Ich will dich beschenken! - Gott. Jürgen Werth

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Название Ich will dich beschenken! - Gott
Автор произведения Jürgen Werth
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783961224500



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sind – was kann man den Erwachsenen dann überhaupt glauben? Ist der liebe Gott am Ende auch nur eine Märchengestalt?

      Heute weiß er: Weihnachten ist ein Wunder, aber kein Märchen. Es ist das größte Wunder der Weltgeschichte. Der Himmel kommt zur Welt. Der Schöpfer wird Teil seiner Schöpfung. Das Kind in der Krippe ist der große Gott auf kleinen Füßen. Er ist gekommen, und er kommt immer neu. In die Welt und in unser Leben. Wenn das kein Grund zum Feiern ist!

      Darum zünden wir Kerzen an. Darum schmücken wir Häuser und Straßen. Darum feiern wir festliche Gottesdienste. Darum beschenken wir einander.

      So will er’s seinen kleinen Knirpsen erklären. Damit sie nicht auch eines Tages so enttäuscht sind wie er damals.

      Nimmt er ihrem Weihnachtsfest damit den Zauber, den Glanz? Ganz im Gegenteil! Denn mit dem himmlischen Glanz kann es kein Märchen dieser Welt aufnehmen.

      ✴

      Ich schaue noch einmal auf das Bild hinter dem Türchen und beschließe, in dieser Adventszeit einem kleinen Knirps zu erzählen, was an Weihnachten wirklich passiert ist.

      Großer Gott auf kleinen Füßen

      Menschen mögen’s groß.

      Leben gern auf großem Fuß.

      Auch wenn sie dabei

      andern auf die Füße treten.

      Gott mag’s klein.

      Wählt die kleinste Schuhgröße.

      Und hilft uns auf die Beine.

      Gott wird ein Kind,

      damit wir

      Kinder Gottes werden.

      Vom Holzschnitzer, der das Weihnachtsfest zurückbrachte

      Ich öffne das Türchen Nummer 2 und sehe …

      … eine Stadt, die Weihnachten abgeschafft hat.

      Und in der es kalt geworden ist, nicht nur im Winter.

      Bis sich an einem Sommertag ein alter Holzschnitzer in der Stadt niederlässt. Er ist anders als alle anderen. Freundlich. Hilfsbereit. Liebevoll.

      Das fällt zuerst den Kindern auf. „Warum bist du so anders?“, fragen sie ihn nach ein paar Wochen.

      „Weil ich Weihnachten kenne!“ antwortet er.

      Und dann nimmt er die ersten mit in seine Werkstatt. Dort entdecken sie eine fremde Welt: Sie sehen, wie geschnitzte Engel, Hirten und Tiere entstehen, ein Elternpaar und ein kleines Kind in einer Krippe. Und der Alte fängt an zu erzählen. Von Weihnachten. Von dem Gott, der seine Menschen in ihrer kalten Welt so sehr geliebt hat, dass er sich auf den Weg gemacht hat und in ihre kalte Welt hineingeboren worden ist.

      Und sie sehen und hören und staunen. Und kommen immer wieder.

      Bald schöpfen die Verantwortlichen der Stadt Verdacht. Sie sehen ihren Einfluss schwinden und versuchen deshalb, das unheimliche Treiben zu beenden und den Holzschnitzer aus ihrer Stadt zu jagen. Doch der lässt sich nicht einschüchtern. Und die Kinder stehen zu ihm. Sie haben längst verstanden, dass ihre Stadt anders werden kann, wenn sie Weihnachten wiederentdeckt.

      Zuhause erzählen sie von der wundersamen Welt in der Werkstatt des Schnitzers. Und von der wundersamen Geschichte, die die sonderbaren Figuren erzählen. Und dass man noch helfende Hände braucht, damit alles rechtzeitig fertig wird …

      Einige Erwachsene erklären sich bereit. Zögernd erst, neugierig nur. Aber dann mit wachsender Begeisterung. Sie kommen in die Werkstatt des Holzschnitzers und packen mit an.

      Endlich ist es so weit. Die Weihnachtswelt wird aus der Werkstatt auf den Marktplatz gebracht. Und dann soll es endlich Weihnachten werden! Zum ersten Mal seit langer, langer Zeit.

      Doch dann stellen die Menschen schnell fest: Das Kind ist weg! Gestohlen! Vom Bürgermeister und seinen Kumpanen. So viel haben diese Herren schließlich verstanden: Ohne das Baby muss Weihnachten ausfallen.

      Der Holzschnitzer hat die Stadt inzwischen verlassen. Seine Mission ist erfüllt. Er kann den Leuten nicht mehr helfen.

      Doch die Menschen in der Stadt sind längst viel freundlicher und hilfsbereiter geworden und wollen sich Weihnachten nicht mehr nehmen lassen. Beherzt legen sie ein lebendiges Kind in die Krippe. Dann feiern sie Weihnachten. Und die Liebe. Und es wird wieder hell und warm in ihrer dunklen und kalten Stadt.

      ✴

      Ich schaue mir noch einmal das Kalenderbildchen an und beschließe:

      Heute mache ich ein kleines Gedankenexperiment und stelle mir vor, das allererste Weihnachten hätte nie stattgefunden …

      Hinter den Kulissen der Weihnachtsgeschichte

      Ich öffne das Türchen mit der Nummer 3 und sehe …

      … den Himmel.

      So, wie ich ihn mir jetzt einfach mal vorstellen will.

      Es ist, sagen wir mal, im Jahr 5 vor unserer Zeitrechnung. Ein Berater stürmt aufgeregt in den himmlischen Thronsaal:

      „Sag, dass das nicht wahr ist, großer Gott! Du willst deinen Sohn in die Welt schicken? Zu den Menschen, zu diesen Menschen? Weißt du, dass das lebensgefährlich ist?

      Und richtig zur Welt kommen soll er? Wie ein gewöhnliches Geschöpf? Als – Baby? Du bist doch der Schöpfer!

      Und dann der Geburtsort: Bethlehem! Gut, da kommt David her – aber das ist Geschichte! Lange her! Wer spricht heute noch von Bethlehem! Ein Kaff ist das doch!

      Und die Eltern! Maria – das Mädchen kennt doch keiner! Und Josef ist Handwerker, Zimmermann! Das sind doch ganz gewöhnliche Leute!

      Als Geburtsort hast du eine schlichte Behausung ausgesucht, habe ich gehört. Also wirklich, ist im „King David“ in Jerusalem denn so gar nichts mehr frei? Soll ich mal anrufen?

      Und Hirten sollen das Begrüßungskomitee bilden, das ist mir ebenfalls zu Ohren gekommen. Hirten! Wer nichts wird, wird Hirt! Wenigstens der Bürgermeister sollte kommen! Wenigstens der!

      Das geht alles überhaupt nicht! Bedenke deinen Imageverlust, Gott! Das kriegst du nie wieder hin.“

      Aber der große Gott lächelt ihn freundlich an:

      „Ja, ich mache mich ganz klein. Ich will für keinen mehr zu groß sein.

      Ich werde ohnmächtig. Ich will für keinen mehr zu stark sein.

      Ich komme meinen Menschen ganz nah. Ich komme in sie hinein, will mit ihren Augen sehen, mit ihren Ohren hören. Will fühlen wie sie, will denken wie sie.

      Ich werde unbedeutend. Alle sollen sich zu mir trauen können.

      Ich werde arm. Man kann künftig mit dreckigen Schuhen zu mir kommen, mit ungewaschenen Händen, mit abgetragenen Kleidern.

      Ich will meinen Menschen zeigen, wozu wahre Liebe fähig ist. Ich will ihnen diese Liebe zeigen. Sie sollen endlich erkennen, wer ich wirklich bin. Ich will sie zurücklieben in meinen Himmel.“

      ✴

      Ich betrachte noch einmal das Himmel-Bild hinter dem Türchen und beschließe:

      Ich werde Gott heute einfach mal sagen, wie wunderbar er ist.