Die schönsten Pferdegeschichten. Lise Gast

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Название Die schönsten Pferdegeschichten
Автор произведения Lise Gast
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9788711509135



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heimlich war das doch gar nicht. Wenn niemand hier ist, kann man ja niemanden fragen“, sagte Frau Taube. „Nein, ich werde nicht petzen“, setzte sie in anderem Ton hinzu. „Warum sollte ich auch. Ist ja alles gutgegangen.“

      „Na, so gut auch wieder nicht. Ich hatte gedacht, so ein Wagen ist sicherer. Wir würden Sie nämlich gern einmal damit ausfahren“, sagte Petra jetzt geradeheraus, setzte sich auf einen Stuhl am Fenster und betrachtete ihre Hände von innen. „Anja wird natürlich verbunden und gesalbt, und mit ihr wird ‚ei, ei‘ gemacht, aber ob Petra Wunden davongetragen hat, darum kümmert sich kein –“ Sie hielt inne.

      „Kein?“ fragte Frau Taube verschmitzt.

      „Kein – kein Täubchen“, sagte Petra vergnügt. „Hatten Sie etwas anderes erwartet? Ist übrigens nicht schlimm. Nein, braucht nicht verbunden zu werden. Das würde nur auffallen. – Ja, wir hätten Sie gern spazierengefahren, aber jetzt, wo Sie gesehen haben, wie leicht so ein Dogcart kippt, da wird Ihnen wohl die Lust vergangen sein.“

      „Ach was, mehr als rausfliegen kann man nicht“, sagte Frau Taube und nahm sich das zweite Hosenbein vor. „Ich müßte eben nur unten wohnen. Dann führe ich sofort mit euch. Aber zu ebener Erde gibt es leider keine Dachstübchen, so ist das im Leben.“

      „Und umziehen möchten Sie nicht?“ fragte Petra.

      „Nein, denk mal an. Ich hab’ mich hier sehr gut eingewöhnt, und im Sommer sehe ich ja auch mehr. – Zieht mal die Schublade dort auf, die zweite von der Kommode, und guckt hinein. Da muß noch was Süßes drin sein, ein Kasten mit Keksen. Ja, dort. Also wie wär’s? Wenn ihr mich schon mal besucht …“

      „Du, die wäre wirklich gern mitgefahren. Das heißt, sie möchte das immer noch“, sagte Petra, als sie nach einer Weile miteinander die Treppe hinunterstiegen. „Wir müssen mal gut überlegen, wie wir ihr helfen könnten. Sie ist wirklich ein Schatz.“

      „Und sie petzt bestimmt nicht. Kerlchen ist ja auch nichts passiert“, sagte Anja. Nebeneinander rannten sie über den Platz vor dem Stall. Petra holte ihr Fahrrad, das an der hinteren Stallwand lehnte, und befahl: „Los, auf den Gepäckträger! Ich fahr’ dich heim. Es ist schon wieder so spät.“

      Spät wurde es immer, wenn man im Reitverein war. Das sagte auch Mutter, als Anja heimkam. Anja brummte, sie wäre heute gar nicht geritten, und dann erzählte sie von der Mutter des Reitlehrers, die sie besucht und der sie Kaffee gekocht hatten. Mutter schwieg. Ganz überzeugt von Anjas Edelmut war sie anscheinend aber nicht.

      Ach ja, der Reitverein.

      Schularbeiten waren auch noch nicht gemacht, das aber fiel Anja erst ein, als Mutter sie zum Einkaufen schicken wollte. Da wurde Mutter ärgerlich und schalt, und Anja bockte. In diese reizende Familienszene hinein platzten Vater und Onkel Kurt, den er vor dem Haus getroffen und dem er ein lustiges Abendessen versprochen hatte. Das paßte ja wundervoll.

      „Ich fürchte, hier hängt der Haussegen schief“, sagte Onkel Kurt, zog den Kopf ein und machte ein Gesicht, als stünde er allein auf weiter Flur unter einem Gewitter, das sich haargenau über seinem Kopf entlud. „Bei so was hilft nur Tapetenwechsel. Darf ich was vorschlagen? Ich ruf’ Cornelia an, daß wir sie allesamt zum Abendbrot überraschen und die Hähnchen dazu mitbringen. Die beiden Kleinen werden mitgenommen, damit Mutter sich keine Gedanken machen muß. Na, was meint ihr?“

      „Wundervoll“, sagte Vater und öffnete die Tür zu seinem Zimmer. „Bitte ruf an. Cornelia wird vor Freude auf einem Bein hüpfen, wenn sie hört, daß wir zu sechst kommen.“

      „Du wirst lachen, sie freut sich wirklich!“ verkündete Onkel Kurt, nachdem er mindestens eine Viertelstunde am Telefon „geturtelt“ hatte. „Auf geht’s, schlüpft in die Pelze, und steigt in meinen Rolls-Royce, der vor der Tür wartet. Ich fahre dann am Wienerwald vorbei und besorge die Flattermänner. Wie ist das, essen die Buben jeder schon ein ganzes Hähnchen, oder genügt ihnen ein halbes?“

      Anja kannte Cornelias Wohnung noch nicht und war sehr gespannt darauf. Schade nur, daß Petra nicht dabei war! Aber mit Petra ging sie bestimmt bald einmal hin.

      Die Wohnung lag im Westen der Stadt in einem neuen Viertel. Sie war klein, aber hell und reizend eingerichtet. Cornelia hatte bereits den Tisch gedeckt, Papierservietten gefaltet und Brot zurechtgestellt. Auch ein paar Flaschen Rotwein standen auf dem Tisch.

      Auf einmal war alles gut. Sie saßen und knabberten ihre Hähnchen, während die Zwillinge auf dem Teppich herumkrochen.

      „Das dürfen sie ruhig“, sagte Cornelia, „der Teppich ist gerade heute erst aus der Reinigung zurückgekommen. Und einen Hund habe ich nicht, leider. In diesem Falle allerdings …“

      „Dafür hab’ ich ja genug Hunde“, sagte Onkel Kurt und wurde im selben Augenblick so rot, daß sich alle fast vor Lachen verschluckten. Seine Verlobung mit Cornelia lag seit ein paar Wochen so sichtbar in der Luft, daß sich dauernd jemand versprach. Warum gaben sie sie auch nicht zu!

      Natürlich kam die Unterhaltung auch auf den Reitverein, und Cornelia fragte, was sie anziehen sollte. Es war nämlich üblich, daß am Faschingsdienstag verkleidet geritten wurde. Voriges Jahr war der Reitlehrer als Frau gekommen, mit einem Sommerkleid über den Reitstiefeln, zum Schießen komisch. Es war jedes Jahr ein großer Spaß.

      Mutter schlug vor, Anja könnte ja als Heinzelmännchen gehen, weil sie daheim so ungeheuer fleißig sei und ihr jede Arbeit aus der Hand nähme, und Anja brachte es fertig, nicht einzuschnappen, sondern fröhlich und freundlich die Teller einzusammeln, als alle fertig waren, die Papierservietten fortzunehmen, ein neues Tischtuch zu holen und all das so hübsch und nett und geschickt zu tun, daß alle sie lobten.

      „So ist sie zu Hause nie“, flüsterte Mutter, als sie einmal in der Küche war und es nicht hören konnte, halb stolz, halb kummervoll. Cornelia lachte und drückte Mutters Arm.

      „Das ist nun mal so auf der Welt. Kennen Sie nicht die Geschichte von den beiden Familien mit größeren Kindern, die jede in eine neue Wohnung ziehen, einander gegenüber. Die Mutter hofft nun, daß ihr Sohn ihr wenigstens die Lampen installiert. Aber nein, er denkt nicht daran und ist dauernd weg, wenn man ihn braucht. Dafür kommt zum Glück der Sohn der anderen Familie, der bereits einer der Töchter tief in die Augen gesehen hat, und hilft. Eines Tages erzählt die Mutter das der anderen Mutter. Die lacht.

      „Sie sagen, mein Sohn hat Ihnen geholfen, als Sie hier einzogen? Wissen Sie, was Ihrer tat? Er hat drüben bei mir alle Lampen installiert, tadellos und ohne daß ich darum bat. Er war so hilfsbereit und nett, nur meinen eigenen bekam ich nicht zu sehen. Bei ihm habe ich so was noch nie erlebt.“

      Alle lachten über diese hübsche Geschichte.

      „Ja, als was werden Sie sich nun verkleiden zum Faschingsreiten?“ fragt Vater dann Cornelia und goß ihr ein. „Haben Sie schon ein Kostüm in Aussicht?“

      „Als Fee“, schoß Onkel Kurt los, gleich darauf wurde er wieder rot vor Verlegenheit. Alle wußten ja, wie verliebt er in Cornelia war, aber alle meinten, sie müßten so tun, als merkten sie es nicht.

      „Ich weiß nicht, ob man als Fee gut reiten kann“, sagte Cornelia. „Mit so flatternden Gewändern um einen herum, oder nicht?“ sagte Vater trocken. „Sag, Anja, als was will Petra denn eigentlich gehen, die hat doch immer so herrliche Ideen.“

      „Sie weiß schon, als was! Als Kosak. Sie kann doch den Kosakenhang – man hängt seitlich am Pferd, den Kopf nach unten, ein Bein in der Schlinge und eins nach oben gestreckt!“ sagte Anja. „Und mich hat sie gefragt, ob ich nicht Cowboy sein will. Das ist zwar ein Kostüm, was viele tragen, aber wir könnten uns dazu den Westernsattel von Dagmar borgen. Die hat einen echten. Und Cowboy ist leicht zu machen. Zu Jeans einfach eine karierte Bluse, wenn’s geht, eine Weste dazu, Hüte gibt’s aus Pappe.“

      „Halt, halt! Ich besitze einen echten Westernhut, den borg’ ich dir“, fiel hier Onkel Kurt ein. „Ich war doch mal in Amerika, von dort habe ich ihn mitgebracht.“

      „Wunderbar! Und als Lasso nehme ich