Название | Das Wechselspiel von Köln |
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Автор произведения | Franziska Franke |
Жанр | Языкознание |
Серия | Krimi |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783958132283 |
»Schade, dass er schon seit Jahrzehnten tot ist«, entfuhr es Lucius.
»Unsereins hätte er sowieso nicht eingeladen«, wies ich ihn zurecht, aber niemand achtete auf mich.
»Ihr habt Glück! Morgen findet ein Rennen statt.« Die bloße Vorstellung schien den Decurio in Euphorie zu versetzen. War sein Haushalt so wenig standesgemäß, weil er sein Geld verspielte?
»Da ihr nur zwei Tage in Agrippina bleibt, solltet ihr lieber den Marstempel besuchen. Dort wird das Schwert Caesars aufbewahrt«, wandte die Hausherrin ein.
Junius Petronius ging nicht auf diesen Vorschlag ein, sondern vereinbarte über meinen Kopf hinweg mit Lucius einen Besuch der Arena.
Verblüffend schnell trugen die Diener die noch reichlich gefüllten Platten ab und bestreuten den Boden mit Sägemehl. Die Speisen mussten wohl noch für die Dienerschaft reichen. Hätte ich das geahnt, so hätte ich kräftiger zugelangt. Wie es dem Brauch entsprach, opferte der Decurio nach dem Ende des Hauptgangs den Laren Wein und mit Safran gefärbten Kuchen, der köstlicher roch als das Backwerk, das man uns danach als Dessert auftischte.
Die Hausherrin, deren sehnsüchtige Blicke auf die Wasseruhr keinen Zweifel daran ließen, wie lästig wir ihr waren, stand auf, kaum dass die Nachspeise vertilgt war.
»Zu Ehren der Gäste werde ich ein Trinkgelage veranstalten!«, gab unser Gastgeber bekannt.
Seine Gattin, die schon in der Tür stand, drehte sich nochmals um und warf ihm einen giftigen Blick zu.
Auch ich war alles andere als begeistert. Normalerweise musste man mich nicht zweimal zu einem Becher Wein einladen. Doch an diesem Abend hatte ich vorgehabt, möglichst unauffällig mit den Dienstboten zu sprechen. Hatte der Hausherr vor, mich davon abzuhalten? Wollte er uns betrunken machen, damit wir wehrlos waren? Oder wollte er uns aushorchen?
Der Decurio klatschte in die Hände und ein Diener trug einen schweren Weinkrug herein, aus dem er unsere Becher bis zum Rand füllte. Dann tranken wir auf den Kaiser, auf sämtliche Götter und die Lokalgrößen von Agrippina. Der restliche Abend verging mit oberflächlicher Konversation, dem Leeren zahlreicher Weinschalen und immer absurderen Trinksprüchen. Vielleicht hätte ich mich zurückhalten sollen, aber ich hatte schließlich, was den Weinkonsum betraf, einen gewissen Ruf zu verteidigen. Dann kam endlich der langersehnte Augenblick, an dem die Tafel aufgehoben wurde.
»Mein Kammerdiener wird euch die Gästezimmer zeigen«, lallte der Hausherr, nachdem ich mich schwankend und vom Alkohol benebelt von meiner Liege erhoben hatte. Lucius hielt sich etwas aufrechter als ich. Das lag an seinem regelmäßigen Training. Noch immer beunruhigte mich die Aussicht, im Haus eines potentiellen Mörders zu übernachten. Wenn wir zusammenblieben, waren wir bestimmt sicherer.
»Wir möchten keine unnötige Mühe machen. Ein Zimmer für uns beide genügt«, erklärte ich daher.
»Das kommt gar nicht in Frage!«, widersprach der Decurio entschieden und wünschte uns dann etwas pompös eine gute Nacht.
»Wenn die Herrschaften mir folgen wollen!«
Der Sklave, der uns empfangen hatte, machte eine einladende Handbewegung. Ich schrak zusammen, denn ich hatte ihn nicht kommen sehen, was wohl am übermäßigen Weingenuss lag.
Die Füße des Dieners bewegten sich lautlos über den Boden, als er durch einen engen Korridor schritt und endlich vor zwei winzigen fensterlosen Kammern stehen blieb, deren Türen er aufriss. Die ockergelben Wände der Räume waren mit kleinen, schwarz umrahmten ländlichen Darstellungen geschmückt, die man aber im flackernden Schein des Öllämpchens kaum erkennen konnte. Die meisten Schlafzimmer besaßen keine Fenster, um die Schlummernden vor dem Straßenlärm zu schützen. Doch in diesem Augenblick kamen mir die Räume wie tödliche Fallen vor.
Mir blieb keine Zeit, den Diener nach den jüngsten Vorfällen im Haus zu fragen, denn er huschte sofort wieder davon. Während ich ihm noch nachschaute, hatte mein Bruder bereits den ersten Raum betreten.
»Das war ein jämmerliches Bankett!«, erklärte er und warf sein Bündel auf das Bett, das in einer Nische stand. Dann ließ er sich selbst auf das Lager fallen. »Keine Musikanten, keine Sängerinnen, noch nicht einmal eine Tänzerin.«
»Du kennst dich ja gut aus«, bemerkte ich und lehnte mich an den Türrahmen, da der Boden schwankte. »Auf künstlerische Darbietungen konnte ich gut verzichten, aber diesen zähen Vogel hätte ich keinem Gast vorzusetzen gewagt. Eigentlich war es auch kein richtiges Bankett, denn ein solches besteht aus mindestens sieben Gängen.«
»Dein Geschmack ist wohl doch nicht völlig romanisiert!«, entgegnete Lucius amüsiert. »Kranich und Pfau gelten bei den Männern vom Tiber als Delikatesse.«
»Und ich dachte, der Decurio hätte den Vogel am sumpfigen Rheinufer gefangen«, brummte ich. »Schade, dass wir keinen eigenen Sklaven mitgebracht haben. Wir hätten ihn vor der Tür schlafen lassen können.«
»Ich für meinen Teil besitze keinen Sklaven.«
Ich verbiss mir die Erwiderung, dass niemand Lucius geheißen hatte, zur Armee zu gehen, und begann, mein Bettgestell aus der zweiten Kammer in den Raum zu schleifen, den Lucius in Beschlag genommen hatte.
Zum Glück handelte es sich nicht um ein repräsentatives Bett mit drei Lehnen, sondern um ein niedriges, liegenartiges Möbel. Sonst hätte ich es weder wegzerren noch in der engen Kammer unterbringen können.
»Das Hauspersonal wird sich wundern«, bemerkte mein Bruder, der mich auf der Bettkante sitzend beobachtete und keine Anstalten machte, mir zu helfen.
Ohne seine lästerliche Bemerkung zu kommentieren, verrammelte ich nach vollbrachter Tat die Tür mit einer Truhe, was leider nicht ganz geräuschlos vonstatten ging. Trotz der kühlen Nachtluft geriet ich dabei ins Schwitzen. Mit dem Ärmel meiner Tunika wischte ich mir die feuchte Stirn ab. Dann sank ich erschöpft und noch immer vom Wein berauscht auf mein Bett.
»Eigentlich sollten wir heute Nacht abwechselnd Wache halten«, erklärte ich mit aller Entschlossenheit, die ich in meinem leicht angeschlagenen Zustand aufzubringen vermochte.
Mein Bruder war aber bereits eingenickt und reagierte nicht. Durch die Ritzen der Tür fiel das Licht einer Fackel. Im Gang hörte man Schritte, eine Tür fiel ins Schloss und Lucius fuhr aus seinem Schlummer hoch. Einen Moment lang starrte er mich mit einem Gesichtsausdruck an, als ob er mich noch niemals zuvor gesehen hätte.
»Langsam steckst du mich mit deinem Verfolgungswahn an«, bemerkte er dann belustigt. »Glaubst du wirklich, der Decurio hat vor, uns im Schlaf zu erschlagen? Schließlich hält er uns für Freunde des Legaten.« Er stockte. »Auch wenn der skeptische Blick des Türwächters zeigte, dass wir nicht so aussehen.«
»Wie sollen wir nur den Tod des Bankiers aufklären?«, sinnierte ich und starrte trübsinnig an die Decke. Je länger ich darüber nachdachte, desto aussichtsloser erschien mir unser Unterfangen. Ich zählte die Dinge auf, die mir Sorge bereiteten: »Wir sollen diskret vorgehen. Daher weiß unser Gastgeber nichts von unserem Auftrag. Trotzdem lässt er uns nicht frei in seinem Haus herumlaufen. Außerdem hat er sich nicht einmal anstandshalber nach dem Befinden des Lagerkommandanten erkundigt.«
»Weil du ständig über den Bankier geredet hast! Aber was soll’s! Hauptsache, ich bin endlich mal aus Mogontiacum herausgekommen!«, entgegnete Lucius, räkelte sich und gähnte dann herzhaft.
Leider hatte die Armee die Arbeitsmoral meines Bruders nicht gebessert, sondern er hatte sich nur noch ein paar neue Laster zugelegt.
»Wer übernimmt die erste Wache?«, fragte ich und bedauerte, keine Sanduhr zu haben, um die Schichten gerecht einteilen zu können.
»Niemand! Ich habe einen leichten Schlaf. Wenn die Tür gewaltsam geöffnet wird, wache ich sofort auf«, erwiderte Lucius und schaute mich kopfschüttelnd an. »Aber was machen wir dann?«