COLD BLACK. Alex Shaw

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Название COLD BLACK
Автор произведения Alex Shaw
Жанр Языкознание
Серия Aidan Snow Thriller
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958352001



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Schuss auf sein Ziel ab, das sich jetzt wieder zum Wagen zurückzog, während der Fahrer ungeduldig nach ihm rief. Ein weiterer Mann kam hinzu und lief in die Schusslinie, als Fox auf das davonfahrende Auto anlegen wollte. Dieser Kerl trug ein dunkelblaues Hemd und eilte auf direktem Weg zu dem Z4. Paddy überlegte einen Sekundenbruchteil lang, bevor er ihm einmal in den Rücken schoss.

      Die Heckräder des zweiten Wagens scherten aus und quietschten, als er verschwand. Fox hatte keine Munition mehr und kam nicht dazu, die andere Waffe aufzuheben, da er sich das Kennzeichen merken wollte. Die Gardinen nahezu aller Fenster in der Umgebung wackelten. Zwei Teenager mit Kapuzenpullovern standen wie vom Blitz getroffen neben ihren Rollern und hielten Handys hoch, um die Geschehnisse zu filmen. Als sie bemerkten, dass Fox sie anstarrte, nahmen sie die Beine in die Hand, freilich indem sie ihre gar nicht heißen Öfen anschoben.

      Fox bückte sich nach dem Mädchen und half ihm auf. Er sprach es auf Arabisch an: »Dir kann nichts mehr passieren. Ich ziehe jetzt das Klebeband von deinem Mund.«

      Es stöhnte vor Schmerz, als er es tat, und fing zu schluchzen an, während er die Fesseln löste. Er schätzte es auf ungefähr siebzehn, eine hübsche junge Frau. Sie hielt sich die Hände vors Gesicht.

      »Komm mit.« Fox fasste sie behutsam an und zog sie an einem Arm. Gemeinsam gingen sie zur Tür des Hauses seines Nachbarn. Reynolds öffnete mit verstörter Miene, und Fox schob das Mädchen zu ihm.

      »Jim, pass auf sie auf.«

      Ohne auf eine Antwort zu warten, kehrte er zur Straße zurück und beugte sich zu dem ersten Schützen herab, um dessen Puls zu prüfen. Der Mann war tot, doch Fox versetzte dem Sturmgewehr einen Tritt, sodass es zum Fahrbahnrand rutschte, und ging dann weiter zu demjenigen mit dem dunkelblauen Hemd, seinem Ex-Chef Leo Sawyer. Der Vertriebsmanager lag mit offenen Augen auf dem Rücken und keuchte. Fox' einzige Kugel war glatt durch seinen Oberkörper beziehungsweise einen Lungenflügel gegangen. Er zielte mit der leeren Pistole auf Sawyers Kopf, um ihn das Klicken hören zu lassen.

      Er brachte ihm kein Mitgefühl entgegen; der Mann hatte versucht, ihn fertigzumachen, und seine Ehefrau gefickt. Es war eine bewusste Entscheidung gewesen, getroffen in weniger als einer Sekunde, woraufhin sich sein Zorn und Rachedurst in der einen Kugel manifestiert hatten. Ihm war völlig schnuppe, ob Sawyer überlebte oder verreckte.

      Nach den beiden Schergen in dem Wagen an der Mauer zu schauen war nicht nötig, denn er hatte aus unmittelbarer Nähe abgedrückt und ihre Schädel halb weggeschossen. Ergo wusste er, dass sie nicht mehr lebten.

      Nun nahm er sein Handy heraus und verständigte den Notruf unter 999. Der Telefonist bestätigte seine Mobilnummer und fragte, welchen Dienst er benötige, um ihn durchstellen zu können. Bevor Fox weitersprechen konnte, hörte er Sirenengeheul näherkommen. Er ließ sich auf dem Bürgersteig nieder und wartete darauf, dass man ihn festnahm. Wieder einmal hatte er der Welt bewiesen, dass er nur eines gut konnte: Töten.

      Kapitel 2

      Datscha des Präsidenten, Verwaltungsbezirk Minsk, Weißrussland

      Plattgedrückte dunkle Haare, eine weinrote Krawatte auf gestärktem, weißem Hemd und tiefblauem Anzug. Swerow bewunderte sich im Spiegel. Er musste unbedingt einen ordentlichen Eindruck machen, denn immerhin sollte er der allererste Leiter des weißrussischen Geheimdienstes KGB sein, den die BBC interviewte.

      Als ihn die Sendeanstalt über die Botschaft kontaktiert hatte, war er zunächst nicht bereit gewesen, dem Journalisten ein Visum für die Einreise ins Land auszustellen. Nach kurzer Überlegung allerdings hatte er eingesehen, dass die womöglich positive Werbung dem Ansehen des Landes sehr helfen würde. Deshalb hatte er eingewilligt und sich die jüngsten Berichte besorgt, die auf dem Mist des Mannes gewachsen waren, um seine Glaubwürdigkeit zu überprüfen.

      Sie würden sich ganze dreißig Minuten lang für das BBC-World-Format »Hard Talk Extra« unterhalten. Swerow hatte die Liste vorangegangener Interviewer mit regem Interesse gelesen, denn einen Teil der Leute bewunderte er, wohingegen er andere keines Blickes gewürdigt hätte, so sie je in seiner Heimat aufgekreuzt wären. Der Präsident war nun über den Nutzen im Bilde, den diese Unterhaltung bringen würde, und nahm an, sie sei von vornherein die Idee des Geheimdienstleiters selbst gewesen. Größenwahnsinnige wie das Staatsoberhaupt – natürlich hätte er diese Einschätzung nie laut geäußert – ließen sich leicht beeinflussen.

      Swerow verließ das Bad der Datscha des Präsidenten und nahm im Arbeitszimmer Platz. Die Visagistin der BBC hatte ihn bereits geschminkt, was er zwar weibisch fand, aber für ein notwendiges Übel hielt. Der Tontechniker klemmte ihm einen Abnehmer an den Aufschlag seines Jacketts – »falls das da ausfällt«, hatte er mit Bezug auf das Mikrofon mit wuschelig grauem Überzug erklärt, das außer Reichweite über seinem Kopf hing. Der BBC-Journalist hieß Simon White und wurde seinem Namen gerecht, da er vermutlich der Mensch mit dem teigig-hellsten Teint war, den Swerow je gesehen hatte. Mit seiner hageren Figur wirkte er im Fernsehen kräftiger als in natura, doch sein Blick strahlte etwas finster Erbittertes aus.

      Swerow hatte einen Monat im Voraus eine Liste von Fragen verlangt und wollte keine weiteren beantworten, außer sie wurden gefaxt und von ihm abgesegnet. Er sprach »gutes Englisch«, wie er selbst glaubte, deutete aber an, sich wohler dabei zu fühlen, das eigentliche Interview auf Weißrussisch führen zu dürfen. Dummerweise hatte der Produzent darum gebeten, es auf Englisch zu halten, da dies dem Stil der »Hard Talk«-Reihe entsprach. Swerow akzeptierte mit der Begründung, man müsse so reden wie der Westen, wenn man ihn »umwerben« wolle. Während des vergangenen Monats hatte Swerow mit den Fremdsprachenlehrern des KGB geübt. Sein Englisch war mehr als nur »gut«, denn er beherrschte es flüssig und spielte dies nur deshalb herunter, weil er nicht als Muttersprachler durchging. Er hatte noch einen Akzent und geriet zuweilen ins Stocken, um die treffenden Worte zu finden. Sein Englisch blieb also in seinen Augen lediglich »gut«.

      Während sich die Filmcrew bereit machte, fiel Swerow Whites professionelles Benehmen auf. So etwas ging allen weißrussischen Journalisten ab. Müßig zu erwähnen natürlich, dass dies nicht für diejenigen galt, die bei den staatlichen Zeitungen »Golas Radzimy« (Stimme des Mutterlandes) und »Narodnaja« (Wille des Volkes) in Lohn und Brot standen. Als die Leute vom BBC fertig waren, teilten sie ihm mit, die Aufnahme würde nun beginnen. Swerow nickte und sammelte sich. Er kannte die Reihenfolge der Fragen und hatte seine Antworten auswendig gelernt, schwitzte aber dennoch, und zwar nicht wegen der grellen TV-Scheinwerfer. Der Regisseur gab Zeichen, woraufhin White anfing, seinen Text vor laufender Kamera aufzusagen.

      »In einer Rede im Jahr 2005 nannte die damalige US-Staatssekretärin Condoleezza Rice sechs weltweite ›Vorposten der Tyrannei‹. Diese waren Kuba, Iran, Burma, Nordkorea, Simbabwe und Weißrussland. Mein heutiger Gast ist jemand, dem diese Behauptung gar nicht gefiel. Iwan Swerow, der Leiter des weißrussischen Geheimdienstes KGB. Direktor, vielen Dank, dass Sie sich bereit erklärt haben, mit ›Hard Talk‹ zu sprechen.«

      Swerow nickte. Gar nicht gefiel es ihm, so vorgestellt zu werden, doch er hatte eine Antwort darauf parat. Den Amerikanern würde die Zornesröte ins Gesicht steigen.

      »Ich danke Ihnen für die Gelegenheit, die Lügen richtigzustellen, welche die ehemalige Regierung Bush über mein Land verbreitet hat.«

      White hatte mit diesen Worten gerechnet. »Wenn ich damit beginnen dürfte, was Ihrem Präsidenten vorgeworfen wurde. Er hat – angeblich, wohlgemerkt – Demonstrationen zerschlagen, unabhängige Medien und politische Widerständler verfolgt sowie Wahlen manipuliert.«

      Swerow blickte argwöhnisch drein. »Wer hat so etwas gesagt? Gewiss keine glaubhaften Regierungen. Präsident Lukaschenko regiert Weißrussland schon seit über fünfzehn Jahren. Er gab uns über fünfzehn Jahre Stabilität. Kann das irgendeiner unserer ehemals sowjetischen Nachbarn von sich behaupten? Es stimmt, Lukaschenko hat die Macht aufgrund seines Versprechens erlangt, »die Mafia zu stoppen«, also der Korruption unserer vorigen Führungsriege ein Ende zu bereiten. Ihm illegale Machenschaften vorzuwerfen ist Unsinn!«

      Obwohl ihn das förmliche Englisch seines Gesprächspartners beeindruckte,