Ein Fohlen für Doria. Lise Gast

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Название Ein Fohlen für Doria
Автор произведения Lise Gast
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9788711509210



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sagen sollen. Peter stand dabei und schwieg. Dori fühlte eine Wut in sich aufsteigen. Immer stand er nur dabei und dann spielte er sich auf, es müsse ein Mann dabei sein. Da stand er jetzt und versuchte im Stehen seine Schuhsohlen aneinander zu pressen.

      „Bei denen bin ich zu Besuch“, knurrte Dori und gab Peter einen Schubs. Jörg lachte, weil Peter beinahe umgefallen wäre, und sprach ihn an:

      „Du bist doch der Junge vom Schlosshof, dort habt ihr doch Platz.“

      „Aber keinen Zaun“, knurrte Peter, „und ob meine Eltern das erlauben ...“

      „Habt ihr noch nicht mit ihnen gesprochen?“, fragte Jörg erstaunt.

      „Sie brauchen das doch nicht zu wissen. Ich werde schon für mein Pferd sorgen.“ Mein Pferd – wie das klang. Dori fühlte sich ganz schwindelig.

      „Und wohin soll es dann?“, hakte Jörg nach.

      „Auf die Schmetterlingswiese. Kennen Sie die? Da könnte er doch stehen.“ Doris Stimme klang auf einmal sehr kleinlaut. Vorher war ihr das Ganze durchaus vernünftig erschienen, aber jetzt ...

      „Beim Haakon?“, fragte Jörg. Haakon? Die beiden hatten diesen Namen nie gehört. „Der hat aber Rinder dort. Oder Schafe. Oder Rentiere.“

      „Zwei Rinder“, sagte Dori. Dabei sah sie den jungen Mann schüchtern und ein bisschen traurig an. Er hatte gelacht, nicht höhnisch, aber trotzdem.

      Jetzt lachte er nicht mehr. Er schien zu überlegen. „Na schön“, meinte er schließlich. „Ich wüsste auch gern einen guten Platz für Donner. Ist der Haakon einverstanden? Was hat er denn gesagt?“

      „Wir haben noch nicht ...“

      „Na, hört mal. Er weiß noch nichts von seinem Glück? Man kann doch die Rechnung nicht ohne den Wirt machen. Ich schlage euch Folgendes vor: Wenn ihr wirklich soviel Geld habt, könnt ihr von uns aus den Donner kriegen. Mein Vater ist sicherlich einverstanden. Er war bei der Stutenschau sehr böse auf den Donner und wird ihn bestimmt hergeben. Donner ist auch erwachsen genug von der Mutter wegzukommen; er ist zeitig im Jahr geboren. Aber reiten könnt ihr ihn natürlich noch nicht, erst in drei Jahren, das wisst ihr wohl. Was wollt ihr denn mit ihm?“

      „Ihn lieb haben“, sagte Dori leise und sah Jörg eine Sekunde lang an.

      „Schön.“ Mit frischer Stimme fuhr er fort: „Ich kenne den Schmetterlingsmann. Vielleicht sagt er Ja. Wollen wir zusammen hingehen und ihn fragen, ob er einverstanden ist?“

      „Sie würden mitgehen?“, fragte Dori hoffnungsvoll. Jörg nickte, diesmal ganz herzlich und freundlich.

      „Ja, ich gehe mit. Ihr dürft euch nur nicht wundern.“

      „Wundern, worüber denn?“, fragte Peter.

      „Na, über den Haakon.“

      „Was gibt’s denn da zu wundern?“

      „Ihr werdet schon sehen.“

      „Jetzt gleich?“

      „Na klar! Wozu denn warten?“

      Jörg ging mit ihnen hinaus. Sie stiegen in ein ziemlich klappriges Auto, dessen rechte Tür nicht schloss.

      „Ihr müsst sie halten, hier an der Strippe“, erklärte Jörg und gab Dori einen starken Bindfaden in die Hand, der am Innengriff der Tür befestigt war. „Es ist ja nicht weit.“

      Sie fuhren los. Am Ende der Ortschaft bog Jörg in einen schmalen Weg ein, der durch Gärten führte, und hielt vor einem kleinen Haus, das inmitten eines eingezäunten Gartens lag. Die drei stiegen aus. Zwei Hunde bellten sich fast die Lunge aus dem Leib, bis sie zurückgepfiffen wurden. Jörg ging zur Haustür und klopfte.

      Zunächst gab es nichts zum Wundern. Ein großer dicker Mann öffnete, begrüßte Jörg und gab auch Dori und Peter die Hand. Er trug eine dunkle Hornbrille und hatte einen weißen, krausen Bart; sein freundliches Gesicht war rotbraun, wie vom Wetter gegerbt.

      Als sie dann ins Zimmer traten, das an den kleinen dunklen Flur anschloss, wunderte sich Dori allerdings. Es war ein großer niedriger Raum mit breiten Fenstern. In den zahlreichen Regalen tausenderlei, was Dori weder von daheim noch vom Schlosshof her kannte. Ein Krokodil, groß wie ein Unterarm, lag da und sah sehr lebendig aus – zum Glück war es ausgestopft –, eine Hängelampe aus Ton hing darüber, daran befestigt einige bunte Tücher. Mitten im Raum stand ein Globus, so riesig, wie Dori noch nie einen gesehen hatte, ein großer Mann hätte ihn nicht umspannen können. Er leuchtete von innen. Überall lag Krimskrams herum aus Ton, Metall, Holz und sonstigem Material, bunt, einfarbig, glatt oder rauh. Statt einer Lampe sah man ein Steuerrad an der Decke hängen, auf dem die Kerzen senkrecht nebeneinander standen. In einer Glasflasche entdeckte Peter ein liebevoll gebasteltes Schiff – wie aber war es hineingebracht worden? Man konnte nur den Kopf schütteln. Nirgends war auch nur so viel Platz, dass man einen Fingerhut hätte hinstellen können, und der große schwere Mann bewegte sich mit einer merkwürdig geschickten Anmut dazwischen, ohne irgendetwas zu streifen oder gar herunterzuwerfen.

      „Setzt euch“, sagte er und holte unter einem ebenfalls dicht beladenen Tisch ein paar lehnenlose Schemel hervor. „Ich kriege selten Besuch, aber hinsetzen möchtet ihr euch schon, sonst nehmt ihr mir die Ruhe vom Ship.“

      Aha, ein ehemaliger Kapitän. Dori hatte sich gleich so etwas gedacht. Sie setzten sich; nur Jörg blieb stehen und sah den Alten an.

      „Wir kommen mit einer Bitte.“

      Er machte es recht geschickt, der Jörg. Erzählte von Donner, was für ein schönes und viel versprechendes Fohlen er sei und dass der Vater ihn los sein wollte. Die Kinder hätten alle Ersparnisse von Jahren geopfert um ihn kaufen zu können, nun aber wüssten sie nicht, wohin mit ihm in diesem Sommer.

      „Aha, meine Wiese“, sagte Haakon und hatte ein verschmitztes Lächeln um den Mund, „ja, da habt ihr Glück. Dieses Jahr stehen nur zwei Rinder dort und allein sollte ein Fohlen ja nicht bleiben. Da hätte es gleich Gesellschaft. Und außerdem –“

      „Aua!“, schrie in diesem Augenblick Peter halblaut auf und Dori hätte ihn dafür umbringen können. Gerade war Haakon so gut am Zug gewesen.

      „Was gibt’s denn, Junge?“, fragte der auch sogleich und Peter rückte auf seinem Schemel ein Stück vom Tisch ab um darunter zu schauen. „Da ist wer! Jemand hat mich angestoßen!“

      „Du spinnst!“, sagte Dori ärgerlich. „Vielleicht das Krokodil ...“

      „Na, das liegt dort drüben doch sehr friedlich und die Hunde sind draußen“, sagte Haakon und es klang beruhigend. Peter aber jammerte:

      „Es kann ja auch zwei geben, zwei Krokodile.“

      Darüber mussten nun alle lachen. Peter stampfte wütend mit dem Fuß auf.

      „Es war aber was“, sagte er beleidigt, „und keiner glaubt mir.“

      „Doch, ich schon“, sagte jetzt Haakon und ging an den Tisch heran, an dem Peter gesessen hatte. „Komm raus, Philipp, komm, dir tut keiner was.“

      Peter brachte sich in Sicherheit. Er brauchte Abstand zwischen sich und dem vermeintlichen Krokodil, während Dori sich herandrängte. Sie stand jetzt links neben Haakon, der sich bückte; dabei hing sein linker Arm so seltsam herunter, als wäre es nur ein ausgestopfter Ärmel. Dori merkte es und wunderte sich, vergaß es aber sofort wieder.

      Denn unter dem Tisch kam jetzt etwas sehr Hübsches hervor, ein Tier, etwas größer als ein Kater, braun, mit einem spitzen Mausegesicht, heller Nase und einem schwarzen Querstreifen darüber.

      „Na, was ist das?“, fragte Haakon gut gelaunt. „Wer erkennt es?“

      „Ich“, rief Peter jetzt, „aus dem Fernsehen. Da lief mal ein Film über sie.“

      „Über wen?“

      „Über Waschbären. Das ist doch einer.“

      „Ja,