Название | Gesammelte Kindergeschichten & Romane von Agnes Sapper |
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Автор произведения | Agnes Sapper |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788027208784 |
»Aber er ist so unbequem einzuheizen,« sagte die Hausfrau. Das bedauerten die zwei Fremden von Herzen. »Vielleicht könnte man es ändern?« fragte die junge Frau. »Das ließe sich schwer machen,« antwortete der Ingenieur. Da die Hausfrau keine Miene machte, sich von dem Ofen zu entfernen, konnten die Herren auch nicht davon wegkommen. Sie wollten doch artig sein, so mußten sie den Ofen eben noch weiter bewundern. »Die Kacheln sind sehr schön,« sagte der Ingenieur. Der Archivar setzte seinen Zwicker auf und besichtigte die Kacheln, aber er fand trotz des Zwickers nichts Besonderes an ihnen.
Als die Unterhaltung stockte, entfernte sich die Hausfrau von dem Ofen, machte die Türe zum Eßzimmer auf und sagte: »Wollen Sie nicht den eisernen Ofen ansehen, den habe ich viel lieber,« und ohne die Antwort abzuwarten, ging sie voran. Die beiden Freunde warfen sich heimlich verwunderte Blicke zu, sie mußten aber wohl oder übel zu dem eisernen Ofen folgen. Da standen sie nun wieder alle drei wie gebannt um den Ofen herum. Der Ingenieur war noch gut daran, er verstand wenigstens etwas davon und sprach nun ganz eingehend über die Bauart des Ofens. Der Archivar hingegen konnte nicht recht mittun. Unser Frauchen fing an im stillen über die Feuerschau zu zürnen; sie fand es wunderlich, daß die Herren gar nicht voran machten, der Archivar besonders blieb immer in ehrerbietiger Entfernung vom Ofen stehen, wie wenn er sich davor fürchtete.
Ebenso fingen die Besucher an, im stillen über die junge Frau zu zürnen. Sie war doch noch recht ungeschickt, daß sie ihnen nicht einmal einen Platz anbot! Die Frau Assessor dachte bei sich: »Ich muß ihnen weiter helfen,« und indem sie die Türe zum Nebenzimmer aufmachte, sagte sie: »Wollen Sie nicht auch den kleinen Ofen im Schlafzimmer ansehen? Es ist ein tönerner.« Jetzt wurden ihre Besucher widerspenstig. »Ich danke,« sagte der Ingenieur, »wir wollen doch nicht überall eindringen.«
»Bitte, das stört gar nicht,« sagte die Hausfrau und ging voran.
»Mir geht wirklich das Verständnis für Öfen gänzlich ab,« sagte der Archivar.
»Das ist aber sehr traurig für Sie,« entgegnete die junge Hausfrau, denn sie dachte: »Der Mann hat offenbar seinen Beruf verfehlt.«
Inzwischen hatten die Herren doch nicht anders gekonnt, als der Hausfrau in das Schlafzimmer folgen, und nun standen sie vor einem kleinen, alten, unscheinbaren Tonofen, der ihnen so gar nichts sagte.
»Raucht der Ofen?« fragte nun der Archivar und war nicht wenig stolz, daß ihm noch eine so passende Frage einfiel.
»Nein, er raucht nicht, wir haben ihn auch noch gar nie angezündet.«
»Rauch soll nämlich sehr ungesund sein.«
»Ja, für die Lunge, nicht wahr?«
Diese geistreiche Unterhaltung wurde unterbrochen, es klingelte und Evchen machte die Türe auf. Diesmal kam die wirkliche Feuerschau, ein älterer Mann in Begleitung eines jüngeren.
»Wir sind die Feuerschau,« sagte der ältere und ohne sich um das verblüfft darein sehende Mädchen zu kümmern, klopfte er an der nächsten Türe an. Das war eben die, die in das Schlafzimmer führte, in dem nun schon drei Leute um den Ofen standen.
»Entschuldigen Sie,« sagte der ältere der beiden Männer, »wir wollen nicht lange stören, wir sind die Feuerschau.«
»Noch eine Feuerschau!« dachte die kleine Hausfrau mit Entsetzen. Ohne Umstände gingen die Männer auf den Ofen zu. »Da ist auch noch so eine verbotene Ofenklappe,« sagte der ältere zu dem jüngeren, »schreiben Sie es auf.« Darauf empfahlen sich die Beiden und gingen weiter.
Sie waren kaum eine Minute geblieben, aber doch lange genug, daß die junge Frau erkannte: das war die richtige Feuerschau. Die andere war offenbar keine. Sie kannte sich gar nicht mehr aus in dieser Welt, und sah ihre beiden Besucher ganz ratlos an, wer waren sie denn? »Sie sind gar nicht die Feuerschau,« sagte sie nun vorwurfsvoll, »Sie haben sich bloß so gestellt.«
Aber auch den Herren war jetzt die Ahnung gekommen, daß hier eine Verwechslung vorlag. »Nein, die Feuerschau sind wir nicht,« sagte der Ingenieur, »aber bitte, gnädige Frau, wir haben uns doch nicht so gestellt.«
»Sie haben doch die ganze Zeit nur die Öfen angesehen!«
»Leider ja,« sagte der Archivar, »wir wollten das eigentlich gar nicht, aber wir konnten nicht anders, wir mußten Ihnen doch folgen.«
»Nun dürfen wir uns vielleicht noch einmal vorstellen als Freunde des Herrn Assessors: Ingenieur Maier.«
»Archivar Rau.«
»Nein,« sagte die Frau Assessor halb lächelnd, halb beschämt, »was müssen Sie von mir gedacht haben, und was wird mein Mann sagen, wenn er hört, wie ich seine Freunde empfangen habe! Jetzt höre ich ihn kommen, o bitte, wollen wir doch wieder hinüber in das Besuchzimmer.« Sie waren kaum darin, so erschien der Herr des Hauses und freute sich, seine Freunde zu treffen.
Diese waren viel zu artig, um die kleine Frau zu verraten, und nahmen gerne Platz, wie wenn nichts gewesen wäre, sie waren ja lange genug herumgestanden. Nur sahen sie so ungewöhnlich heiter aus, sie hatten Mühe, ihr Lachen zu verbergen. »Eine hübsche Wohnung, nicht wahr?« sagte der Hausherr.
»Ja, und wie es scheint, gute Öfen,« bemerkte der Ingenieur. Da war die Verstellungskunst der jungen Frau schon zu Ende. Sie mußte lachen und die Herren lachten mit. Der Hausherr machte ein sehr erstauntes Gesicht, bis ihm seine Frau alles selbst erzählte. Ein wenig ängstlich sah sie trotz ihrer Heiterkeit auf ihren Mann; wie er ihr Ungeschick wohl aufnehmen, ob er sie tadeln würde vor den Herren. Bewahre, das tat er nicht. Auch er lachte und sagte zu den Freunden: »So habt ihr der kleinen Frau überall hin folgen müssen? Was wollt ihr, mir geht es ja auch nicht besser!«
In der Adlerapotheke.
Auf dem stattlichen Bauerngut, das dem reichen Landwirt Hollwanger gehörte, gab es nun schon zum dritten Male in Jahresfrist einen Abschied. Der älteste Sohn war zum Militär einberufen worden; den zweiten hatte der Vater auf die landwirtschaftliche Schule geschickt, und der dritte, Hermann, der jüngste, aber doch schon hoch aufgeschossen, war nun auch im Begriff, das Elternhaus zu verlassen. Er wollte Apotheker werden, und so hatte er heute, am Donnerstag nach Ostern, in der Adlerapotheke in Neustadt als Lehrling einzutreten.
Vor dem Hause stand die Kutsche, in der der Vater den Sohn nach der Stadt fahren wollte. Der Koffer war hinten aufgepackt, Mutter, Schwester, Knecht und Magd standen vor dem Haus in dieser Abschiedsstunde. Die Trennung war keine von den schwersten; denn das Städtchen lag so nahe, daß man die Glocken von dort läuten hörte, wenn der richtige Wind wehte. Hermann hatte dort die Lateinschule besucht und täglich den Weg vom Elternhaus nach Neustadt zu Fuß gemacht. Dieser Weg hatte ihn immer an der Adlerapotheke vorbei, manchmal auch hineingeführt, und schon seit Jahren hatte er den Wunsch ausgesprochen, Apotheker zu werden. Sein Vater hatte nichts dagegen, er war ein reicher Mann und konnte seinem Sohne wohl einmal eine Apotheke kaufen.
So kam es, daß Hermann mit fröhlichen Augen der Mutter Lebewohl sagte und erst ein ernstes Gesicht machte, als er entdeckte, daß seine Schwester, seine treue Jugendgespielin, Helene, mit Tränen in den Augen dastand. Sie war zwei Jahre jünger als er und hing mit ganzem Herzen an diesem Bruder. »Weine doch nicht, Helene,« sagte er, »ich komme ja alle vierzehn Tage heim und so oft du nach Neustadt kommst, besuchst du mich in der Apotheke.«
Einen Abschiedskuß noch der Mutter, die ihr Töchterchen freundlich tröstend an der Hand nahm, ein Händeschütteln mit dem Knecht, der Magd, und fort ging es mit dem Vater, der flott dem Städtchen zukutschierte. Und Hermann konnte es nicht ändern, so herzlos es ihm vorkam, er freute sich über die Maßen.
Als das kleine Gefährt über den Marktplatz von Neustadt fuhr und vor der Adlerapotheke anhielt, wurde die Ladentüre der Apotheke geöffnet, und der Apotheker ging Vater und Sohn entgegen. Die beiden