnung mit dem Logiergast dort droben, abgesehen davon, dass er nicht wusste, wer er war und woher er kam…

      Lissy klopfte an, bevor sie die Hütte betrat. Sie fand den jungen Mann damit beschäftigt, seinen Rucksack zu durchwühlen. Er starrte sie einen Moment lang überrascht an, dann bat er verlegen: »Seien Sie mir net bös, aber mit so hübschem Besuch habe ich fei net gerechnet. Schickt die Frau Brinkmeier Sie?«

      Lissy konnte nur nicken, sie hatte mit einem Mal einen dicken Kloß im Hals, ohne sich den Grund dafür erklären zu können. Nachdem sie sich geräuspert hatte, stellte sie den Korb ab und sagte: »Ich bin die Lissy vom Brinkmeier-Hof. Und das ist Ihr Abendessen, Herr… Ach, tut mir leid.«

      »Ist schon gut. Setz dich nur her, Lissy. Erzähl mir ein bissel von Wildenberg, vielleicht kann ich mich dann an was erinnern.« Er fuhr fort, in seinem Rucksack zu kramen, während die Magd zu bedenken gab: »Ich kann mich net lange aufhalten, sonst merkt drunten noch einer was. Und das muss ja net sein.«

      Der junge Mann rieb sich das Kinn. »Wenn ich mich wenigstens rasieren könnte. Aber für eine Übernachtung bin ich offenbar net ausgerüstet gewesen. Es ist wie ein schlechter Traum. Man wird wach und hat keinen Schimmer, wo man ist und wer man ist…« Er drehte den Rucksack um und schüttelte ihn ein wenig.

      Lissy wollte gerade etwas sagen, als neben einer Regenjacke, einem Kompass und einer kleinen Taschenlampe, sowie diversem Kleinkram eine brünierte Waffe auf den welligen Dielen der Hütte landete. Das hohle Poltern ließ den jungen Mann leicht zusammenfahren. Er starrte ein paar Sekunden lang auf die Waffe, zugleich blitzte in seiner Erinnerung ein Bild auf: Leichter Regen, Nebelfetzen, eine Hand, die ihn über den Abgrund stieß…

      Lissy fuhr von ihrem Stuhl auf. Im ersten Impuls wollte sie weglaufen, aber etwas hielt sie davon ab. Vielleicht war es einfach die Tatsache, dass der junge Mann nicht wie ein Verbrecher aussah. Oder dass er über das Vorhandensein der Waffe ebenso entsetzt zu sein schien wie sie selbst.

      »Woher kommt die?« Die Magd musterte ihn scheu. »Gehört die Ihnen? Sind Sie vielleicht ein… Polizist?« Sie lachte nervös. »Oder eher das Gegenteil, ich meine…«

      Der Fremde hob mit einer hilflosen Geste die Schultern. »Ich hab’ keine Ahnung, Lissy.«

      Sie schob die Waffe mit der Fußspitze ein Stück nach vorne. »Wissen Sie vielleicht, wie man so was benutzt?«

      Er lächelte schmal. »Eine gute Idee. Wenn ich es weiß, muss das Ding wohl mir gehören. Obwohl ich das sichere Gefühl habe, so etwas noch nie in der Hand gehalten zu haben.« Er nahm die Waffe auf, betrachtete sie von allen Seiten, zog den Hahn ein Stück durch, doch nichts tat sich.

      Lissy, deren Vater Jagdhelfer war und selbst einen Stutzen besaß, atmete auf. Der junge Mann schien tatsächlich keine Ahnung zu haben, wie man eine Waffe benutzte. Er wusste nicht mal, dass man sie erst entsichern musste.

      »Ich weiß net, warum, aber ich glaube, dass dies Ding mir net gehört«, schloss nun auch er. »Aber wie kommt es in meinen Rucksack? Ich begreife das nicht…«

      »Schauen Sie halt mal nach, vielleicht finden wir noch was, das uns einen Hinweis geben könnte.«

      Er bedachte sie mit einem abwägenden Blick, lächelte dann ein wenig und tat, was sie vorgeschlagen hatte.