Julian im Zaubermoor. Bodil El Jørgensen

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Название Julian im Zaubermoor
Автор произведения Bodil El Jørgensen
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9788711459751



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Glück wuchs direkt unter dem Fenster ein Busch. Und in dem landete Julian.

      „Hau bloß ab“, hörte er Posemuckelmats durchs Fenster brüllen. „So ein Dummbeutel. Was will der noch von mir!?“

      „Entschuldigung“, stöhnte Julian kurzatmig, während er in dem Busch herumkrauchte. „Tut mir Leid, dass ich über das geheime Hexendingsbums gelacht hab.“

      Posemuckelmats’ Kopf schoss über ihm wie ein Springteufel aus der Fensteröffnung.

      „Das was, bitte schön?“, fragte er.

      „Äh“, keuchte Julian und kam auf die Beine. „Die erste geheime Hexenregel. Entschuldigung, dass ich mich über die erste geheime Hexenregel lustig gemacht habe. Ich dachte, das wäre nur ein Scherz.“

      Der Mann musterte ihn scharf mit seinem einem Auge.

      „Und das glaubst du jetzt nicht mehr?“

      Julian schüttelte den Kopf.

      „Wie kommt das?“

      Endlich wurde Julian seine Geschichte über die Blubberbläschen in der Brause der Baroness los. Der große Mann im Fensterrahmen wurde weiß wie ein Laken.

      „Ist das wahr?“, flüsterte er.

      „Klar ist das wahr“, sagte Julian energisch nickend. „Bedeutet das, dass ... dass ...“ Er konnte sich kaum überwinden es auszusprechen. „... dass die Baroness eine Hexe ist?“

      Posemuckelmats schob den Kopf noch ein Stück weiter aus dem Fenster.

      „Bist du denn völlig schwachsinnig, Bursche“, fuhr er Julian an. „Selbstverständlich bedeutet das, dass sie eine Hexe ist!“

      Sein Auge funkelte wild. Plötzlich zog er seinen Kopf mit einem Ruck zurück.

      Einen Augenblick später kam er aus der Tür geschossen, warf Julian über die Schulter, rannte in die Hütte zurück, setzte Julian auf den Boden, knallte die Tür zu und lehnte sich mit dem Rücken dagegen.

      „Hab ich’s mir doch gedacht“, flüsterte er, seine Stimme war wie ein Keuchen. „Mein Ohr täuscht mich niemals. Sie sind wieder hier. Sie schießen wie Pilze aus dem Boden. Oh, ich fürchte, dass ich es nicht mehr im Griff habe. Es ist schon viel zu lange her, dass ich meine Hexenkenntnisse das letzte Mal angewandt habe.“

      Plötzlich begannen seine Zähne zu klappern. Er stürzte zum Fenster, lehnte sich hinaus und spähte nach oben.

      „Lieber Großvater da oben im Himmel“, murmelte er, „hilf mir, gib mir Kraft und Klugheit und Mut.“

      Dann drehte er sich zu Julian um.

      „Sie hat also in die Brause gespuckt“, sagte er.

      Seine Stimme war wieder ruhig und normal.

      „Hexen hassen Brause“, fuhr er fort. „Trinken nur abgestandenes Moorwasser. Das ist einer der Gründe, warum man sie bevorzugt an solchen Plätzen wie diesem hier trifft.“

      Er zeigte in Richtung Zaubermoor.

      „Erzähl mir alles, was du über die Baroness weißt. Alles.“

      „Sie sieht überhaupt nicht aus wie eine Hexe ...“

      „Hab ich doch gesagt, dass sie das nicht tun!“

      „Ihr gehört das neue Einkaufszentrum, das gerade gebaut wird. Da, wo früher der Baumarkt war“, sagte Julian. „Sie muss ziemlich reich sein, und ...“

      „Sicher nur ein Teil ihrer Hexentarnung. Geld ist Hexen schnupswurschtpiepe.“

      „Was ist Hexentarnung?“, fragte Julian.

      „Das sind all die Dinge, die Hexen machen oder benutzen, um anderen vorzugaukeln, dass sie ganz normale Menschen sind. Wie lange lebt sie schon in eurem Städtchen?“

      „Ungefähr zwei Jahre, glaube ich. Nachdem sie den alten Baumarkt für einen Batzen Geld gekauft hatte, ist sie hierher gezogen. Danach hat sie mit dem Bau des neuen Einkaufszentrums angefangen. Die Leute hier sind gewaltig stolz deswegen. Sagt Mama. Die Lokalzeitung hat darüber geschrieben.“

      „Haben sich in letzter Zeit irgendwelche Dinge ereignet? Merkwürdige Dinge? Unerklärliche Dinge?“

      „Ja!“, rief Julian und erzählte Posemuckelmats von dem Johannisabend und den fünf zerrissenen Leopardenhosen, die seine Mutter genäht hatte.

      „Aha“, sagte Posemuckelmats. „Sie war auch dort. Und hat gleich anschließend mit euch geredet. Ein typischer Neckzauber. Damit halten Hexen sich in Form. Damit trainieren sie ihre Hexenmuskeln. Ich sehe schon, alles deutet darauf hin, dass die Baroness wirklich eine Hexe ist. Aber ich muss ganz sichergehen. Könnte ja sein, dass du das mit der Brause falsch beobachtet hast. Anfänger. Kleiner Schmachtlappen. Kannst grade mal die erste Hexenregel.“

      Er pikste Julian mit einem Finger in den Bauch.

      „Ich muss sie selbst sehen. Aber sie darf mich nicht sehen. Sie darf nicht merken, dass ich ihr auf der Spur bin. Auf geht’s.“

      Kurz darauf hatten sie die Hütte im Moor hinter sich gelassen und waren auf dem Weg in das Städtchen zwischen den Hügeln.

      Posemuckelmats lief mit riesigen Schritten und merkwürdig zur Seite geneigtem Kopf. Julian musste rennen, um mit ihm Schritt halten zu können. Bald hatten sie den Bauplatz mit dem neuen Einkaufszentrum am Rand des Städtchens erreicht.

      Posemuckelmats blieb stehen und sah aus, als ob er Witterung aufnehmen würde.

      „Mein Ohr juckt“, murmelte er. „Aber um ganz sicher sein zu können, muss es ziepen. Sie ist nicht weit weg, aber auch nicht ganz in der Nähe.“

      Posemuckelmats schlug Kurs in östliche Richtung ein, ins Städtchen hinein. Julian folgte ihm dicht auf den Fersen.

      Als sie in die Hauptstraße einbogen, blieb Posemuckelmats abrupt stehen und fasste sich ans Ohr. Seine Bewegungen waren mit einem Mal langsam und wachsam.

      Julian sah sich um. Die Leute auf der Straße versuchten so zu tun, als würden sie den Mann in dem schwarzen Umhang gar nicht sehen. Dabei glotzten sie ihn an.

      „Wird hier irgendwo Karneval gefeiert?“, hörte Julian jemanden fragen.

      Posemuckelmats achtete gar nicht darauf.

      „Warum läufst du denn in so komischen Klamotten rum?“, fragte Julian ihn.

      „Ohne meinen Hexenspezialisten-Umhang kann ich nicht arbeiten“, murmelte Posemuckelmats. „Er gibt mir Kraft. Erinnert mich an meinen Großvater.“

      „Aber das ist doch unpraktisch“, konnte Julian sich nicht verkneifen. „Die Hexe entdeckt dich doch viel schneller, wenn du so auffällig angezogen bist.“

      Posemuckelmats blieb stehen und sah Julian tief in die Augen.

      „Wenn es dunkel wird, wirst du schon noch sehen, wie praktisch so ein Hexenspezialisten-Umhang ist“, brummte er. „Und wenn ich nicht will, dass die Hexe mich sieht, dann sieht sie mich auch nicht. Ich bin schließlich Hexenspezialist!“

      Posemuckelmats hatte immer noch seine eigenwillige Gangart drauf. Es sah ein bisschen so aus, als ob das Ohr ihn nach unten ziehen würde. Julian lief neben ihm. Ab und zu schielte er zu dem großen Ohr hoch, das zwischen den langen Haaren hervorlugte. Es war glühend rot.

      Sie näherten sich dem Marktplatz. Vor der Bank parkte das Silberauto.

      Posemuckelmats blieb stehen und griff sich mit einem Fluch ans Ohr. Im gleichen Augenblick entdeckte Julian die Baroness. Sie kam aus der Bank und ging auf ihr Silberauto zu. Julian stand wie versteinert da. Dann sah er sich aufgeregt nach Posemuckelmats um, konnte ihn aber nirgends sehen. Er drehte sich wieder um und stellte fest, dass die Baroness die Richtung geändert hatte und direkt auf ihn zukam. Sie blieb vor ihm stehen, lächelte ihn an und sah überhaupt nicht wie eine Hexe aus.

      „Hallo“,