Das Jahr mit meinem Pony. Torbjörg Hagström

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Название Das Jahr mit meinem Pony
Автор произведения Torbjörg Hagström
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788711786802



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Tür des Sommerhauses ist schmal. Als ich hineingehe, folgt mir Strolch zügig. Er zögert ein bißchen, bevor er es wagt, mit hineinzugehen. Dann schnuppert er am Tisch und an den Bänken herum und entdeckt schließlich die Tür zum Nebenraum. Ich gehe mit ihm, um achtzugeben, daß er auf seinem Entdeckungsgang nichts anstellt. Einen Fernsehapparat hat er sicher noch nie gesehen und auch noch keinen offenen Kamin. Plötzlich hebt er den Schweif und setzt einen ordentlichen Haufen Pferdeäpfel mitten ins Zimmer. Erst nach einer gründlichen Untersuchung von Wohnzimmer und Küche geht er wieder zufrieden zu seinem Heu. Ich binde ihn an, doch so richtig ruhig bin ich beim Essen nicht.

      Zurück reiten wir den gleichen Weg, den wir gekommen sind, Posan zuerst und Strolch hinterher. Als wir die Landstraße hinter uns haben, lassen wir die Pferde auf der Dorfstraße am langen Zügel gehen. Plötzlich wechselt Posan in Galopp. Ich gebe Strolch Galopphilfen, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob er versteht, was ich meine. Aber er versteht meine Aufforderung richtig und folgt Posan.

      Wir galoppieren auf der verschneiten Straße dahin, Strolchs Bewegungen sind ruhig und gleichmäßig. Ein Glück, daß ich die Steigbügel nicht verstellt hatte. Man sollte in Gesellschaft von anderen nie einfach so davongaloppieren, besonders, wenn man auf Jungpferden sitzt.

      Dort, wo wir abbiegen müssen, verringert Posan das Tempo. Ich schließe auf, und bevor ich neben ihr bin, sagt Gittans Tochter: „Sie ist mir durchgegangen! Ich konnte sie kaum halten.“

      Ich denke mir im stillen, daß sie es nicht sehr ernsthaft versucht hat, ihr Pferd zu halten, sage aber nichts. Statt dessen schlage ich vor, daß ich das letzte Stück Weg mit Strolch vorausreite.

      Frühlingswetter

      Die Märzsonne kämpft gegen den Winter an. Es taut und friert, taut und friert. Kaum ist ein Fleckchen Erde frei, schneit es wieder. Es scheint, als wolle der Winter einfach noch nicht aufgeben.

      Trotzdem ist die Koppel vom Schmelzwasser überschwemmt. Wenn es besonders naß ist, dürfen die Pferde nicht den ganzen Tag draußen bleiben. Dann ist Strolch so aufgeregt wie ein junges Kalb, wenn ich ihn am Abend aus dem Stall hole.

      Eines Abends begleitet mich Ulla, Frittes Tochter, als ich mit Strolch einen Spaziergang auf einigen Nebenstraßen mache. Auf dem Heimweg ist er unruhiger als sonst. Plötzlich wirft er den Kopf zur Seite, und, wie befürchtet, entwischt er mir. Ich habe die Zügel nicht richtig festgehalten.

      „Brrr! Hiergeblieben!“

      Strolch macht ein paar wilde Sprünge, dreht sich und bleibt, mit dem Kopf zu uns, stehen. Wir brauchen ihn nur festzuhalten.

      Wir gehen auf dem Reitweg weiter. Auf unseren Leinen blitzen die Katzenaugen. Plötzlich nähert sich ein Auto mit aufgeblendeten Scheinwerfern. Strolch hat sonst keine Angst, aber er war jetzt über eine Woche nicht mehr auf der Koppel.

      Blitzschnell macht er vor dem Auto auf der Hinterhand kehrt. Ulla und ich werden zur Seite gestoßen, wir springen in den Straßengraben. Strolch ist wieder frei. Aber dann kommt er zurück. Ich werfe mich auf den am Boden schleifenden Führstrick, erwische ihn zwar, aber Strolch ist bereits wieder so schnell, daß er mir entgleitet.

      „Brr! Strolch! He!“

      Ich rufe hinter ihm her und renne los. Ein wie ein Bock springender Schatten verschwindet in der Dunkelheit, das Geräusch galoppierender Hufe verklingt in der Ferne.

      Ich laufe und lasse Ulla hinter mir. Ich laufe, so schnell ich kann, getrieben von der Angst um das Pony.

      Er wird die Kreuzung des Reitweges und einer Straße überqueren müssen, bevor er auf Frittes Hof kommt, wird an der Scheune, die die Sicht versperrt, vorbeigaloppieren … Wilde Gedanken fahren mir durch den Kopf.

      Endlich komme ich atemlos auf dem Hof an. Strolch steht ruhig vor dem Stall. Als ich näherkomme, sehe ich, daß Fritte hinter ihm steht, den Führstrick in der Hand.

      „Er hatte viel Tempo, als er unter der Straßenlaterne bei der Scheune vorbeigaloppierte! Aber dann hat er sich widerstandslos einfangen lassen!“ sagt Fritte.

      Ich übernehme den Führstrick. Es ist etwa einen Kilometer weit bis zu der Stelle, an der er sich losgerissen hat, aber jetzt muß ich den ganzen Weg mit ihm zurückgehen und ihn vorschriftsmäßig nach Hause führen. Willig geht er mit.

      Es war das erste und letzte Mal, daß er vor mir nach Hause rannte.

      Sommerboten

      Bis zum Wochenende ist das Wasser auf der Koppel zwar etwas versickert, aber Fritte erlaubt noch nicht, daß die Pferde auf dem nassen Boden der Koppel stehen sollen.

      Doch am Samstag, als die anderen Pferdebesitzer nicht kommen können, darf ich meinen kleinen Strolch für eine Weile hinauslassen. Das ist schön für ihn und für mich eine willkommene Gelegenheit, ordentlich auszumisten und den ganzen Stall gründlich zu putzen.

      Ich beseitige das Stroh an den üblichen Stellen, dort, wo gewöhnlich Strolchs Pferdeäpfel liegen. Er ist ein ordentliches Pferd und apfelt immer an den gleichen Plätzen. Dann nehme ich mir das alte Stroh vor, Schicht um Schicht. Draußen scheint die Sonne, aber sie dringt kaum durch die Fenster in den Stall, wo ich in einer Ammoniakwolke stehe. Unermüdlich schaufle ich Pferdemist und altes, feuchtes Stroh in die Schubkarre. Schließlich ist sie bis oben hin voll. Ich schiebe meine Fuhre vorsichtig Richtung Kuhstall, gehe über die steinerne Türschwelle und rolle an den Mastkälbern vorbei, die mich von beiden Seiten mit traurigen Augen anstarren. Ein Kalb bewegt sich heftig, die Kette, mit der es angebunden ist, rasselt laut.

      Vor der Hintertür halte ich an, dränge mich an der beladenen Schubkarre vorbei, öffne die beiden Haken, den großen und den kleinen und entferne den großen Strohballen am Boden, der die Tiere im Stall gegen Zugluft schützt. Jetzt kann ich mit meiner Fuhre ins Freie.

      Die Sonne schlägt mir grell entgegen und blendet mich nach dem Halbdunkel drinnen. Der Himmel leuchtet blau über den verschneiten Tannen drüben auf den Höhen. Ich schiebe die schwere Karre über die Planken, die zum Misthaufen führen. Plötzlich ertönt das jubelnde Zwitschern einiger Buchfinken im Wald. In einem einzigen Augenblick ist alles wie verwandelt – ich sehe das Licht, fühle die Wärme des Sommers und rieche das üppige Grün; die Buchfinken trillern im erwachenden Frühlingswald, und es ist wunderschön, ein Pferd zu haben. Endlich sind Dunkelheit, Kälte und Schnee vorbei: das ist die Botschaft der Buchfinken.

      Der Augenblick der Entscheidung

      Eines Tages, als ich im Schritt durch das Dorf reite, bleibt Strolch unvermittelt stehen. Ich schnalze mit der Zunge und gebe Schenkeldruck. Er versucht, sich umzudrehen, ich hindere ihn daran, und da hüpft er ein Stück rückwärts. Er will offensichtlich nach Hause, und so steige ich ab und führe ihn ein Stück weit am Zügel, um ihn auf andere Gedanken zu bringen.

      Aber das ist keine Lösung für uns beide. Strolch widersetzt sich weiterhin, es ist jeden Tag das gleiche mit ihm. Ich versuche, alles zu vermeiden, was ihn dazu verleiten könnte, stehenzubleiben, aber er tut es immer wieder. Er schert plötzlich nach rechts oder links aus, geht rückwärts, steigt – nur, um nicht vorwärts gehen zu müssen. Er hat einfach keine Lust dazu.

      So vergeht fast eine Woche. Am Sonntag ist es am schlimmsten. Ob ich ihn antreibe oder ihm bittend zurede, ich bringe ihn keinen Schritt vorwärts, wenn ich nicht absitze und ihn führe. So geht es nicht, er soll ja geritten werden. Erst als wir auf dem Heimweg sind, steige ich wieder auf. Nun wird er wohl endlich gehen, denke ich. Ich schnalze auffordernd.

      Da fängt Strolch wieder an zu buckeln. Ich rutsche auf dem glatten Vielseitigkeitssattel wie das bekannte Butterstück auf der heißen Kartoffel. Ich rufe Strolch Kommandos zu und versuche verzweifelt, im Sattel zu bleiben.

      Endlich hört er mit dem Buckeln auf und steht wieder ruhig da. Jetzt verstehe ich ihn: Er widersetzt sich nicht nur, weil er nach Hause will, er will mich vor allem nicht auf seinem Rücken haben! Er will mich ganz einfach einschüchtern und dazu bringen, daß ich absteige. Das hat er die ganze Woche gewollt, aber ich habe es nicht verstanden.

      Jetzt