Der Pfirsichkern. Inger Frimansson

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Название Der Pfirsichkern
Автор произведения Inger Frimansson
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9788711441275



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probierten sie von dem Punsch, Lollo und sie. Sie warteten, bis es dunkel geworden war und die Erwachsenen auf den Asphaltwegen tanzten. Tote Mücken schwammen auf der Oberfläche. Die schoben sie zur Seite. Sie schenkten sich jeweils einen Plastikbecher voll ein, es schmeckte scharf, es brannte richtig im Hals.

      »Wie können die nur so etwas trinken? Das werde ich nie im Leben tun.«

      Lollo schluckte, sie schüttelte sich.

      »Man verändert sich, wenn man erwachsen wird. Dann meint man wohl, dass das schmeckt.«

      Mitten im Park gab es einen Sandkasten, ein paar Schaukeln und eine Rutsche. Zwei kleine Kinder gruben mit ihren Schaufeln im Sand. Es waren Mille und Lukas, sie wohnten schräg gegenüber von Sibbans Haus. Mama wollte nicht, dass Mattias in dem Sand spielte, weil es eine große schwarze Katze gab, die immer hineinschiss. Viele waren sauer auf die Katze. Aber man konnte das auch verstehen. Sie dachte sicher, dass sie ein ganz tolles Katzenklo gefunden hatte. Woher sollte sie wissen, dass ausgerechnet dieser Sand nicht für Katzen gedacht war?

      Unschlüssig ging sie zu den Schaukeln. Setzte sich, nahm Schwung. Die Jungs schienen sie gar nicht zu bemerken.

      »Hallo«, sagte sie. »Was macht ihr da?«

      Sie antworteten nicht.

      Sie stieß sich vom Boden ab und schaukelte schneller. Hinten kam Tante Lindgren mit ihrem Dackel. Beide waren uralt. Der Dackel war vierzehn. Und da ein Hundejahr sieben Menschenjahre bedeutete, war der Dackel also achtundneunzig Jahre alt! Fast hundert. Das war sein Frauchen sicher auch.

      »Ich habe Hallo gesagt«, rief Sibban den Kindern zu und ihre Stimme klang schrill und wütend. »Sucht ihr nach Katzenscheiße?«

      Mille schaute auf. Er hatte Rotz unter der Nase und ganz sandige Hände.

      »Nee, wir spielen«, sagte er leise.

      »Ja, und was spielt ihr?«

      Warum machte sie das? Wie das schlimmste Polizeiverhör.

      »Ach, wir spielen nur«, sagte Lukas.

      »Macht das Spaß?«

      »Ja.«

      Sie rutschte von der Schaukel, ging zu ihnen und setzte sich auf den Sandkastenrand. Plötzlich überkam sie eine unbändige Lust, wieder klein zu sein. Im Sand mit Eimer und Schaufel zu sitzen, bis Mama auftauchte und einen hineintrug, einen fütterte und ins Bett brachte.

      Mille schlug mit seiner Schaufel, dass die Sandkörner hochspritzten.

      »Und was machst du?«, fragte er.

      »Ich? Nichts Besonderes.«

      »Wartest du auf Lollo?«

      »Nein.«

      Wieder schnürte sich ihr Hals zusammen.

      »Ist sie nach Hause gegangen?«

      Er ließ nicht locker, der Kleine. Er führte genauso ein Verhör, wie sie es gerade gemacht hatte.

      Hinter ihr waren Schritte zu hören. Sie drehte sich um. Es war Teo, er ging in ihre Klasse. Manchmal spielten sie hier im Park Brennball, er hoffte wohl, dass er zwei Mannschaften zusammenbekam.

      »Wo hast du Lollo gelassen?«, fragte er und starrte sie dabei durch seine Brille an.

      Dieses ewige Gequatsche um Lollo.

      »Na, zumindest nicht hier«, fauchte sie und das klang genau so unfreundlich, wie sie es meinte.

      Er schien sich gar nicht darum zu kümmern.

      »Ich habe ein neues Computerspiel«, sagte er und zupfte mit den Fingern an seinem zerzausten, kurzen Haar.

      »Ja, und?«

      »Wir könnten es ja mal ausprobieren.«

      »Nee, ich habe keine Zeit.«

      Sie stand auf und bürstete sich den Sand ab. Der Fahrradschlüssel war in ihrer Tasche, mit schnellem Schritt ging sie zum Fahrrad und schloss es auf. Bevor sie in die Straße einbog, sah sie, wie Teo zurück zu seinem Haus ging.

      Er ging wie ein alter Mann.

      6

      Bald war Ostern und das war überall zu spüren. Im Einkaufszentrum hatte man eine große Osterhexe am Dach aufgehängt. Sie saß auf einem Besen und ganz vorn auf dem Stiel stand eine wuschelige kohlrabenschwarze Katze. Überall in den Schaufenstern hingen Federn und angemalte Eier.

      Früher waren Lollo und sie am Gründonnerstag als Osterhexen herumgegangen. Damit hatten sie vor ein paar Jahren aufgehört, das war nur etwas für kleine Kinder. Aber es war richtig toll gewesen. Man verkleidete sich mit langem Rock, großem Schal, malte sich die Wangen rot und dann ging man mit Osterbriefen in einem Korb von Tür zu Tür. Die meisten freuten sich und legten Geld oder Süßigkeiten in den Korb.

      Mindestens ebenso viel Spaß wie herumzugehen und an den Türen zu klingeln machte es, die Osterbriefe zu basteln. Lollo und sie hatten immer Wert darauf gelegt, richtig schöne Briefe zu machen, damit die Leute sich nicht angeschmiert fühlten. Aber es gab andere, die nur irgendetwas aufs Papier kritzelten und das dann einen Osterbrief nannten.

      Sibban hoffte fast, sie würde Mama und Mattias treffen, aber die waren offenbar schon wieder gegangen.

      Sie hatte noch zwölf Kronen, also ging sie in den Tabakladen und suchte sich einige Süßigkeiten aus. Für zwölf Kronen bekam man ja nicht besonders viel. Sie entschied sich für Salzlakritz und Schaumbärchen. Die rochen so gut. Und es gab so viel anzuschauen. Süßigkeiten, Haargummis, Spielzeug, Zeitschriften und schöne Karten.

      Es standen einige vor ihr in der Schlange. Sie kauften Zigaretten. Sie kannte sie, sie gingen in die Siebte und die Achte. Auf dem Tresen lagen alle möglichen kleinen Sachen, Radiergummi, Stifte, Maskottchen und so. Während sie wartete, dass sie an der Reihe war, fiel ihr Blick auf einen Schlüsselring in Form eines Silberpferds. Er kostete dreißig Kronen. Sie nahm ihn in die Hand, er war schwer und glänzte. Vermutlich war es ein Araber. Es gab einen Araber im Reitstall, eine Stute namens Lyzette. Sie war Privatbesitz.

      Wenn man ein Pferd kauft, dann müsste das ein Araber sein, sagte Lollo immer, und sie zeichnete auf alles, auf das man zeichnen konnte, einen Pferdekopf. Schlank, gebeugter Hals, gewölbte Augenlider mit dichten Wimpern. Wilde, wogende Mähne.

      Plötzlich war Sibban an der Reihe. Der Mann hinter dem Tresen hieß Yasar. Ihm und seiner Familie gehörte das Geschäft. Er nahm ihre kleine Bonbontüte entgegen, wog sie, sie kostete genau zwölf Kronen.

      »Du hast aber ein gutes Augenmaß!«, sagte Yasar. Er war nett. Einmal hatte er ihr einen zerbrochenen Lolly geschenkt, den man nicht mehr verkaufen konnte.

      Er gab ihr die Tüte.

      »Möchtest du sonst noch etwas?«, fragte er und schaute sie mit seinen braunen, glänzenden Augen an.

      »Nein!«, rief sie schnell und ging hinaus, und die Tür läutete wie immer und in ihrer Tasche lag das kleine Silberpferd.

      Als sie nach Hause kam, suchte sie eine Schachtel heraus und dann packte sie das Pferd ein. Mama bewahrte immer das schönste Papier auf, wenn sie Geschenke bekamen, sie bügelte es mit dem Bügeleisen wieder glatt. Man konnte kaum sehen, dass es schon einmal benutzt war. Sie hatte einen richtigen Vorrat an schönem Papier in ihrer Garderobe.

      Erst hatte Sibban das Pferd in ein Osterei legen wollen. Aber dann hätte sie noch mehrere Tage warten müssen, bevor sie es verschenken konnte. Und sie wollte das so schnell wie möglich machen. Noch heute Abend wollte sie das kleine Silberpferd überreichen.

      Es gab Rübenmus und Fleischwurst zum Abendessen. Das schmeckte gar nicht so schlecht, zumindest, wenn man viel Senf zur Wurst nahm. Aber eigentlich hatte sie gar keinen Hunger.

      Mattias matschte im Rübenmus herum. Er hatte das Mus schon im ganzen Gesicht. Fast verging ihr der Appetit völlig.

      Sibban